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Ich beschütze dich

Ich beschütze dich

Titel: Ich beschütze dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Hancock
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gemacht«, kiekst Alicia. Ihre Stimme zittert, als sie weiterredet. »Jez wäre nie allein ohne seine Gitarre abgehauen. Dafür kenne ich ihn zu gut. Er erzählt mir alles.«
    Jez erzählt ihr alles? Dass er bei mir wohnen wollte, hat er ihr nicht erzählt, oder? Schnüffelt auf dem Fußweg herum, erzählt der Polizei, wie Jez sich verhalten hätte, er hätte seine Gitarre mitgenommen, er wäre nicht weggegangen, ohne es mir zu sagen. Sie glaubt, sie würde ihn besser kennen als alle anderen, aber sie kennt ihn nicht so wie ich.
    »Die Polizei wird die Theorie ernst nehmen, Sonia. Wir haben ihr noch nichts erzählt, weil wir erst mehr Beweise besorgen wollten. Dass er vielleicht auf dem Weg zu dir entführt wurde. Ich glaube fast, Alicia hat ihre Berufung gefunden – zukünftige Polizeichefin von Südlondon!«
    Vielleicht kommt es von dem Whisky um diese Uhrzeit, aber plötzlich verspüre ich den albernen Drang zu kichern. Vor meinem inneren Auge ist eine Figur von Enid Blyton aufgetaucht, ein Bösewicht, der die jugendlichen Möchtegern-Detektive als »diese kleinen Schnüffler« bezeichnet hat. Ich würde Alicia gern sagen, dass sie sich um ihre eigenen Sachen kümmern soll, dass sie nicht mehr ist als eine kleine Schnüfflerin.
    »Wir haben gedacht, du könntest uns vielleicht helfen«, erzählt Helen weiter. »Du wohnst am Fluss. Wir wollten fragen, ob du Jez eventuell gesehen hast, ohne ihn zu erkennen. Er muss an diesem Freitag in der Nähe von deinem Haus gewesen sein. Versuch dich zu erinnern. Hast du einen Teenager gesehen? Das ist ziemlich dringend, Sonia. Je länger jemand vermisst wird, desto unwahrscheinlicher ist es, ihn lebend wiederzufinden. Jez könnte in großer Gefahr sein.« Helens Unterlippe bebt.
    Wieder blicke ich auf den Fluss. Jasmine und Seb treiben auf mich zu, und als sie das Ufer erreichen, fällt ein Sonnenstrahl auf sie, als hätte er sich mit ihnen verschworen und wollte noch Salz in die Wunde streuen.
    »Sonia?«
    »Ja«, antworte ich. »Das hat mich die Polizei auch schon gefragt. Nach dem Album, das er abholen wollte. Ich habe ihnen gesagt, das ist er nicht.«
    »Was ist er nicht?«
    »Er ist nicht vorbeigekommen. Ich habe ihn nicht gesehen. Das haben sie mich auch gefragt. Aber ich habe gesagt Nein. Ich habe niemanden gesehen.«
    Ich mustere die beiden. Sie sehen angespannt aus. Blass und versteinert. Und nachdem ich ihre Frage beantwortet habe, auch niedergeschlagen.
    »Es tut mir leid«, sage ich. »Ich kann euch nicht helfen.«
    Ich sehe Helen an, dass sie auch nicht geschlafen hat. Sie sieht schrecklich aus.
    »Wie läuft es mit Mick?«, frage ich schließlich.
    »Ja, da gibt es …«, sie senkt die Stimme, »neue Entwicklungen. Du weißt schon, die Sachen, von denen ich dir erzählt habe. Dass er sich den Bauch tätschelt und so. Die Udonnudeln.«
    Dabei steckt sich Alicia den Finger in den Mund, wie Helen es schon erzählt hat, und würgt laut. Ich werfe ihr einen eisigen Blick zu, bevor ich mich wieder Helen zuwende. Alicia zuckt mit den Schultern und steht auf.
    »Ich wollte eh gerade gehen«, sagt sie. Sie nimmt ihr Schultertäschchen, lässt es über den Boden schleifen, dreht sich kurz um und winkt Helen knapp zu. Dann geht sie, ohne sich bei mir für das Getränk zu bedanken oder sich auch nur zu verabschieden.
    Seufzend wende ich mich Helen zu. »Bei unserem letzten Treffen klang das alles ziemlich …«
    »Es ist schrecklich«, sagt sie, nachdem Alicia gegangen ist. »Es ist so schlimm, dass ich nicht mal arbeiten gehe. Ich bin stressbedingt zwei Wochen krankgeschrieben. Der Verbindungsmensch meinte, ich sollte darum bitten.«
    »Welcher Verbindungsmensch?«
    »Ach. Sie haben uns einen Verbindungsbeamten geschickt, der bei uns ist, solange die Sache dauert. Er beobachtet die Familiendynamik. Ich habe ihm ein bisschen davon erzählt, sonst hätte er es wohl nicht bemerkt. Mit irgendwem musste ich reden. Er meint, es wäre typisch, dass Leute wie Mick so reagieren und den Retter für denjenigen spielen wollen, der dem Opfer am nächsten steht. Er hat mir geraten, ich sollte Mick einfach machen lassen. Aber es ist trotzdem scheußlich, Sonia. Zu sehen, wie Mick meiner Schwester fast schon hörig ist.«
    »Hast du mal mit ihr geredet?«
    »Ich habe es versucht. Aber sie hat mich immer noch auf dem Kieker, weil ich nicht richtig auf ihren Sohn aufgepasst habe.«
    »Das ist ganz schön hart für dich«, sage ich. »Aber dieser Verbindungsmensch hört sich klug an. Halt

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