Ich bin alt und brauche das Geld
frühstücken zu gehen. Die Sonne tauchte die Straße in ein einladendes Licht, alles sah sehr idyllisch aus. Ich atmete tief ein und genoss den zaghaften Anflug hoffnungsvoller Zufriedenheit, der mich bei diesem Anblick überkam. Das Leben ging weiter. Es konnte nur besser werden. Ich allein hatte es in der Hand, was ich damit anfing. Neuer Stadtteil, neue Wohnung, neue Menschen. Gut, auch ein paar neue Verpflichtungen in Gestalt unberechenbarer kleiner Kinder, doch das war ja nur für ein paar Tage. Ich würde einfach das Beste daraus machen und dafür sorgen, dass sie es solange gut bei mir hatten.
»Wo ist die Überhassung?«, fragte Mäxchen ungefähr zum hundertsten Mal. Er leierte es immer wieder vor sich hin, es klang eher wie ein Mantra als eine Frage. »Wo ist die Überhassung? Wo ist die Überhassung?«
»Findet Adrian dich heiß?«, fragte Paulinchen, als ihr Bruder einmal Luft holen musste.
Ich zuckte zusammen. »Wie kommst du denn darauf? «
»Weil er auf deinen Popo geguckt hat.«
Unwillkürlich blickte ich über die Schulter nach hinten und an mir runter, aber mir hing weder die Bluse raus, noch hatte ich Flecken auf der Jeans.
Paulinchen fuhr unbeirrt fort: »Olga hat gesagt, Männer gucken immer auf den Popo, wenn sie eine Frau heiß finden.«
»Du musst nicht immer alles glauben, was Olga dir erzählt.«
»Aber die Männer gucken immer auf Olgas Popo, weil sie sie heiß finden, das hat Olga gesagt. Eigentlich hat sie …« – Paulinchen senkte die Stimme – »… Arsch gesagt. Aber das ist ein böses Wort, wir dürfen nur Popo sagen. Adrian hat auf deinen Popo geguckt.« Sie dachte kurz nach. »Ich glaube, wenn Männer eine Frau heiß finden, soll die Frau sich ihre Sachen ausziehen. Aber warum?« Diese Frage schien sie zu beschäftigen. »Weil sie sonst so schwitzt, wenn sie zu heiß ist, oder?«
Ich räusperte mich. »Jetzt sind wir gleich da.«
Das war Mäxchens Stichwort. »Wo ist die Überhassung? Wo ist die Überhassung?«
»Das wirst du dann schon sehen.«
Tatsächlich war es nur noch ein Katzensprung bis zu der Stelle, an der sich die angekündigte Überraschung befand – der Günthersburgpark, eine grüne Oase mitten in der Stadt, mit weiten Rasenflächen, herrlichem altem Baumbestand und einer besonderen Attraktion, die ich als Überraschung auserkoren hatte: ein Wasserspielplatz. Bestückt mit riesigen, bizarr geformten Wasserspeiern, einer Rutsche und einer großen Fläche zum Planschen und Herumtollen, war er an heißen Sommertagen wie diesem das reinste Kinderparadies. Das Wasser sprühte in weiten Bögen und überspülte die weichen Spielfliesen des kreisrunden Platzes, auf dem sich auch jetzt schon mehrere kleine Kinder tummelten. Ringsum hatten es sich die Eltern bequem gemacht und genossen den warmen Sonntagvormittag.
Paula und Max waren kaum zu bremsen vor Begeisterung, sie wollten sofort auf die Rutsche. Ich zog Max bis auf die Unterhose aus; Paula befreite sich selbst von ihren Sachen. Jauchzend stürzten die zwei sich ins Vergnügen, während ich mich auf einem Steinblock am Rand des Platzes niederließ und ihnen zusah. Es machte Spaß, die Kinder beim Spielen zu beobachten, sie lachen und quietschen zu hören und dabei die familiäre Atmosphäre der Umgebung zu genießen.
Nach einer halben Stunde erklärte ich den Spaß für beendet und holte das mitgebrachte Handtuch aus der Tasche. Mäxchen weigerte sich standhaft, sich wieder anziehen zu lassen, aber seine Lippen wurden bereits blau und die Milchzähne schlugen klappernd aufeinander. Mit der Aussicht auf ein Eis brachte ich ihn dazu, seinen Protest nicht allzu lautstark zu äußern, während ich ihn trocken rubbelte und ihm seine Sachen überzog. Danach gingen wir zum nächstgelegenen Café, wo ich den Kindern das versprochene Eis kaufte und dann gemächlich mit ihnen nach Hause spazierte.
Mäxchen war ein bisschen müde, weshalb ich ihn das letzte Stück des Heimwegs tragen musste, doch das machte mir nichts aus.
»Das war schön«, sagte Paulinchen unterwegs.
»Ja, sssön«, echote Mäxchen schläfrig, das Köpfchen an meine Schulter gebettet.
Zu meinem Erstaunen war ich mit den beiden ganz einer Meinung.
*
Als wir das Haus betraten, begegneten wir im Treppenhaus einer unternehmungslustigen Rasselbande in Gestalt der Ansari-Kinder. Drei von ihnen kamen gerade lärmend die Treppe heruntergepoltert, zwei Jungs und ein kleines Mädchen. Die Jungs waren ungefähr sechs, und mit ihren dunklen Locken und
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