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Ich beschütze dich

Ich beschütze dich

Titel: Ich beschütze dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Hancock
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die Bank und schenke ihr ein Glas Wein ein.
    »Wir müssen leise sein, Helen«, sage ich. »Die Nachbarn und so.«
    Sie hinterfragt das nicht, sondern stützt einfach den Kopf in die Hand, stöhnt und fängt, zuerst leise, an zu erzählen.
    »Als du weg warst, habe ich im Pub gründlich nachgedacht. Ich habe beschlossen, mit meiner Schwester zu sprechen. Mick redet auf keinen Fall darüber.«
    Sie kippt die Hälfte des Weins herunter, den ich ihr eingeschenkt habe.
    »Gegen halb elf komme ich nach Hause. Alles ist ruhig. Ich gehe nach oben, um zu sehen, ob Maria im Bett ist. Ich mache die Tür auf – und da sind sie beide. Auf dem Bett. Ihr Sohn wird vermisst. Und sie sitzt mit meinem Mann auf Jez’ Bett. Gib mir noch was zu trinken, Sonia. Mein Gott, das brauche ich jetzt.«
    »Was war mit diesem Verbindungsbeamten?«
    »Hm?« Sie blickt auf und fährt sich wütend mit einer Faust über die Wange, um ihre Tränen wegzuwischen.
    »Du hast erzählt, er wäre eine Hilfe. Er hätte dir gesagt, Micks Verhalten wäre unter diesen Umständen typisch. Du solltest dir das nicht so zu Herzen nehmen.«
    »Ah. Ja. Wo er war, als ich ihn gebraucht habe? Im Clarendon Hotel und hat geschlafen. Also sage ich, weil ich ein bisschen betrunken bin, du weißt ja, dass man dann Sachen sagt, die man nicht so meint, ich sage: ›Das war’s. Ich bin weg.‹ Und Mick sagt, und er ist nur halb angezogen, Sonia, er sitzt in seiner Calvin-Klein-Shorts mit Schottenmuster, die ich ihm letzte Weihnachten geschenkt habe, auf Jez’ Bett, mit meiner Schwester im Arm, und sagt: ›Von mir aus, ich bin dein Trinken nämlich echt leid.‹ Ich meine, ich würde gar nicht trinken, wenn er sich in letzter Zeit nicht so benommen hätte. Aber er sagt: ›Die meiste Zeit würdest du es doch gar nicht mitkriegen, wenn die Jungs nicht nach Hause kommen. Es ist kein Wunder, dass Jez vor deinen Augen verschwunden ist.‹ Wie kann er so was sagen? Er hat richtig getobt. Es war schrecklich, Sonia. Er hat mich so schlechtgemacht.«
    »Schscht, Helen. Du bist aufgebracht. Aber du darfst nicht hysterisch werden.«
    Jez könnte sie hören, er könnte rufen. Mir ist übel, und ich erinnere mich, dass ich letzte Nacht kaum geschlafen habe und meine Nerven blank liegen.
    »Ich bin kurz davor«, jammert sie. »Ich könnte heulen! Was soll ich nur machen? Wohin soll ich gehen? Er ist so, so …«
    »Hier.« Ich schenke ihr Wein nach, damit sie leiser wird.
    »Schwächlich. Wie kann er so schwach sein, Sonia? Er tritt nicht für mich ein. Ich bin seine Frau, verdammt noch mal! Er glaubt, weil die Polizei mich befragt hat, könnte ich tatsächlich schuldig sein. Und Maria wäre die Einzige, die Mitgefühl verdient.« Sie kratzt sich über die verschmierten Wangen. »Oder war er schon immer scharf auf sie? Man sagt ja, dass nur schlechte Beziehungen unter Druck kaputtgehen. Also wäre das vielleicht sowieso passiert, und ich war nur so blöd und habe es nicht gemerkt!«
    Sie lässt sich gegen die Lehne der Bank sacken. Der Wein ist nach ein paar großen Schlucken ausgetrunken.
    »Ich bin völlig am Ende. Meine Kinder haben die Schule geschmissen, mein Mann ist mir untreu, mein Neffe wird vermisst und ist vielleicht tot. Und alle glauben, es wäre meine Schuld!«
    »Das stimmt nicht, Helen. Das können sie nicht glauben. Nicht Mick. Nicht deine Schwester.«
    »Doch, es stimmt. Das sehe ich in ihren Augen. Ich kann ihnen nicht sagen, wo ich an diesem Vormittag war, Sonia, das ist zu peinlich. Aber es hat nichts mit Jez zu tun. Du glaubst mir doch, oder? Das klingt verrückt, ich weiß. Sollen sie doch lieber glauben, dass ich getrunken habe, als dass ich etwas Schlimmeres verberge. Vielleicht mache ich reinen Tisch. Was meinst du? War ich zu stolz?«
    Sie stockt und lehnt sich zurück, den Blick auf etwas unter dem Tisch gerichtet. Sie bückt sich und zeigt darauf. Ich folge ihrem Blick. Auf dem Boden liegt mit der Vorderseite nach oben Jez’ Button von Tim Buckley, mit demselben Albumcover von »Works in Progress«, das Alicia heute auf ihrem T-Shirt getragen hat. Er muss von Jez’ Kapuzenshirt abgefallen sein, als ich ihm heute Nachmittag die Ärmel aufgekrempelt habe. Helen fällt die Kinnlade herunter. Sie sieht mich an. Ich starre zurück wie versteinert, ich kann nichts sagen und nichts tun.
    »Was zum …«, sagt sie und blickt von mir zu dem Anstecker. »Das Bild, das hatte Alicia heute auf ihrem T-Shirt. Das hat sie mit Jez aus dem Internet runtergeladen.«
    Mein

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