Ich bin an deiner Seite
eine Kombination aus Curry, Fleisch und Gemüse empfahl. Ian und Mattie folgten seinem Rat und bestellten entsprechend, und das brachte ihn zum Lächeln. Sie sprachen weiter so miteinander, wie ein König und seine Tochter es tun würden.
»Sollen wir ein Glas Sekt trinken, Mylady?«, fragte Ian und deutete auf ein elegantes Glas.
»Sekt? Wirklich?«
»Natürlich nur einen Schluck, um unseren Gaumen zu benetzen.«
»Ja, um unsere Gaumen zu benetzen.«
Ian bestellte eine Flasche Sekt, als ihr Essen auf riesigen Silbertellern serviert wurde, die in runde und rechteckige Bereiche unterteilt waren. In den runden Bereichen befand sich eine Auswahl an Currys, während die rechteckigen mit kleinen Portionen Hühnchen, Shrimps, Blumenkohl, Bohnen und Okra gefüllt waren. Indisches Fladenbrot, Naan genannt, vervollständigte ihre Mahlzeit. Bald nachdem sie das Essen bekommen hatten, kam der Kellner mit dem Sekt zurück und füllte vorsichtig ihre Gläser.
»Zum Wohl, meine Prinzessin«, sagte Ian und erhob sein Glas.
»Zum Wohl, mein König.«
Ian grinste und liebte es, sie lächeln zu sehen. Er dachte daran, wie schön sie war, sowohl innerlich als auch äußerlich. »Weißt du, meine Erstgeborene, eines Tages wirst du einen Mann sehr glücklich machen. Du wirst ihm das wunderbarste Geschenk auf der Welt machen.«
»Was für ein Geschenk?«
»Dich.«
»Ich mache mir nichts aus Männern.«
»Ich weiß, aber eines Tages wirst du das. Und wenn dieser Tag kommt, dann wirst du deinen alten König stolz machen. Genau wie du es heute tust.«
Mattie nippte an ihrem Sekt, schwenkte ihn im Mund herum. »Der schmeckt gut.«
»Wirst du mir etwas versprechen, meine Prinzessin?«
»Was?«
»Wenn dieser Tag gekommen und gegangen ist und du in das Haus jenes Mannes gezogen bist, wirst du so großzügig sein, den alten König nicht zu vergessen? Wirst du immer noch seine Hand halten und ihm Geheimnisse ins Ohr flüstern?«
Mattie sah ihren Vater prüfend an, und ihr wurde klar, dass er über sie beide sprach. Sie stellte ihr Glas ab. Ihr fiel ein, dass ihre Mutter ihr manchmal englische Gedichte vorgelesen hatte, und sie versuchte, sich an die Worte dieser Dichter zu erinnern. Ihre Mutter hatte früher Gedichte für ihren Vater geschrieben, das wusste sie, und sie wollte etwas sagen, das ihn lächeln ließ. »Diese Tochter, mein König, wird ihrem Vater immer Geheimnisse erzählen.«
Ian lachte und klatschte leicht in die Hände. »Ich liebe Euch, meine Prinzessin.«
»Und ich liebe Euch, mein König.«
»Sollen wir speisen?«
»Ja. Lasst uns speisen und fröhlich sein.«
***
Der Zug, der sie nach Agra brachte, sah aus, als wäre er schon tausend Mal um die Welt gefahren. Die Wagen der dritten Klasse waren ramponiert und überfüllt und rochen nach Schweiß, Gewürzen und Rauch. Die Leute saßen auf Holzbänken, hielten Kinder und Hühner und dreckige Stoffsäcke auf ihrem Schoß. Da die Zugwaggons so voll waren, mussten viele Fahrgäste stehen – unweigerlich die Jungen und Starken, die oft halb aus dem Fenster kletterten. Obwohl ein Dutzend Stahlventilatoren an den Decken hingen, funktionierten nur sehr wenige davon, sodass man sich im Innern des Zuges wie in einem Tonofen fühlte.
Ians und Matties Schlafwagen war ebenfalls alt, aber sehr viel geräumiger. Die grünen Vinylsitze konnten zu Betten umgebaut werden, und viele Inder schliefen bereits, hatten die Vorhänge um sich zugezogen. Da die Sonne gerade erst untergegangen war, saßen Ian und Mattie nebeneinander und lasen. Sie hatte mit dem nächsten Harry Potter begonnen, während er in Shogun blätterte. Hinter ihrem Fenster zog Indien vorbei – eine nie endende Ansammlung von Dörfern, Bauernhöfen, Wäldern und Menschen.
Obwohl Ian erneut von der Geschichte von Blackthorne und seiner japanischen Geliebten Mariko gefesselt war, kehrten seine Gedanken oft zu den Dosen in seiner Tasche zurück. Weil die vergangenen zwei Tage gut gewesen waren, zögerte er, Kates nächsten Brief zu öffnen. Er wollte nicht, dass sich etwas an ihrer Reise durch Indien änderte. Mattie wirkte zufrieden und hatte Bilder von Frauen in Saris, von einer Moschee im Sonnenuntergang und Kindern, die Affen jagten, gemalt.
Ian war nicht sicher, warum es Mattie plötzlich besser ging. Sie konnte launisch sein, aber er wusste nicht, ob diese Launenhaftigkeit am Tod ihrer Mutter lag oder normal war für ein Mädchen in ihrem Alter. Er konnte sich zwar nicht erinnern, dass ihre Stimmungen so
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