Ich bin an deiner Seite

ganz egal, auf wen Du scheinst. Du wirst Dinge wachsen und blühen lassen. Du wirst die Welt zu einem schöneren Ort machen.
    Ich liebe Dich, wie Shah Jahan Arjumand geliebt hat. Und ich habe einen Ort für Dich gebaut, einen Ort wie das Tadsch Mahal, in meinem Herzen.
    Mami
    Mattie las den Brief ihrer Mutter zweimal. Um sie herum kamen und gingen Gäste; Gerichte wurden gegessen oder wurden in kleinen Schüsseln kalt. Wolken lösten sich auf und enthüllten einen blauen Himmel, der die Wolkenkratzer noch heller strahlen ließ.
    Nachdem sie das Blatt Papier wieder zusammengerollt hatte, steckte Mattie es zurück in die Dose und sah ihren Vater an. »Mami möchte, dass ich … keine Angst habe.«
    »Was hat sie gesagt, Ru?«
    Mattie beobachtete ein Sampan, das in tieferes Wasser fuhr. »Sie hat mir die Geschichte erzählt, wie sie mir damals beigebracht hat, vom Sprungbrett zu springen. Ich hatte solche Angst. Aber irgendwann bin ich gesprungen. Irgendwann. Und sie will nicht, dass ich aufhöre zu springen.«
    Ian nahm ihre Hand. »Das will ich auch nicht, Schatz.«
    »Lies deinen Brief, Papa. Sieh nach, was sie dir sagt.«
    Er öffnete seine Dose, war gleichzeitig begierig darauf und fürchtete sich davor zu sehen, was Kate geschrieben hatte. Er wollte sehen, wo und wie ihr Stift das Papier berührt hatte. Aber er hatte Angst, verletzt zu werden oder einen Brief von ihr weniger zu lesen zu haben.
    Ian,
    ich bin so müde heute. Ich fühle mich wie ein altes Brett, auf dem schon Millionen Füße gelaufen sind. Ich bin ausgelaugt und erschöpft, und ich weiß, dass ich nicht mehr lange durchhalten werde.
    Du bist gerade nach Hause gegangen, hast Mattie getragen, die in Deinen Armen eingeschlafen ist. Du bist so ein wunderbarer Vater. Verkauf Dich in dieser Hinsicht niemals unter Wert. Du warst nicht immer da, ich weiß. Aber Du hast das getan, was das Beste für unsere Familie war. Und Du hattest Erfolg. Und Mattie liebt Dich genauso sehr wie mich. Das glaubst Du vielleicht nicht, und sie zeigt es Dir vielleicht nicht immer, aber es ist so.
    Ich mache mir Sorgen um Dich, mein Liebster. Und ich möchte, dass Du etwas für mich tust – etwas, das vielleicht nicht einfach sein wird. Ich weiß nicht, ob Du Dich noch an die Einzelheiten erinnerst, aber meine Freundin Georgia und ihr kleines Mädchen, Holly, leben jetzt in Hongkong, wo Georgia für eine Bank arbeitet. Erinnerst Du Dich noch, wie viel Spaß wir mit den beiden an unseren gemeinsamen Wochenenden hatten? Holly und Mattie haben sich so gut verstanden, und Georgia wurde von meiner besten Freundin zu unserer Freundin. Du hast das Zusammensein mit ihr genauso genossen wie ich.
    Ich werde niemals verstehen, warum Frank sie betrogen hat. Er hat einen Teil von ihr zerstört, aber sie war stark. Sie ist nach Hongkong gezogen und hat Holly mitgenommen. Sie lebt schon seit zwei Jahren dort.
    Während der vergangenen Monate hatte ich mehrmals pro Woche per Mail Kontakt zu ihr. Sie ist eine wunderbare Freundin. Ein guter Kumpel, wie Du es nennen würdest. Sie möchte mich gerne besuchen, aber aus einem Grund, den ich nicht erklären kann, will ich nicht, dass sie mich so sieht, wie ich jetzt bin.
    Jedenfalls bitte ich Dich, als Deine Geliebte und Deine beste Freundin, Georgia und Holly zu besuchen, bevor ihr Hongkong verlasst. Ich möchte, dass Du mit einer anderen Frau zusammen lächelst, Ian. Ich weiß, dass Du so etwas vermeidest, dass Du davor wegläufst. Aber Georgia und ich sind zusammen aufgewachsen. Sie hat mich zum Lachen gebracht. Und ich weiß, dass sie Dich auch zum Lachen bringen kann. Und es ist nichts falsch daran zu lachen, mein Geliebter. Es ist kein Zeichen für Verrat, von Aufgabe. Es macht uns alle stärker. Es bedeutet, dass wir das Leben gewählt haben und nicht den Tod.
    Ich habe versucht, diese Gedanken in einem Gedicht auszudrücken. Hier ist es:
    Morgen
    Gestern fühlte ich Deine Berührung,
ich hörte Deine Freude,
ich sah, wie Du mich ansahst.
Gestern war mein Traum real.
Der Traum von Dir,
davon, wie aus Dir und mir wir wurde.
    Gestern dachte ich nie an morgen.
Nur an den Moment,
an das Verschmelzen unserer Gedanken,
unserer Schatten,
unserer Liebe.
    Heute ist da.
Eine neue, dunklere Dämmerung.
Eine Grenze, die ich nicht überqueren wollte.
    Heute ist Schmerz, ist Leiden.
Viele von meinen Träumen sind fort.
Zerstört.
Aber viele Träume bleiben.
Wie Tulpen unter dem Frühjahrsschnee.
    Heute habe ich Hoffnung.
Für Dich.
Für