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Ich bin dann mal offline

Ich bin dann mal offline

Titel: Ich bin dann mal offline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Koch
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aus seinem Telefonbuch gesucht hat, um herauszufinden, um wen es sich dabei noch mal handelt. Aber es gibt auch noch unzählige andere blinde Flecken in meinem Gedächtnis. Was bisher nichts ausgemacht hat, da ich sofort nachsehen konnte: Wie schreibt man »Idiosynkrasie«? Und was ist »Idiosynkrasie« eigentlich genau? Wie hieß noch mal der Film dieses kubanischen Regisseurs über den Ballett-Wettbewerb im Weltall? Und wie schreibt man »Idiosynkrasie« gleich wieder? Ich merke, dass ich mir nichts mehr merke. Alles ist nur noch einen Google-Tastendruck entfernt. Genau genommen zwei, die Funktion »Auf gut Glück«, mit der man ja sofort auf der ersten Seite der Ergebnisliste landet, nutzt meines Wissens kein Mensch auf der Welt .8
    Zurück zur Faulheit meines Gehirns, die sich in einer Vergesslichkeit äußert, die ich mir früher nie hätte vorstellen können: In meinem Kalender steht, dass ich morgen Vormittag einen Interviewtermin mit Professor Mundle vereinbart habe. Wenn ich nur wüsste, wer das gleich wieder war?! Ich ahne natürlich, dass er etwas mit meinem Buch und moderner Kommunikation zu tun hat -aber was nun genau? War er der Experte für Hirnforschung oder für die Behandlung von Suchterkrankungen? Der Soziologe oder der Internetforscher? Normalerweise hätte ich diese nicht ganz unwichtige Information mithilfe von Google innerhalb von fünf Sekunden gefunden. So muss ich mich durch einen Stapel Papiere wühlen, bis ich endlich den Artikel finde, in dem ich auf ihn gestoßen bin: Er leitet ein Klinikum, in dem schwerpunktmäßig Erkrankungen wie Burn-Out, Suchtkrankheiten und Depressionen behandelt werden, und warnt eindringlich vor ständigem Online-Sein. Ich schäme mich ein wenig, dass ich mir nicht mal etwas merken kann, das so offensichtlich relevant ist, und beschließe, in Zu8 Die meisten wissen nicht einmal, dass dieser Knopf, der auf der englischen Google-Version "I feel lucky!« heißt, überhaupt existiert -obwohl er mitten auf der Webseite steht, die sie am Tag Dutzende Male besuchen. kunft ein wenig Gedächtnistraining und Gehirn-Jogging-Spiele zu absolvieren. Mein erster Gedanke dazu: Da lässt sich bestimmt etwas im Internet finden ...
    Tag 9 Die Welt ist eine Google
    Eigentlich wollte ich Professor Mundle von meiner gestrigen Erinnerungslücke erzählen, aber dann traue ich mich doch nicht. Es ist ja fast unmöglich, so etwas nicht persönlich zu nehmen. Unser Gespräch hat aber auch so keinen allzu guten Start: Als ich ihn zur verabredeten Zeit in seinem Büro anrufe, richtet mir seine Sekretärin aus, ich soll ihn Zuhause auf seinem Handy anrufen. Am Dröhnen und Rauschen merke ich jedoch, dass er sein Haus bereits verlassen hat und im Auto sitzt. Vielleicht ist es nur Selbstüberschätzung, die aus meinem handylosen Eremitendasein entspringt, aber ich spüre so etwas wie Mitleid mit dem getriebenen Mobilmenschen, der irgendwo über die Autobahn hetzt, das Handy zwischen Ohr und Schulter geklemmt zumindest wenn er so ist, wie ich bis vor gut einer Woche war, und vergessen hat, die Freisprechanlage einzustöpseln. Da sein Schreibtisch und die damit verbundene Ruhe aber nur noch eine Viertelstunde entfernt sind, verschieben wir unser Gespräch ein wenig -und sind beide froh darüber.
    Als ich eine halbe Stunde später mit Götz Mundle telefoniere, ist er deutlich entspannter, gesprächsbereiter -und auch viel besser zu verstehen. Er erzählt mir von den Menschen, die zu ihm in die Klinik kommen, die über »digitale Erschöpfung« klagen, ausgebrannt sind: »Das sind einerseits Führungskräfte, Leistungsträger, die häufig sehr begeistert sind vom Internet. Aber irgendwann auch merken, dass sie überfordert sind mit 500 Mails am Tag und ihrem Laptop, das sie selbst bei der kleinsten Wartezeit am Flughafen sofort aufklappen, um zu arbeiten. Die erst zu spät registrieren, dass ihr Arbeitsspeicher zu voll ist.« Die zweite große Gruppe, so Mundle, stammt aus allen Altersgruppen und sozialen Schichten und hat sich in den vielfältigen digitalen Welten »verloren«. Also in den Chaträumen, in Rollenspielen wie »World of Warcraft« oder endlosen Partien OnIine-Poker.
    »Das kann prinzipiell jeden erwischen«, erzählt der ärztliche Geschäftsführer der Oberbergkliniken. Er schildert den Fall einer Lehrerin, die über ihren Sohn das Fantasy-Rollenspiel »World of Warcraft« kennenlernte. Über einen langen Zeitraum spielte sie in völlig normalem Maße, so wie Millionen andere

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