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Ich bin da noch mal hin

Ich bin da noch mal hin

Titel: Ich bin da noch mal hin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Butterfield
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aus weißen Steinen, die die Stadt Pamplona umschließt. Es ist erst elf Uhr, Zeit genug, mir die Kathedrale anzuschauen und einen Happen zu essen, um dann die sechsundvierzig Kilometer nach Estella zu sausen. So hatte ich mir das Radeln vorgestellt – Kilometer und Kultur, und ich freue mich, dass es schon am zweiten Tag meiner Pilgerreise zu gelingen scheint.
    Unter einem Fallgatter hindurch fahre ich nach Pamplona hinein. Ein Fallgatter ! Typisch für den Camino. Alles ist hier so grandios, historisch und pittoresk, dass man sich wie im Märchen oder einer Erzählung aus dem mittelalterlichen Spanien vorkommt. Ich stürme allerdings keineswegs herein wie El Cid, denn das holprige Pflaster hinter dem Tor, offenbar eigens angelegt, um Feinde in schwerer Rüstung ins Stolpern zu bringen, zwingt mich sofort, von meinem Drahtesel abzusteigen. Also schiebe ich mal wieder mein schweres Gepäck, aber wenigstens schießt niemand auf mich oder gießt mir vom Turm herab siedendes Öl in den Nacken.
    Pamplona ist ein Labyrinth lebhafter Gässchen, das sich mit einer Mischung aus Alt und Neu, Shoppern und Pilgern, Lieferwagen und Hunden um mich herum ausbreitet. Ich lande an einer verwirrenden Kreuzung mit fünf Straßeneinmündungen, kann zum Glück aber einen gelben Pfeil ausmachen, der Richtung Santiago weist. Weitere Pfeile führen mich schließlich durch das Gassengewirr zu einem Park – doch wo ist nun die Kathedrale? Ich spreche ein junges Paar an, das Händchen haltend Richtung Altstadt schlendert, die nun in meinem Rücken liegt.
    »¡Hola! Entschuldigen Sie, wo ist denn bitte die Kathedrale?«, frage ich und komme mir etwas blöd vor, Pamplonas größte Sehenswürdigkeit übersehen zu haben.
    »Da drüben«, antworten sie und zeigen über meine Schulter.
    »Aber da komme ich doch her«, antworte ich verblüfft. »Das ist die Altstadt, oder?«
    »Ja, genau dort, hinter ihnen«, geben sie lächelnd Auskunft.
    »Die ganze Altstadt?«, frage ich, als ob ein Teil von ihr weggetrieben sein könnte. »Ich muss also dorthin zurück, wenn ich die Kathedrale sehen will?«
    »Ja. Es ist nicht weit. Fragen Sie noch mal.«
    Das hätte ich nicht erwartet, dass ich mich zur Kathedrale durchfragen muss. Am besten, ich suche mir erst mal ein Café. Da kommen mir immer die besten Ideen.
    Auf einem Barhocker in einem Feinkostladen am Rand des Parks studiere ich die Karten in meinem Lozano. Sie haben mir 2001 gute Dienste geleistet, und wenn die Fahrradroute nicht inzwischen von einer Autobahn zugepflastert worden ist, werden sie es diesmal hoffentlich wieder tun. Die Kathedrale von Pamplona, stelle ich fest, liegt in der Altstadt, praktisch direktneben dem Tor mit dem Fallgatter. Wie konnte ich sie bloß übersehen? Ich nippe an meinem café con leche , runzle die Stirn und ärgere mich. Es ist Mittag und ich habe 3,2 Kilometer von Trinidad bis hierher geschafft. Das sind 1,6 Kilometer pro Stunde. Mit dem Fahrrad! Ich bin geradewegs durch die Altstadt von Pamplona gezogen und wahrscheinlich der einzige nichtblinde Pilger in der Geschichte des Camino, der die Kathedrale nicht erblickt hat. Na gut, wenn das mit der Kultur nicht so klappen will, dann vielleicht wenigstens mit den Kilometern. Ich präge mir die Strecke der N 111 ein, die von Pamplona über das Pendlerstädtchen Cizur Mayor nach Puente la Reina führt. Es kann ja nicht so schwer sein, dieser schnurgeraden Straße zu folgen.
    Doch nach drei Kilometern endet die schnurgerade Straße bei einem Wohnkomplex an einer Brücke. Ich starre über das Geländer auf die Autobahn. Das dort unten sollte die N 111 sein, sieht aber gar nicht so aus. Die Fahrradroute ist tatsächlich mit einer Autobahn zugepflastert. Sehr witzig.
    Ein grünweißes Polizeiauto kommt über die Brücke, kurvt um eine Verkehrsinsel, fährt langsam an mir vorbei und hält an. Ich ziehe gerade meinen Lozano unter den Spanngummis hervor, als die beiden Polizisten auf mich zuschlendern.
    »¡Buenos días!«, grüßen sie mich wie aus einem Mund.
    »¡Buenos días!«, antworte ich so frohgemut, wie es mir in meiner jämmerlichen Lage möglich ist.
    »Verfahren?«, fragt der eine energisch.
    »Nein. Wo ich bin, weiß ich, danke schön«, antworte ich. »Das ist Cizur Mayor. Aber was ist das da?«, füge ich hinzu und deute auf die Autobahn unter uns.
    »La Carretera A Doce«, (Die Autobahn A 12), antworten sie.
    »Und was macht die hier?«, frage ich, als hätte das dumme Ding sich hierher verlaufen. »Wo ist die N

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