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Ich bin dann mal offline

Ich bin dann mal offline

Titel: Ich bin dann mal offline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Koch
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haben, die einen nicht daran messen, wie einfach oder umständlich es ist, einen zu erreichen.
    Niemals geht man so ganz
    Auf der Suche nach jemandem, der sich dauerhaft von Facebook verabschiedet hat, spreche ich mit meiner Kollegin Sarah. Sie hat im letzten Sommer versucht, sich aus der Commmunity auszuklinken
    -zum einen, weil das Pflegen ihrer Kontakte dort immer mehr Zeit verschlang, zum anderen, weil ihr diese zu oberflächlich erschienen. »Ich hatte mich angemeldet, weil ich das Gefühl hatte, es tun zu müssen«, erzählt sie mir. »Schließlich waren plötzlich alle dort. Ich entdeckte viele alte Bekannte wieder -und sie mich. Aber anstatt zu fragen, wie es mir geht und was ich so mache, kam nur die standardisierte Freundschaftsanfrage. Ein Klick auf >bestätigen< -das war's. Gleichzeitig merkte ich, dass solche Netzwerke extrem schlechte Seiten in mir hervorbringen: Ich verwendete plötzlich wahnsinnig viel Zeit darauf, alten Freunden hinterherzuspionieren -obwohl ich so etwas sonst nie tun würde. Kurz gesagt: Ich wollte da wieder raus.«

Doch der Abschied gestaltete sich als sehr kompliziert: Die Funktion zum Abmelden ist in den hintersten Winkeln der Nutzerkonto-Verwaltung versteckt -und selbst wenn man sie entdeckt hat, wird man zunächst mit emotionalem Druck zum Bleiben überredet: »Diese Freunde werden dich vermissen«, schreibt Facebook und listet eine ganze Reihe von Kontakten mit Bild auf. Bleibt man hart, wird als nächstes der Grund abgefragt, warum man der Online-Gemeinschaft den Rücken kehren will. Verschiedene Optionen wie mangelnde Zeit oder Bedenken zur Sicherheit der Privatsphäre stehen zur Auswahl. Doch egal, was man anklickt, es folgt stets ein kleiner Aufsatz, in dem einem freundlich erklärt wird, dass dieser Grund eigentlich Quatsch sei -und man doch bleiben solle. »Ich fühlte mich ein wenig wie jemand, der versuchte, einer Sekte den Rücken zu kehren«, erzählt Sarah. Obwohl Sarah allen Überredungsversuchen widerstand, hatte sie sich am Ende doch noch nicht komplett abgemeldet, sondern -ohne es zu merken -ihren Account lediglich »deaktiviert«. Die Mail, die sie darüber in Kenntnis setzte, landete jedoch ungelesen in einem E-Mail-Postfach, das sie kaum noch benutzte. »Meine Freunde bekamen übrigens überhaupt nicht mitgeteilt, dass ich mich abgemeldet hatte«, erinnert sich Sarah. »Sie konnten meine Seite noch sehen, hatten aber keinen Zugang mehr zu meinen Bildern -was viele wiederum als persönlichen Affront verstanden.« Als sie nach mehreren Wochen merkte, dass ihr Konto keineswegs gelöscht, sondern nur deaktiviert war, versuchte sie, den Vorgang abzuschließen. Inzwischen hatte sie aber das Passwort vergesse n.21 Zwar konnte sie sich ein neues Passwort an ihre Mailadresse schicken lassen, mit diesem neuen Passwort war jedoch eine endgültige Abmeldung wiederum nicht möglich. Erst nach mehreren Wochen Wartezeit und zahllosen Anrufen gelang es ihr, das Konto komplett zu löschen.
    Facebook ist dabei kein Sonderfall, fast alle sozialen Netzwerke verstecken ihre Abmeldefunktionen und bauen kleinere und größere Hürden ein, um den Abschied der Nutzer zu verhindern. Schließlich ist eine möglichst große Zahl von Mitgliedern derzeit das wichtigste Kapital der Netzwerke. Wer sich wirklich zum Abschied von einem oder mehreren sozialen Netzwerken entschieden hat, dem raten Experten dazu, vor der Abmeldung per Hand alle persönlichen Informationen wie Bilder, Hobbys, Freundeslisten oder Beiträge zu löschen. Wem das zu mühsam ist, für den haben eine Handvoll Netzaktivisten aus Rotterdam mit der »Suieide Machine 2.0« ein Programm entwickelt, das diesen Vorgang automatisiert. Bei Netzwerken wie Twitter, MySpace oder LinkedIn räumt die martialisch benannte »Selbstmordmaschine« zuerst die Kontaktlisten leer, bei Twitter werden darüber hinaus alle Tweets gelöscht. Erst am Ende erfolgt der eigentliche Abmeldevorgang. Als die »Suieide Machine«
    Ende 2009 startete, war es auch noch möglich, sein Facebook-Konto damit zu tilgen, doch schon nach wenigen Tagen meldeten sich die Anwälte des amerikanischen Netzwerks und verlangten von den Rotterdamer Programmierern, die Selbstmordmaschine sofort vom Netz zu nehmen. Mit der Begründung, das automatisierte Löschen fremder Nutzerkonten verstoße gegen die Geschäftsbedingungen des Netzwerks, ist der Zugriff der Suieide Machine nun offenbar zumindest bei Facebook gestoppt.
    Mir kommt die passende Zeile aus dem Eagles-Hit

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