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Ich bin an deiner Seite

Ich bin an deiner Seite

Titel: Ich bin an deiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Shors
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nach Westen und schüttelte den Kopf. Warum, Liebling, dachte er, hast du uns auf diese Reise geschickt? Um enger zusammenzuwachsen? Um ein neues Leben anzufangen? Um Zeit mit Georgia und Holly zu verbringen? Wolltest du, dass ich mich in sie verliebe, so wie du es in deinem Gedicht gesagt hast? Ich weiß, dass du diese Worte geschrieben hast, dass deine Stärke, dein Wille sie zu Papier gebracht haben. Aber hast du wirklich so empfunden? Ich hatte angefangen, mich in sie zu verlieben, aber dann sah ich unsere Brücke, wo du versucht hast, dein Gedicht zu schreiben. Ich kann nicht aufhören, an diese verdammte Brücke zu denken. War das ein Zeichen? Wenn es keins war, würdest du mir bitte eins geben? Würdest du mich wissen lassen, was ich tun soll? Ich weiß, Ru möchte die beiden wiedersehen. Und ein Teil von mir will das auch. Aber ich bin noch nicht bereit, einen Schritt von dir weg zu machen, meine Geliebte. Obwohl ich es genossen habe, Georgias Hand zu halten … ihre Hand zu küssen … kann ich deine nicht loslassen.
    Mattie beendete ihr Bild und hielt das Blatt so, dass Ian es sehen konnte. »Das ist ein echtes Meisterwerk«, sagte er, als er sah, dass sie den Fluss zum Leben erweckt hatte und wie die Wüste über allem lauerte. »Ich mag das Boot. Es scheint sich wirklich zu bewegen.«
    »Danke, Papa.«
    »Gut gemacht, Schatz. Du hast so viel Talent, weißt du. Und das hast du nicht von mir. Nicht diese Art von Talent. Ich wurde mit zehn Daumen geboren.«
    Mattie nickte und räumte ihre Stifte weg. »Papa?«
    »Was?«
    »Ich habe nachgedacht.«
    »Sag mir, was du denkst.«
    »Ich möchte nicht in einer Woche nach New York zurück. Das klingt furchtbar.«
    Ian ließ das Bild sinken. »So schrecklich? Aber warum sollte es schrecklich sein? Unser Haus ist dort. Unsere Freunde. Es ist eine wunderschöne Stadt.«
    »Ich möchte unser Haus nicht mehr sehen und unsere Freunde. Das sind zu viele Erinnerungen für mich.«
    »Mir geht es genauso, Schatz. Ich verstehe das. Das tue ich. Aber wir haben keine Wahl. Wir sind schon zu lange fort, und wir müssen zurück. Ich muss mir einen neuen Job suchen. Du musst wieder zur Schule gehen.«
    »Aber das könnten wir doch auch in Hongkong machen. So wie Holly und ihre Mutter.«
    Er ging in die Knie, legte ihren Skizzenblock zur Seite und hielt ihre Hände. »Wir müssen nach Hause fahren, Ru. Hongkong ist nicht unser Zuhause. Es ist ein Ort, an dem wir Ferien machen, an dem wir unsere Freunde besuchen. Und das machen wir nächstes Jahr.«
    »Das ist zu weit weg.«
    »Nein, es ist …«
    »Du willst traurig sein«, erwiderte sie und schüttelte den Kopf, riss sich den Ring vom Daumen und umklammerte ihn. »Deshalb willst du nach Hause. Damit du traurig sein kannst. Und du wirst die ganze Zeit arbeiten, so wie du es früher gemacht hast.«
    »Damit ich traurig sein kann? Wovon redest du, Mattie?«
    Sie schob seine Hände weg und stand auf. »Du willst nicht, dass ich glücklich bin. Du willst, dass ich traurig bin, so wie du. Deshalb fahren wir zurück nach New York.«
    »Du weißt nicht, wovon du da redest. Gar nichts weißt du.«
    »Da irrst du dich! Ich weiß es! Es wird genauso sein wie vorher, nur dass ich dann Mami nicht mehr habe. Ich bin dann ganz allein!«
    »Mattie.«
    »Es wird niemand da sein!«
    »Was …«
    »Du hast deine Meetings und deine Geschäftsreisen und dein blödes Handy, und ich bin ganz allein!«
    »Nein. Das ist nicht …«
    »Lass mich los!«, schrie sie und schob seine Hände weg, rannte von ihm weg auf die nach unten führende Treppe zu.
    Er wollte ihr hinterherrufen, sah jedoch, dass eine ihrer Tränen auf seinem Handrücken gelandet war. Sie glitzerte in der ägyptischen Sonne, und der Anblick tat ihm weh, ließ seinen Schmerz aufflammen, als hätte man Benzin hineingegossen und ihn angesteckt. In ihrer Träne sah er das Versagen und die Schmerzen seines Lebens, und schlimmer, ihres Lebens.
    Er hob ihren Skizzenblock auf und lief ihr hinterher, achtete nicht auf die neugierigen Blicke der anderen Passagiere oder den wundersamen Tempel, der sich zu seiner Rechten erhob.
***
    Am folgenden Tag gingen Mattie und Ian über die Gangway vom Schiff auf einen Steinpier am Rande des Nils. Ihr Schiff hatte in der alten Stadt Luxor angelegt, die wegen Karnak berühmt war – einem riesigen Komplex aus Tempeln, Obelisken, Sphinxen und Kapellen, von denen einige fast viertausend Jahre alt waren.
    Während Mattie und Ian Hand in Hand auf Karnak zuliefen,

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