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Ich bin dann mal offline

Ich bin dann mal offline

Titel: Ich bin dann mal offline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Koch
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Entscheidung, die wichtig ist, um der Gemeinschaft ein wirtschaftliches Überleben zu sichern. Das Paradoxe an der Situation der Old Order Amish ist, dass das Telefon beides kann: Es kann die Menschen zusammenhalten ( ... ) und es kann sie voneinander trennen. Das Telefon ist gut und böse zugleich.« Ebenso wie sich Mobiltelefone leichter heimlich benutzen lassen, bieten auch Laptop-Computer eine Möglichkeit, die Verbote der Bischöfe heimlich zu umgehen. Der Soziologe und Amish-Experte Donald B. Kraybill schreibt in seinem Standardwerk »The Riddle of Amish Culture«: »Das Verbot der Elektrizität half den Amish lange Zeit, die Computer in Schach zu halten. Aber die alten Grenzen werden zunehmend durch akku betriebene Laptops verwischt, die überallhin mitgenommen oder ganz leicht unter dem Bett oder in 15 Die »Abbrecherquote« variiert stark nach den unterschiedlichen Amish-Gruppierungen und einzelnen Gemeinden. Es ist anzumerken, dass längst nicht alle jungen Amish von der Möglichkeit, durch das »Rumspringa« eine Weile auszubrechen, überhaupt Gebrauch machen -und dass der Genuss von Alkohol in den USA bis zum Alter von 21 Jahren generell gesetzlich verboten ist.
    einem Schrank versteckt werden können. Noch schlimmer: Sie können über ihren Internetzugang abstoßende Bilder und schlüpfrige Musik in die Scheunen und Schlafzimmer der Amish bringen. (. ..
    ) Kurz: Die alten Regeln der >Ordnung<, die auf Kabelleitungen und mechanischen Grenzen beruhten, werden durch das Netz der weltweiten Telekommunikation in Frage gestellt, in dem sich alles miteinander mischt.«
    Aber wie kommuniziert die sich immer weiter ausbreitende Gemeinschaft der Amish miteinander, wenn E-Mail-Newsletter und Online-Foren verboten und Telefonate nur in einer zugigen Holzkammer draußen auf dem Acker möglich sind? Die Antwort fällt mir einen Tag später in die Hände, als ich mich mit dem örtlichen Kutschenmacher David Yoder unterhalte. Er zeigt mir ein Exemplar von The Budget, der Wochenzeitung der Amish, die seit 1890 erscheint und von einern 16-köpfigen Team in Sugarcreek im Bundesstaat Ohio produziert wird. Mittwoch, der Tag, an dem The Budget im Briefkasten liegt, ist für die Amish also der Tag, an . dem sie hinausblicken über die Grenzen ihrer eigenen Gemeinde. »Meine Frau könnte ohne The Budget nicht leben«, sagt David Yoder und lacht in seinen langen grauen Bart. »Und wenn ich ehrlich bin: Ich auch nicht. Man erfährt, wie es den Verwandten in der Ferne geht und wie die Ernte in anderen Landstrichen ausgefallen ist.«
    David Yoder legt die aktuelle Budget-Ausgabe vor sich auf die Werkbank. In seiner Werkstatt riecht es nach Sägespänen und Schmieröl. Kein einziges Foto gibt es auf den rund 50 Zeitungs seiten -von ein paar kleinen Anzeigen für Rasenmäher oder Pfannen abgesehen. Keine Infografiken, keine Farbe, nur Spalte um Spalte Text. Auf der Titelseite findet man nicht die vermeintlich wichtigsten Neuigkeiten, sondern ein schlichtes Inhaltsverzeichnis. Streng alphabetisch wird Bundesstaat nach Bundesstaat, Ortschaft nach Ortschaft behandelt. »Hier steht etwas über uns«, sagt Yoder und schlägt die Seite mit den Neuigkeiten aus Jamesport, Missouri auf. Aber wie schafft es die kleine Zeitung aus jeder noch so kleinen Amish-Gemeinde im hintersten Winkel der USA ständig aktuell zu berichten?
    »Wir schreiben unsere Zeitung selbst voll«, erklärt David Yoder verschmitzt und zieht seine Hosenträger straff. Jede Gemeinde hat einen Beauftragten, einen sogenannten »Scribe«,der über Todesfälle, Hochzeiten und ähnliche wichtige Vorkommnisse berichtet. Aber auch scheinbar Triviales wie »Die StoltzfusSchwestern karnen ihre Tante Ida besuchen und bleiben bis Dienstag« oder »Am Freitag letzter Woche konnten wir hier die ersten Blaumeisen in diesem Jahr beobachten« findet seinen Platz. Obwohl die Zeitung so altmodisch wirkt wie die Umgebung, in der sie gelesen wird, erinnert sie mich in diesem Moment in der Yoderschen Werkstatt trotzdem an ein sehr modernes Medium: das Internet. Dass die Leser aus ihrer passiven Rolle aussteigen und selbst zu Autoren werden, nennt man in Zeiten des Web 2.0 »user-generated content«, nutzergenerierter Inhalt. Kein Chefredakteur entscheidet, was seine Leser zu interessieren hat und was nicht -jeder Schreiber wählt selbst aus, was ihm berichtenswert erscheint. »Wir haben insgesamt rund 750 Scribes«, wird mir die Chefredakteurin Fannie Erb-Miller später am Telefon erzählen,

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