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Ich bin dann mal offline

Ich bin dann mal offline

Titel: Ich bin dann mal offline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Koch
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»Hotel California« in den Sinn: »You can checkout any time you like, but you can never leave«. Auch Sarah hat den endgültigen Absprung nicht geschafft. Ungefähr ein Vierteljahr nach der komplizierten Abmeldung bei Facebook hat sie sich wieder neu angemeldet. »Ich weiß, es klingt völlig bescheuert«, gibt sie zu. »Aber ich habe gemerkt, dass es mir irgendwie doch fehlt. Und habe einfach aufgehört, so empfindlich zu sein, was die Oberflächlichkeit mancher Kontakte betrifft.« Auf meine Frage, ob sie denn nach all den Schwierigkeiten bei der ersten Abmeldung nicht gezögert habe, antwortet sie: »Die Neuanmeldung war ein sehr schneller Entschluss. Aber ich wollte einfach nicht diejenige sein, die als einzige draußen steht und kulturpes21 Mehrere Nutzer berichten jedoch, dass selbst weniger vergesslichen Menschen.die endgültige Abmeldung aus sozialen Netzwerken schwer gemacht wird: Denn wenn jemand versucht, sich noch einmal anzumelden (eben, um zu prüfen, ob sein Profil wirklich gelöscht ist), wird dies von vielen Netzwerken als »Einverständnis« gedeutet, das Konto weiter zu betreiben. simistisch den mahnenden Zeigefinger hebt.« Ich erzähle ihr von der einfachen und plausiblen Dreiteilung, die der Schriftsteller Douglas Adams vor über zehn Jahren für alle technischen Neuerungen aufgestellt hat, von der Druckerpresse über das Fahrrad bis zum Fernsehen: »1) Alles, was schon existierte, als wir geboren wurden, ist für uns normal. 2) Alles, was zwischen unserer Geburt und unserem 30. Geburtstag erfunden wird, ist wahnsinnig aufregend und kreativ, und mit etwas Glück machen wir damit Karriere. 3) Alles, was nach unserem 30. Geburtstag erfunden wird, ist gegen die natürliche Ordnung der Dinge und das Ende der Zivilisation, wie wir sie kennen. Bis es etwa zehn Jahre lang existiert hat, dann freunden wir uns langsam damit an.« »Genau« stimmt Sarah zu. »Kürzer und präziser kann man es wahrscheinlich kaum zusammenfassen.«
    Tag 26 Am Sabbat bleibt der Computer kalt
    Der Rabbiner Ehrenberg wohnt im Schatten des KDW in einem Haus; das nach Bohnerwachs riecht. Es war nicht einfach, einen Termin zu bekommen, um mit ihm über das Telefon-und Internetverbot am Sabbat zu sprechen, aber am Ende hat es doch geklappt. Über der Garderobe, an der ich meine Jacke aufhänge, befindet sich eine stattliche Reihe mit schwarzen Hüten, überall in der Altbauwohnung hängen Bilder von Hochzeiten, Bar Mitzwas und Familienfeiern. Auf dem Wohnzimmertisch stehen eine Schale mit Paranüssen und eine mit Kinder-Schokobons. Yitzhak Ehrenberg ist 60 Jahre alt und Gemeinderabbiner. Das heißt, ihm untersteht nicht nur eine einzelne Synagoge, sondern er kümmert sich um die Belange der gesamten jüdisch-orthodoxen Gemeinde von Berlin, die offiziell 12000 Mitglieder umfasst.
    »Aber in der Realität leben bestimmt über 50000 Juden in Berlin«, so Ehrenberg. Der Rabbi ist, wie er selbst sagt, »das Tor zur Welt« für seine Gemeinde. Wer eine Bescheinigung für ein koscheres Restaurant braucht, kommt ebenso zu ihm wie jemand, der sich scheiden lassen möchte.
    »Am Sabbat geht es nicht nur darum, nicht zu arbeiten«, erklärt er mir freundlich, als wir zum Anlass meines Besuchs kommen. »Wer den Sabbat verstehen will, muss das Konzept des jüdischen Melachah verstehen, das so etwas bedeutet wie >Neues erschaffen< und uns Juden am Sabbat streng untersagt ist.« Darunter fällt neben der klassischen Arbeit auch Kreatives wie Malen oder Musizieren, aber auch Kochen und Feuer zu machen -und damit auch das Benutzen elektrischer Geräte. »Aus diesem Grund sind auch Computer am Sabbat tabu. Aber das ist nicht der einzige Grund: Es geht nicht nur darum, was ich am Sabbat nicht darf, sondern auch, was ich tun soll. Und das ist, mir Zeit zu nehmen für mich selbst, meine Seele, meinen Glauben und meine Familie.« Deshalb seien auch Handy und Festnetztelefon am Sabbat tabu, ebenso wie Gespräche über die Arbeit und Alltagssorgen wie Schulden, Geschäfte oder Verpflichtungen. »Gerade heute, in unserer verrückten Welt«, sagt er lachend, »haben wir doch nie genug Zeit, mit unserer Familie zu sprechen und uns auf unser Innerstes zu besinnen. Deshalb darf man den Sabbat auch nicht als Pflicht verstehen, sondern muss ihn als Geschenk begreifen, das Gott einem macht.« Er fragt mich, ob ich wüsste, was die Kaballah ist. Alles, was ich weiß, ist: Eine Art jüdische Geheimlehre, auf die Madonna vor ungefähr zehn BunteJahrgängen einmal

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