Ich bin an deiner Seite

die Dinosaurier schicken.«
    »Er bekommt sie in einer Woche oder so, Schatz. Es spielt keine Rolle, ob wir sie jetzt oder in ein paar Stunden abschicken.«
    »Woher willst du das wissen? Vielleicht startet gerade ein Postflugzeug nach Indien.«
    Er goss sich noch Tee ein. »Bald, meine springende Ru. Ganz bald.«
    »Beeil dich.«
    Nachdem er von seinem Tee getrunken hatte, öffnete er ein Lotusblatt und enthüllte dampfenden Blumenkohl. »Du hast deine Mutter jedenfalls stolz gemacht.«
    »Wie meinst du das?«
    »Na ja, sie hat dich gebeten, jemandem zu helfen. Und das hast du getan.«
    Mattie nickte und ihr wurde bewusst, dass sie ihre Dosen für Hongkong noch nicht geöffnet hatten. »Papa?«
    »Ja, Schatz?«
    »Sollen wir nachsehen, was Mami sich hier von uns wünscht?«
    Er blickte auf seine Tasche, in der sich die Dosen befanden. »Was meinst du? Wir könnten sie jetzt aufmachen. Oder bis heute Abend warten.«
    »Lass sie uns jetzt öffnen. Während wir auf die Teigtaschen und deine Aalaugen warten.«
    Obwohl Ian nicht sicher war, ob er die Briefe jetzt aufmachen wollte, wo Mattie gerade so glücklich war, nickte er. »Möchtest du deinen zuerst lesen?«
    »Ich denke ja.«
    Er öffnete die Tasche und gab ihr die richtige Dose. Mattie schob ihren Teller zur Seite und öffnete die Dose, rollte vorsichtig das kleine Papier auseinander. Die vertraute Schrift ihrer Mutter ließ ihr Herz einen Schlag aussetzen.
    Mattie,
    wie hat Dir Indien gefallen, mein geliebtes Mädchen? Wie hast Du Dich gefühlt, als Du das Tadsch Mahal sahst? Warst Du ergriffen? Hat Dich der Anblick an die Liebe denken lassen? An Magie? Ich bin sicher, dass die Künstlerin in Dir inspiriert war. Vielleicht hast Du Dich hingesetzt und gemalt. Vielleicht hast Du in diesem Moment verstanden, wozu Künstler fähig sind. Dass Kunst eine der schönsten und nachhaltigsten Errungenschaften der Menschheit ist. Verstecke niemals Dein Talent, Mattie. Dafür braucht es Mut, ich weiß, Dinge zu teilen, sich selbst der Welt zu öffnen. Aber was wirklich zählt, ist, dass Du das liebst, was Du tust. Wenn Deine Kunst Dir Freude macht, dann solltest Du Deine Farben und Stifte immer benutzen.
    Erinnerst Du Dich noch an den Sommer, als ich versuchte, Dich dazu zu bringen, von dem Sprungbrett zu springen? Du hattest gerade schwimmen gelernt und standst am Rand des Bretts, sahst hinunter in das tiefe Wasser und hattest solche Angst. Immer wieder bist Du zum Rand des Bretts gegangen, hast ins Wasser gestarrt und beschlossen, nicht in meine Arme zu springen. Ein paar Kinder hinter Dir lachten, und ich weiß, dass Du dieses Lachen gehört hast, aber Du hast nie aufgehört, zum Ende des Bretts zu gehen. Und ich war so stolz auf Dich, jedes Mal, wenn Du diese Reise gemacht hast, weil ich wusste, dass der Anfang dieser Reise fast genauso unheimlich ist wie das Ende.
    Weißt Du noch, wie wir an jenem Abend, ganz am Ende des Sommers, auf das Brett gegangen sind und über den Sprung gesprochen haben? Alle anderen waren weg, nur Du und ich waren noch da. Und Du hast die Reise noch mal gemacht und bist gesprungen. Du bist durch die Luft geflogen. Und mit einem Platschen gelandet. Und Du hast angefangen zu lachen. Du hast gelacht und gelacht und gelacht. Und Du bist an jenem Abend noch so oft gesprungen. Mindestens fünfzig Mal. Der Bademeister wäre eigentlich gerne nach Hause gegangen, aber er hatte uns vorher an dem Sprungbrett gesehen, hatte gesehen, dass Du springen wolltest. Und er ließ uns lange bleiben. Wir haben gezittert und sahen aus wie verschrumpelte Rosinen, aber wir sprangen und lachten und bespritzen uns weiter gegenseitig.
    Das war einer der schönsten Abende meines Lebens, Mattie. Ich habe gesehen, wie Du an etwas gearbeitet hast, etwas, das ein anderes Kind vielleicht einfach gefunden hätte, das für Dich aber schwer war. Du hast gekämpft, und Du hast ihr Lachen gehört, und ich weiß, wie schwer diese Schritte Dir gefallen sind. Aber schließlich bist Du gesprungen, und Du hast nie aufgehört zu springen. Und ich will, dass Du niemals am Rand des Bretts stehst, ins tiefe Wasser blickst und nicht springst.
    Wenn Du jemals wieder an einen solchen Punkt kommst, denk an unseren Abend im Schwimmbad. Denk daran, wie viel Spaß es gemacht hat, in das Wasser zu springen und sich gegenseitig nass zu spritzen, bis es dunkel wurde. Hab keine Angst zu springen, Mattie.
    Ich liebe Dich so sehr. Du bist das Licht meines Lebens, und Du wirst immer dieses Licht sein,