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Ich bin an deiner Seite

Ich bin an deiner Seite

Titel: Ich bin an deiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Shors
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darin lagen Ballen mit bunter Seide. Kopflose Schaufensterpuppen zeigten eine Reihe von traditionellen und modernen Kleidern.
    Die Frauen, die wie Zwillinge aussahen, blieben in der Mitte des Raumes stehen. »Sie möchten vietnamesisches oder westliches Kleid?«, fragte eine Schneiderin in gebrochenem Englisch. Ihre Augen waren so dunkel wie die Decke und der große Leberfleck neben ihrer Nase.
    »Warte, Schwester, warte«, sagte die andere Frau und blickte sie böse an. »Zuerst wir heißen Sie willkommen in unserem Laden. Sie etwas möchten trinken? Etwas essen?«
    Holly sah Mattie an. »Möchtest du etwas?«
    »Nein, danke.«
    »Bist du sicher?«, fragte Holly. »Sie bringen uns gerne etwas.«
    Mattie blickte die Frauen an, und die nickten bestätigend. »Vielleicht etwas zu trinken?«
    Die Schwester ohne Leberfleck lächelte. »Eine Coca-Cola? Eine Fanta?«
    »Eine Coke, bitte.«
    Die Frau blickte Holly, Georgia und dann Ian an. Alle bestellten etwas zu trinken, und die Schneiderin lief hinaus auf die Straße. Die andere Besitzerin entzündete ein Räucherstäbchen und griff nach einem Maßband. »Meine Schwester, Kim, sie bald zurück. Mein Name Binh. Niemand gekommen in unseren Laden heute, also Sie sind erste Kunden, das bedeutet Sie glückliche Kunden, und wir machen Ihnen guten Preis.«
    Georgia sah Hollys Blick und nickte, während sie sich auf eine Steinbank setzte. Ian nahm neben ihr Platz. Sein Magen krampfte sich zusammen und machte ihm bewusst, dass er seine Tabletten seit ihrer Ankunft in Vietnam noch nicht genommen hatte.
    »Was meinst du«, erkundigte sich Holly bei Mattie, »ein vietnamesisches oder ein westliches Kleid?«
    Mattie betrachtete die Schaufensterpuppen. Sie ging zu einem traditionellen vietnamesischen Kleid, das fast knöchellang war und über einer weißen Seidenhose getragen wurde. Das Kleid war blau, mit Knöpfen, die vom Hals bis unter eine Achsel verliefen. Der obere Teil des Kleides bestand aus verschiedenen verschwommenen Farben, wie ein Garten, den man durch eine regennasse Scheibe betrachtete. Mattie glaubte, Rosen, Tulpen und Hunderte anderer Blumen zu sehen. Ihr gefiel die Vorstellung, ein wandelnder Garten zu sein, und sie berührte den weichen Stoff. »Ich finde dieses hier toll«, sagte sie. »Ist es teuer?«
    »Nein«, erwiderte Binh. »Für Sie nur fünfzehn Dollar.«
    Holly schüttelte den Kopf. »Aber wir sind Ihre ersten Kunden, Kunden, die Ihnen besonderes Glück bringen. Ich glaube, für uns sind acht Dollar ein besserer Preis. Ein viel besserer Preis. Bei dem Preis werden Sie noch mehr Glück haben. So viel Glück, dass Sie Kleider umsonst nähen werden.«
    »Acht Dollar!«, wiederholte Binh und tat so, als wäre sie schockiert. »Zwölf Dollar für Sie. Das mein bester Preis. Sicher, sicher.«
    »Nein, nein, nein. Neun Dollar. Das ist mein bester Preis. Sicher, sicher.«
    »Zehn.«
    »Neun.«
    Während Holly mit der Schneiderin feilschte, sah Mattie einen Jungenanzug und dachte an Rupi. »Papa, können wir etwas für Rupi kaufen?«, fragte sie. »Etwas Besonderes?«
    Ian folgte ihrem Blick zu dem Anzug und fragte sich, wie die anderen Waisen auf solche Sachen reagieren würden und warum er noch nichts von dem Direktor des Waisenhauses gehört hatte, dem er vor drei Tagen eine Mail geschrieben hatte. »Ich weiß nicht, Schatz«, sagte er schließlich, »ob die anderen Kinder im Waisenhaus Rupi gerne in einem Anzug sehen würden. Vielleicht könnten wir ihm stattdessen ein paar weiche Decken schicken? Wäre das in Ordnung?«
    »So weich wie das hier?«, fragte Mattie und berührte erneut das Kleid.
    »Aye, aye, Erster Maat. So weich wie das.«
    Mattie grinste und bedankte sich bei ihm, während Holly und Binh sich schließlich auf einen Preis von zehn Dollar einigten. Sie freute sich, dass Holly mit ihren Verhandlungskünsten zufrieden gewesen war und dass sie Decken für die Kinder in Rupis Waisenhaus kaufen würden. Sie trat vor, während Binh ein Maßband aus ihrer Tasche holte. Als ihr wieder einfiel, wie sie vor der Schneiderin in Hongkong geflohen war, stand Mattie ganz gerade und blickte ihren Vater an.
    Anstatt sofort bei Mattie Maß zu nehmen, drückte Binh ihre Arme, fuhr an ihrem Rückgrat entlang und folgte den Konturen ihrer Schlüsselbeine. Mattie hatte das Gefühl, in einer Arztpraxis zu sein, und sah Holly an, die lächelte und sich dann eine Hand vor den Mund hielt, weil sie lachen musste.
    »Du starkes Mädchen«, sagte Binh und wickelte ihr

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