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Ich bin alt und brauche das Geld

Ich bin alt und brauche das Geld

Titel: Ich bin alt und brauche das Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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um, doch dann ließ sie sich achselzuckend aufs Sofa sinken und kramte einen Kosmetikbeutel aus ihrer Handtasche.
    Jennifer war aufgestanden. »Ich will mich gar nicht länger hier aufhalten, sonst wird es nur noch schwerer für mich.« Sie ging in die Hocke und breitete die Arme aus. »Ihr Süßen, kommt her, gebt mir einen Kuss zum Abschied.«
    Bereitwillig liefen die Kinder zu ihr.
    »Ich hab euch lieb, ihr Schätze.« Sie drückte und herzte die beiden. »Ihr mich auch?«
    »Ganz doll«, versicherte Paulinchen. »Bringst du mir was mit? Ich will ein Barbiepferd.«
    »Ich will ein echtes Pferd«, sagte Mäxchen.
    »Du Blödi, das passt überhaupt nicht in den Koffer«, wies Paulinchen ihn zurecht.
    Jennifer richtete sich auf. Es sah ganz danach aus, als wollte sie wirklich Ernst machen.
    Mir brach vor Schreck der Schweiß aus. »Aber ich kann wirklich unmöglich … Es ist völlig ausgeschlossen, dass ich …«
    »Du bist gelernte Erzieherin, wer sollte es besser können als du?« Jennifer blickte mich fest an. »Du musst es natürlich nicht umsonst tun, Charlotte. Ich werde dich angemessen dafür bezahlen, das ist das Mindeste, was du erwarten kannst. Ich dachte an eine Art Aufwandsentschädigung, und zwar in Höhe von tausend Euro. Ich denke, dass das eine akzeptable Summe ist, zumal du ja gerade keinen Job hast und in deinem Alter vielleicht auch so schnell keinen mehr bekommst.«
    Ich bezwang den Anflug von Ärger, der mich bei ihren Worten erfasste. »Na schön, ich bin alt und brauche das Geld, unterstellen wir das mal. Aber das würde meine Verantwortung ja sogar noch erhöhen! Das ist mir einfach zu riskant. Bei so kleinen Kindern kann jederzeit irgendwas passieren. Ich könnte dir zum Beispiel eine Geschichte über ein Kind erzählen, das einem anderen Kind mit einer Flasche Bastelkleber …« Doch ich kam nicht dazu, den Satz zu beenden. Jennifer schob entschlossen ihre Sprösslinge in meine Richtung. »Sie sind total pflegeleicht, alle beide. Außerdem bist du so was Ähnliches wie ihre Großmutter, schließlich hättest du beinahe mal meinen Vater geheiratet. Da ist ja wohl eine Woche Kinderhüten nicht zu viel verlangt.«
    »Nein, ich kann das nicht«, sagte ich entsetzt, doch Jennifer hatte sich bereits abgewandt. »Seid brav, Kinder!« Sie winkte über die Schulter zurück. »Ärgert eure neue Omi nicht!«
    Und dann fiel mit einem erschreckend endgültigen Geräusch die Tür hinter ihr zu.
    Blicklos starrte ich ins Leere. Hatte sie gerade eine Woche gesagt? War nicht zuerst von ein, zwei Tagen die Rede gewesen? Ich überwand das Gefühl der Lähmung, das mich erfasst hatte, und rannte ihr hinterher. Hastig riss ich die Tür auf. »Eine Woche? «, schrie ich ins Treppenhaus, doch dem Geräusch der Schritte nach war Jennifer schon fast unten. Angesichts der Mühsal, mit der sie sich nach oben geschleppt hatte, legte sie abwärts eine beeindruckende Geschwindigkeit an den Tag. »Wie erreiche ich dich denn, wenn irgendwas ist?«, schrie ich noch lauter, doch es kam keine Antwort mehr.
    »Ich hab die Handynummer«, rief Olga aus dem Wohnzimmer.
    »Wann gibt es Abendbrot?«, fragte Paulinchen. »Ich hab Hunger.«
    »Ich muss Kacki«, sagte Mäxchen.
    Paulinchen schnüffelte. »Du hast schon gemacht.«
    »Ist gar nicht wahr.«
    »Du stinkst aber.«
    »Gar nicht wahr!«, schrie Mäxchen.
    »Hat er eine Pampers an?«, fragte ich Olga.
    Die schüttelte summend den Kopf. Sie hatte sich vorgebeugt und lackierte auf dem Couchtisch ihre Nägel.
    »In der blauen Tasche sind Feuchttücher und saubere Klamotten«, sagte sie ohne aufzublicken, womit sie wohl zum Ausdruck bringen wollte, dass sie selbst gerade nicht verfügbar war. Wie auch, mit frisch lackierten Nägeln. Das Entsetzen, das mich bei Jennifers Aufbruch überkommen hatte, verstärkte sich. Was, um alles in der Welt, passierte hier gerade?
    »Maxi hat Kacki in der Hose«, sagte Paulinchen.
    Ich ahnte, dass das erst der Anfang war.

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