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Ich bin da noch mal hin

Ich bin da noch mal hin

Titel: Ich bin da noch mal hin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Butterfield
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Camino überhaupt irgendjemanden verändert«, sagte ich. »Er zeigt uns nur, wer wir wirklich sind. Ob man sich dann verändern will, muss man selbst entscheiden.«
    Doch Genes Gedanken waren bereits ganz woanders.
    »Wissen Sie was?«, sagte er. »Ich glaube, es könnte in Rabanal gewesen sein.«
    »Was denn?«
    »Dass er einer dieser Frauen sagte, wer er ist. Vielleicht ist es genau hier gewesen!«
    »Ja, hier war es«, sagte ich.
    Gene hörte es gar nicht.
    »Ja, ich glaube wirklich, es war hier. In Rabanal!«, rief er aufgeregt.
    »Ja, ich glaube auch, wenn ich mich recht erinnere«, sagte ich.
    »Sie erinnern sich richtig!«, rief Gene und gab aus dem Gedächtnis die Ereignisse jenes Abends wider. Er kannte die Druckversion besser als ich. Aber er wusste nicht alles.
    »Ja, ja, ich erinnere mich an diese Geschichte, Gene«, sagte ich, als er einmal eine Atempause einlegte.
    »Ja!«, sagte er, inzwischen ziemlich laut. »Ich glaube, es war sogar hier, in dieser Bar!«
    »Ja, war es«, erklärte ich nervös, unsicher, wie ich diese unbeabsichtigte Maskerade beenden sollte. Aber Gene war nicht zu stoppen.
    »Es kann wirklich hier gewesen sein! Sehen Sie, da drüben ist die Toilette, wo sie hinging!«
    »Ja, Sie haben recht.«
    »Ja! Und vielleicht saßen sie an diesem Tisch! Genau wo wir jetzt sitzen!«
    »Ja, es war tatsächlich an diesem Tisch.«
    »Könnte doch sein, oder? An diesem Tisch! Oder vielleicht an dem da drüben?«
    »Nein, es war an diesem hier, Gene.«
    »Ja! An diesem, meinen Sie? Nicht an dem da drüben?«
    »Es war dieser hier.«
    »Ja, ich glaube, Sie haben recht«, schloss er.
    »Ich weiß es, Gene. Ich bin Anne.«
    Mehr brauchte ich nicht zu sagen. Gene schloss seinen Laptop so plötzlich, dass ich um das Überleben der Website für die American Pilgrims on the Camino fürchtete. Dann schlug er beide Hände vor den Mund und starrte mich an.
    »Ach! Sie sind Anne?«, japste er ungläubig.
    »Gene, es tut mir wirklich leid. Ich wusste nicht, wie ich es Ihnen sagen sollte. Als Sie das Buch erwähnten, wollte ich nur Ihre Meinung darüber wissen. Es tut mir wirklich, wirklich leid.«
    »Nein, nein, ich verstehe das vollkommen«, meinte er großherzig.
    Ich bin nicht sicher, ob ich zu dieser Großzügigkeit fähig gewesen wäre. Gene gewann seine Fassung rasch wieder und ich merkte, dass wohl kein bleibender Schaden entstanden war.
    »Warum gehen Sie den Camino noch einmal?«, wollte er dann wissen, wieder so ruhig wie vor meinem Geständnis.
    »Um seinen Sinn zu erfassen. Ich schreibe diesmal mehr auf und stelle mehr Fragen. Bisher ist der Rat einer Nonne, auf meine Bedürfnisse zu hören, die wertvollste Antwort gewesen.«
    In seiner Eigenschaft als Webmaster der amerikanischen Pilger scrollte er auf der Suche nach der Rezension von »Ich bin dann mal weg« durch die Liste empfohlener Bücher.
    »Wissen Sie«, sagte er, »dieses Buch ist ein Sensationserfolg gewesen. Es hat sehr viele deutsche Pilger auf den Camino gebracht. Ich verfolge die Verkaufszahlen schon eine ganze Weile, aber ich glaube, jetzt ist der Höhepunkt überschritten.«
    »Worauf führen Sie diesen Erfolg zurück?«
    »Na ja, berühmt war er ja schon«, sagte Gene ehrlich. »Nur bekannte Leute wie er, Shirley MacLaine oder Paulo Coelho können Bücher über den Camino veröffentlichen. Wozu sollten Leute, die den Camino gegangen sind, über die Reise eines anderen Pilgers lesen wollen? Am Ende geht es beim Camino nur um die eigene Erfahrung.«
    In El Acebo hatte Hans mich in einem Gespräch, das mir mit jedem Tag lebendiger in Erinnerung kommt, zum Schreiben gedrängt.
    »Anne, du könntest das. Du musst schreiben! Wenn du schreibst, wie du redest, wird es klappen. Tu es einfach!«
    Ich war seiner Aufforderung in all den Jahren nicht gefolgt. Und jetzt, wo ich drauf und dran war, es zu wagen, erklärte mir Gene, es sei sinnlos. Ich war nicht berühmt genug, um veröffentlicht zu werden.
    »Welche Bücher würden Sie mir denn empfehlen?«, fragte ich vorsichtig.
    »Mir gefällt ›The Pilgrim’s Guide to Santiago de Compostela‹ (Pilgerführer nach Santiago de Compostela) von William Melczer und ›Walk in a Relaxed Manner‹ (Entspanntes Gehen) von Joyce Rupp.«
    Entspanntes Gehen? In meinem Kopf explodierten die berühmten Worte des streitlustigen Tennisspielers John McEnroes: »Das kann nicht dein Ernst sein!«
    »Haben Sie noch Kontakt zu ihm?«, wollte Gene wissen.
    »Zu wem?«, wollte ich erst witzeln. Aber ich ließ es

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