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Ich bin an deiner Seite

Ich bin an deiner Seite

Titel: Ich bin an deiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Shors
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weißt Du es. Dann wirst auch Du Münzen werfen und glücklich sein.
    Nicht lange nach eurer Ankunft in Indien wirst Du sehen, dass es ein ganz anderer Ort ist. Es gibt unglaubliche Schönheit, aber auch unglaubliche Hässlichkeit. Es gibt unendliche Freude, aber auch unendliches Leid. Indien ist ein Kaleidoskop der Hoffnungen und Ängste, der Stärke und der Schwäche. Die meisten Länder sind natürlich ähnlich. Aber in Indien scheinen diese Dinge stärker ausgeprägt zu sein. Also sei darauf gefasst, mein süßes Mädchen, und begegne allem mit offenen Augen.
    Als Dein Vater und ich vor so langer Zeit in Indien waren, haben wir eine obdachlose Frau getroffen, die nicht gut sehen konnte. Sie war schmutzig und arm und eine beeindruckende Erscheinung. Sie hat Kuhmist gesammelt, ihn zu Fladen geformt, getrocknet und als Feueranzünder verkauft. Sie kroch über die Straße und suchte nach frischem Mist. Weil ihre Augen so schlecht waren, schnitt sie sich oft die Hände und Knie an Glasscherben auf. Dein Papa und ich sahen, wie sie sich verletzte, und nahmen sie später mit in einen Laden und kauften ihr zwei Brillen. Sie war so glücklich, Mattie. Sie hat geblutet und hatte Schmerzen, aber ich glaube nicht, dass ich jemals jemanden gesehen habe, der so glücklich war.
    Wirst Du etwas Ähnliches tun, wenn Du in Indien bist? Bitte finde jemanden, der in Not ist, und hilf ihm. Das wird Dir ein Gefühl geben, das Du niemals vergessen wirst.
    Einige Leute finden es nicht gut, den Armen zu helfen, weil sie glauben, dass die Armen ihr Schicksal selbst gewählt haben, arm zu sein – dass sie beschlossen haben, nicht zu arbeiten, und dass sie sich über ihr Leid nicht beklagen sollten. Und obwohl das im Einzelfall sicher stimmt, arbeitet eine Frau, die in Delhi Kuhmist sammelt, genauso hart wie der Inhaber einer großen Firma. Lass Dir nie von jemandem etwas anderes erzählen, Mattie. Die Leute, die so etwas sagen, haben noch nie Kuhmist gesammelt, haben ihre Kinder noch nie hungern sehen. Sie haben nicht gelitten, und sie haben sich noch nie die Zeit genommen, darüber nachzudenken, was dieses Leiden auslöst, darüber, dass wir alle gleich sind, aber dass einige in eine bessere Welt geboren werden als andere.
    Ich möchte, dass Du glücklich bist, Mattie. Und Dein Vater soll es auch sein. Wenn ihr jemand anderem helfen könnt, Glück zu finden, dann findet ihr es auch.
    Ich würde das alles nicht von Dir verlangen, wenn ich nicht glauben würde, dass Du gut und stark und mutig bist.
    Genieß Deine Zeit in Indien. Es ist ein wunderschönes Land. Manchmal muss man unter die Oberfläche schauen, unter den Schmutz, aber die Schönheit ist da, genauso wie sie es war, als Du Deine Tauchmaske aufgesetzt hast und ins Meer gesprungen bist.
    Wenn Du das Tadsch Mahal ansiehst, wenn Du seine Schönheit betrachtest, dann sei sicher, dass ich Dich so sehr liebe, wie der Kaiser seine Frau geliebt hat.
    Mami
    Mattie las den Brief noch einmal und nickte, wenn sie zu bestimmten Stellen kam, fragte sich, was sie wohl tun würde. Der Zug fuhr weiter. Sie starrte aus dem Fenster und dachte an die Welt, in die sie hineingeboren worden war, und an die Welten, die sie gesehen hatte und von denen sie wusste, dass sie so ganz anders waren.
***
    Die Rikscha, in der Ian und Mattie fuhren, war ein Beweis für die Stärke von Stahl. Eigentlich war sie ein großes Dreirad mit einem Vorderrad, einem Sitz für den Fahrer und einer sehr viel breiteren, gepolsterten Bank für die Fahrgäste. Unter der Bank befanden sich zwei Räder mit Schutzblechen. Ein buntes, aber zerschlissenes Stoffdach konnte über die Fahrgäste gezogen werden.
    Ian überlegte, dass er und Mattie eine ziemlich schwere Last für den Fahrer sein mussten, aber in den vergangenen paar Minuten hatte er Rikschas gesehen, die mit deutlich mehr Gewicht beladen waren. Eine hatte sogar eine achtköpfige Familie transportiert. Der Vater hatte neben dem Fahrer gesessen, der sich nach vorn in die Pedalen lehnte und seine Rikscha irgendwie dazu brachte, sich vorwärtszubewegen. Die Mutter und ihre Kinder waren auf der Bank zusammengepfercht gewesen, hatten sich gegenseitig auf dem Schoß gesessen, und ein Mädchen hing seitlich an der Rikscha, die Füße auf eines der Schutzbleche gestellt. Die Geschwister waren landestypisch angezogen – die Mädchen trugen rote, grüne und violette Kleider, die Jungen Shorts und kurzärmlige Hemden.
    Obwohl es noch sehr früh am Morgen war, waren die Straßen

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