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Ich bin an deiner Seite

Ich bin an deiner Seite

Titel: Ich bin an deiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Shors
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weil der Druck auf seinen Nacken so groß war. Nach vorne gebeugt ging er die erste Stufe hoch.
    »Vielleicht solltest du das nicht machen«, sagte Mattie und schob von hinten, um ihm zu helfen.
    »Unsinn, Ru. Und jetzt hören wir auf zu reden und sehen zu, dass wir das nach oben bekommen.«
    »Aber, Papa …«
    »Komm schon. Ich wette, ich bin schneller als du.«
    Die Steinstufen waren breit und hoch. Ian achtete genau darauf, wo er hintrat, weil er wusste, dass die beiden Mädchen hinter ihm waren. Trotz allem, was er zu Mattie gesagt hatte, machte er sich Sorgen, weil seine Last ihn nach hinten zu reißen drohte. Mit weiterhin zusammengebissenen Zähnen stieg er die Stufen hinauf, froh darüber, dass sie trocken waren. Während er kämpfte, dachte er über das Mädchen nach, fragte sich, warum sie nicht in der Schule war. Obwohl Dorfbewohner normalerweise arm waren, gingen ihre Kinder zur Schule, solange die Ernte noch nicht anstand. Ian war überrascht, dass das Mädchen mitten am Tag ein Bündel Feuerholz tragen musste. Vielleicht waren ihre Eltern krank, und sie brauchte Hilfe.
    »Noch zwanzig Stufen, Papa«, sagte Mattie hinter ihm.
    »Ist das alles?«, antwortete er, und Schweiß lief ihm über die Stirn und tropfte auf die Steinstufen.
    »Deine Knie zittern.«
    »Du brauchst eine Brille, Schatz. Ich bin so stark wie ein Mallee-Bulle.«
    »Ein was?«
    »Ein Bulle, der im Outback lebt. Tief im Busch.«
    »Du siehst nicht stark aus.«
    »Na ja, der Mallee-Bulle auch nicht. Aber du solltest dich lieber nicht mit einem anlegen.«
    »Nur noch zehn Schritte.«
    »Gott sei Dank.«
    »Aber du hast gesagt, du bist so stark wie ein Mallee-Bulle.«
    »Das war vor zehn Stufen, Ru. Die Zeiten ändern sich.«
    »Papa!«
    Endlich erreichte Ian das Ende der Stufen. Er machte ein paar Schritte vorwärts und fiel auf die Knie, schob sich den Stoff von der Stirn. Die Mädchen halfen ihm, das Bündel Feuerholz von seinem Rücken zu heben und es abzustellen. Er ließ den Kopf kreisen, erleichtert darüber, das Gewicht nicht mehr im Nacken zu spüren. »Wie weit musst du das tragen?«, fragte er das Mädchen.
    Lächelnd zuckte sie mit den Schultern. »Nicht verstehen.«
    »Gehst du nach Nagarkot?«
    »Nagarkot. Ja. Ich gehen Nagarkot.«
    Er wusste aus dem Reiseführer, dass das Dorf Nagarkot weniger als zwei Kilometer entfernt war. »Nun, dann sehen wir uns in Nagarkot.«
    »Warte, Papa«, sagte Mattie und trat hinter ihn und öffnete seinen Rucksack. Vorsichtig suchte sie darin herum und zog schließlich eine blaue Bürste mit einem Bild von einem Pferd auf der Rückseite heraus. Sie sah auf die Bürste und erinnerte sich daran, wie sie sie vor der Reise mit ihrem Vater gekauft hatte. »Hier«, sagte sie und reichte dem Mädchen die Bürste. »Ich glaube, die brauchst du.«
    Das Mädchen nahm die Bürste in ihre schmutzigen Hände. »Ich?«, fragte sie und deutete auf ihre Brust.
    »Ja. Sie ist für dich. Dann verfilzen deine Haare nicht so.«
    »Ich?«
    Mattie lächelte und schloss ihre Hände, als das Mädchen versuchte, ihr die Bürste zurückzugeben. »Bis bald. Wir sehen uns in Nagarkot.«
    »Namaste«, erwiderte das Mädchen grinsend. Sie beugte sich tief über die Bürste und betrachtete das Pferd auf der Rückseite.
    Mattie verabschiedete sich erneut und folgte ihrem Vater über den Hohlweg, der durch die Berge führte. Sie gingen schweigend und blickten ab und zu zurück, um sich das Tal unter ihnen anzusehen und um zu überprüfen, ob das Mädchen sich schon in Bewegung gesetzt hatte. Nach ein paar Minuten folgte sie ihnen, kam jedoch nur langsam voran. Das Tal sah von oben noch fruchtbarer aus als vorher von unten.
    »Warum hast du ihr deine Bürste geschenkt, Ru?«, fragte Ian, dem sein Rucksack jetzt viel leichter vorkam. »Ich weiß, dass du sie mochtest.«
    »Hast du ihre Haare gesehen? Sie brauchte sie.«
    »Du hast sie jedenfalls glücklich gemacht. Das war toll von dir.«
    »Findest du?«
    »Aye, Erster Maat. Das finde ich.«
    Der Hohlweg, auf dem sie gingen, öffnete sich. Der Berg, der ihnen so lange die Sicht verstellt hatte, lag jetzt hinter ihnen und gab den Blick auf das Dorf Nagarkot in der Ferne frei. Es bestand nur aus ein paar Hundert Steinhäusern, die von allen Seiten von terrassenförmig angelegten Höfen umgeben waren. Viele Kilometer hinter Nagarkot erhob sich eine Reihe von schneebedeckten Bergen des Himalayas in den blauen Himmel. Ein dreieckiger Berg überragte den Rest.
    Ian setzte den

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