Ich bin an deiner Seite
gefunden.«
»Vielleicht. Vielleicht nicht. Aber ich schätze, es spielt keine Rolle. Weil es dich nur einmal gibt, und ich niemand anderen haben möchte.«
»Und ich möchte keinen anderen Vater.«
»Du bekommst auch keinen, Schatz. Du wirst dich mit mir abfinden müssen, fürchte ich. Wie ein Dingo mit seinem Aussehen.«
Auf dem Nil ließ ein riesiges, rostiges Schiff sein Horn ertönen und scheuchte Felucken aus dem Weg. Sie hob ihr Fernglas und sah zu, wie die Barke sich den breiten Fluss hinaufquälte. »Papa?«
»Was?«
»Es tut mir leid, dass ich mich über diese Reise beschwert habe. Ich versuche, es nicht zu tun. Obwohl ich manchmal das Essen nicht mag und die vielen Moskitos und den Abschied von meinen Freunden …«
»Du musst dich nicht …«
»Danke, dass du mit mir gefahren bist.«
Er legte seine Hand auf ihr Knie und streichelte eine alte Narbe, dachte daran, wie sie vom Fahrrad gefallen war. »Gern geschehen, Schatz. Und ich danke dir. Danke, dass du die perfekte Reisegefährtin bist.«
»Können wir nachsehen, ob eine Mail gekommen ist? Vielleicht haben Rupi oder Holly geschrieben. Oder vielleicht hat Leslie uns noch ein Bild aus Nepal geschickt.«
Ian trank seinen Wein aus und ihren, dann blickte er auf den Fluss. Er fragte sich, wie Kate ihn finden würde, und wünschte, sie hätte ihn gesehen. Sie hatte Wasser immer geliebt, egal ob Salz- oder Frischwasser, blau oder braun.
Nachdem er seine Schuhe angezogen und nach seiner Brieftasche gegriffen hatte, folgte er Mattie zur Tür hinaus. Sie ging energisch durch den Flur, gespannt darauf zu sehen, ob ihre Freunde ihr geschrieben hatten. Ian wusste, dass sie nicht so zufrieden mit der Situation war, wie sie vorgab, und nahm an, dass sie sich nur wegen ihres kleinen Zusammenbruchs im Zoo schämte und nun versuchte, vernünftiger zu sein.
Das Erdgeschoss des Hotels war angefüllt mit Leuten aus allen Teilen der Welt. Männer mit Anzügen im westlichen Stil oder langen Tuniken saßen vor niedrigen Tischen und machten Geschäfte. Frauen, von denen einige ein Kopftuch trugen und andere nicht, beruhigten Babys und beaufsichtigten kichernde Kinder. In einem angrenzenden, überladen dekorierten Raum umstanden Gruppen von Männern riesige Wasserpfeifen, die Hukas genannt wurden und aus Silber oder Messing gemacht waren und auf denen oben Schüsseln mit glimmendem Tabak standen. Die Männer saugten an bunten Schläuchen, und Rauchwolken drangen durch ihre Lippen.
Das Businesscenter enthielt mehrere Computer, Stühle und einen Drucker. Ian und Mattie setzten sich an den Bildschirm, der am weitesten von der Tür entfernt war, und Ian ging online und sah in sein E-Mail-Postfach. Er fragte sich auch, ob jemand geschrieben hatte. Zu seiner Enttäuschung war keine Mail vom Leiter des Waisenhauses gekommen, und sein Magen zog sich zusammen. Er verstand nicht, warum der Direktor nicht antwortete, und schwor sich, am nächsten Morgen dort anzurufen, so lange, bis er gehört hatte, dass es Rupi gut ging.
Seine Stimmung besserte sich nur, weil eine Mail von Georgia gekommen war. Er öffnete ihre Nachricht und rückte zur Seite, damit Mattie mitlesen konnte.
Liebe Mattie,
hier spricht Holly, und ich tippe auf dem Computer im Büro meiner Mutter. Wir sind jetzt schon zwei Tage zuhause, und ich vermisse Dich und Vietnam. Ich habe gestern Abend noch einmal mein neues Kleid getragen und die Kette, die Dein Vater für mich hat machen lassen. Ich habe die Kette meinen Freundinnen in der Schule gezeigt, und sie hat ihnen sehr gut gefallen. Mir gefällt sie auch sehr.
Ich wünschte, wir könnten noch mal im Meer schwimmen. Hier gibt es Strände, aber sie sind nicht wie der, den wir in Vietnam gesehen haben. Und es gibt fast keine Sterne in Hongkong. Die Lichter der Stadt lassen sie verschwinden.
Ich habe meine Mutter gefragt, ob wir irgendwann nach New York fahren und euch besuchen können. Sie meinte, wenn meine Noten gut genug sind, könnten wir vielleicht fahren. Vielleicht am Ende des Sommers. Ich habe vor, ganz viel zu lernen, weil ich Dich bald wiedersehen will.
Meine Finger tun weh vom vielen Tippen, deshalb mache ich jetzt Schluss. Meine Mutter hat noch ein paar Fotos von unserer Reise angehängt. Die Bilder bringen mich zum Lächeln. Bitte schick mir ein gemaltes Bild von Ägypten. Da war ich noch nie.
Übrigens, ich soll Deinen Vater von meiner Mutter grüßen. Sie hatte eine tolle Zeit mit ihm, glaube ich.
Deine Freundin
Holly
Mattie las die Mail
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