Ich bin an deiner Seite
»Vielleicht … könntest du wieder heiraten und ihr eine kleine Schwester schenken. Sie wollte immer eine haben.«
»Darüber will ich nicht sprechen.«
»Es wäre gut … für sie … und für dich.«
»Nein.«
Sie nickte, meinte damit vielleicht sich selbst, vielleicht ihn. »Würdest du … mir die Geschichte erzählen?«
»Die Geschichte?«
»Wie du mir einen Heiratsantrag gemacht hast.«
Ian schloss die Augen, und die Erinnerung an jenen Tag legte sich wie eine Tüte über seinen Kopf, erstickte ihn. Er wollte die Ereignisse nicht noch einmal durchleben, aber er wusste, dass Kate es sich sehnlich wünschte. Und so brachte er seine aufgewühlten Gedanken unter Kontrolle und konzentrierte sich auf die Aufgabe, die vor ihm lag. »Wir … wir waren eine Woche in Indonesien«, sagte er leise und streichelte über ihre Wange. »Auf den Gili-Inseln. Wir …«
»Sprich weiter, Ian. Bitte.«
»Ich sollte einen Arzt holen.«
»Bitte hör nicht auf.«
Er spürte die Wärme zwischen ihnen, fürchtete sich vor der lauernden Kälte. »Wir hatten diesen Bungalow mit dem wackeligen Deckenventilator gemietet. Direkt am Strand. Direkt im Paradies.«
»Ich erinnere mich.«
»Eines Morgens … als du müde warst und gelesen hast, bin ich zum Wasser runtergegangen, in die Nähe des Riffs. Ich hatte meine Tauchermaske und den Schnorchel, eine heimlich gekaufte Flasche Wein und einen Ring dabei. Ich bin hinausgeschwommen zu der Stelle, wo das Wasser ruhig ist, zu einem sandigen Platz zwischen dem Riff und dem Strand.
»Und was dann?«
Er schüttelte den Kopf und wollte die Zeit zurückdrehen zu jenem Tag, wollte den Tag noch tausend Mal erleben. »Ich habe den Ring und ein Gewicht an der Flasche befestigt. Ich bin getaucht, vielleicht drei Meter tief, und habe die Flasche auf den Boden gestellt. Und dann … dann habe ich Steine und Muscheln und Stücke von toten Korallen genommen und damit ›Willst du mich heiraten?‹ in den Sand geschrieben.«
»Ich weiß noch … wie wir Hand in Hand rausgeschwommen sind.«
»Ich auch.«
»Ich war so glücklich … als ich sah, was du gemacht hattest. Ich war noch nie … so glücklich gewesen.«
Ian küsste ihre Augen, ihre Lippen. »Geh nicht, Schatz. Bleib bei mir. Bitte, bleib bei mir. Wir … wir fahren noch mal zu dem Riff. Genau wie wir es geplant hatten.«
»Ich bleibe. Aber nicht so wie vorher. Mein Körper … schaltet sich aus. Aber etwas anderes … öffnet sich.«
»Oh, Kate. Bitte … schalte dich nicht aus. Nicht jetzt. Ich brauche mehr Zeit. Viel mehr Zeit.«
Sie versuchte, ihn zu küssen, aber konnte sich kaum rühren. »Würdest du … Mattie neben mich legen? Bitte? Aber weck … weck sie nicht auf. Ich will nicht … dass sie mich so sieht.«
Ian kämpfte darum, aufzustehen. Er sah alles verschwommen. Seine Beine arbeiteten nicht richtig. Dennoch hob er Mattie hoch und legte sie neben Kate. Er nahm Kates Arm und legte ihn um Matties schlafenden Körper. Noch mehr Tränen quollen aus Kates Augen und liefen über ihr Gesicht. Ian fing sie mit dem Zeigefinger auf, als er ihre Wange streichelte. Er beugte sich über das Bett, eine Hand auf Kate, die andere auf Mattie. Er versuchte, seine Familie zusammenzuhalten, während sie auseinanderriss, während er spürte, wie Kate neben ihm schwächer wurde. »Bleib«, flüsterte er. »Bitte bleib.«
»Das werde ich.«
Seine Tränen flossen heftiger, als er sich schließlich, ganz am Ende, eingestand, dass sie starb. Als er die Endgültigkeit dieses Augenblicks erkannt hatte, versuchte er nicht länger, sie am Gehen zu hindern. Stattdessen versuchte er alles, um ihr den Abschied leichter zu machen. »Du musst dir niemals Sorgen um Ru machen«, sagte er und berührte Kates Gesicht, ihre Haare, ihre Hände. »Ich gebe ihr alles, was möglich ist. Und sie wird lächeln. Und lachen.«
»Niemand … kann sie so zum Lachen bringen wie du.«
»Und das wird sie. Nicht nächste Woche … oder nächsten Monat. Aber wir schaffen das, denke ich.«
»Ich liebe dich«, sagte sie und versuchte, seine Finger zu drücken.
Ian küsste sie erneut. »Wirst du … einen Teil von uns mitnehmen?«, fragte er, und seine Stimme brach fast. »Von jedem von uns?«
»Ja. Und … ich werde bei euch sein … wo immer ihr hingeht.«
»Ich weiß.«
Sie schloss die Augen. »Ich bin so müde, mein Liebling«, flüsterte sie, unterbrochen vom Piepen der verschiedenen Monitore, während er leise weinte. »Würdest du mir … mir noch eine
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