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Ich beschütze dich

Ich beschütze dich

Titel: Ich beschütze dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Hancock
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die Holzterrasse. Mark fing an herumzualbern, er legte den Arm um mich, um an die Chips zu kommen, obwohl das nicht nötig war, dann warf er mir einen Eiswürfel in den Ausschnitt. Wahrscheinlich hat er sich Chancen ausgerechnet, nachdem er gesehen hat, dass ich Seb geküsst habe. Aber ich wollte nie einen anderen küssen. Ich hatte mir geschworen, dass ich das nie tun würde, dass Seb der Einzige sein würde.
    Diese eine Stunde dehnte sich zu einer Ewigkeit. Mark erzählte blöde Witze, wollte mich anfassen und lachte, dass mir sein Speichel ins Gesicht sprühte, doch ich achtete mit allen Sinnen nur darauf, ob ich von Tamasa etwas sah oder hörte.
    »Wo bleiben sie nur?«, fragte ich Mark schließlich. »Das Floß ist nicht sicher. Ich muss es wissen. Ich habe es mitgebaut. Es hält sich mit Mühe und Not über Wasser. Das ganze Ding ist gefährlich.«
    »Vielleicht ist ein Ausflugsboot über sie gebrettert«, meinte Mark. »Und jetzt schwimmen ihre zerstückelten Leichen zwischen dem Treibgut.«
    Ich überhörte das und schickte ihn los, damit er mir noch etwas zu trinken holte.
    »Sind sie das?«, fragte Mark schließlich. Er beugte sich über das Terrassengeländer. Tatsächlich war da der schwache Lichtschein der Taschenlampe, die an Tamasa klemmte. Das Floß dümpelte näher. Es war nur ein Mensch darauf! Ich sah noch einmal hin. Ja. Nur Seb. Das Herz wurde mir leicht. Er hatte sich Jasmine vom Hals geschafft, hatte sie über Bord geworfen, sie auf der Isle of Dogs zurückgelassen. Irgendwas Schweres an sie gebunden und sie versenkt. Sie lag mit ihrem butterblondem Haar, das wie Seegras im Wasser schwankte, auf dem Grund der Themse. Ihre aufgedunsene Leiche würde in ein paar Tagen unten in Dartmouth, in Tilbury, bei den Autofabriken angeschwemmt werden. Grün und halb verwest.
    Das Floß kam näher, nur getragen von der Flut. Seb ruderte nicht, er lag auf dem Bauch.
    Ich lief direkt zum Ufer, um zu helfen. Sebs Rücksichtslosigkeit war sofort vergessen, als ich gesehen hatte, dass er allein war.
    Aber Jasmine lag weder auf dem Grund des Flusses, noch saß sie auf der Isle of Dogs fest. Sie hatte meinen Platz eingenommen, unter Seb, und die Arme um ihn geschlungen. Er schien nichts dagegen zu haben. Als sie immer näher trieben und der Anblick keinen Zweifel mehr zuließ, wurde meine ganze Welt schwarz.
    »Also, Alicia«, sagt Helen, »erzähl Sonia, was du gefunden hast.«
    Als Alicia zu mir hochsieht, fällt mir auf, dass sie genau wie Jasmine ungewöhnlich grüne Augen hat. Sie steckt eine Hand langsam in ihr Umhängetäschchen und kramt geraume Zeit darin herum, bevor sie etwas Winziges hervorzieht und es mir entgegenstreckt. Ich sehe es mir lange an, habe aber keine Ahnung, was das sein soll. Auf ihrer Handfläche liegt ein winziges, zusammengerolltes und leicht zerfleddertes Stückchen Pappe.
    »Was ist das?«
    »Rate!«, sagt Helen aufgeregt.
    »Ich fürchte, ich habe keinen Schimmer«, sage ich.
    »Erklär du es ihr, Alicia. Du hast es gefunden.«
    Alicia zuckt mit den Schultern und sieht Helen an. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
    Helen übernimmt, sie genießt die Gelegenheit, eine Geschichte zu erzählen.
    »Sie hat auf dem Fußweg in der Nähe von deinem Haus einen Jointstummel gefunden, und der Tip – das Stückchen Pappe auf ihrer Hand – ist von einer Eintrittskarte. Von einem Konzert, das die beiden vorige Woche besucht haben. Wie hieß die Band noch mal, Alicia? Egal, ich schweife ab, tut mir leid. Jedenfalls ist sie sicher, dass er Jez gehört hat. Sie haben den Joint an dem Abend gedreht, bevor er verschwunden ist, und weil ich nach Hause gekommen bin, haben sie ihn nicht geraucht. Als wüsste ich nicht, dass sie alle kiffen. Sie meint, Jez müsste ihn an diesem Freitagnachmittag auf dem Fußweg geraucht haben. Und sie glaubt, dass er in der Nähe ist und irgendwo festgehalten wird. Jemand muss ihn an diesem Tag auf dem Weg zum Fußgängertunnel entführt haben, an dem Tag, an dem er ihre Verabredung nicht eingehalten hat. Ich habe ihr erzählt, dass er sich bei dir eine Platte ausleihen wollte und deshalb den Weg am Fluss genommen hätte. Sie will wissen, ob du ihn gesehen hast.«
    Die ganze Welt gerät ins Stocken, als wollte sie stehen bleiben. Meine Worte klingen wie eine alte Vinylsingle auf LP -Geschwindigkeit.
    »Woher weißt du, dass das Ding ihm gehört?«
    »Weil es von der Eintrittskarte ist. Wir waren zusammen auf dem Konzert und so und haben aus den Karten Tips

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