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Ich bin dann mal offline

Ich bin dann mal offline

Titel: Ich bin dann mal offline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Koch
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Staatslotterij E-Mail-Förderung« versprach, gar kein Schwindel, sondern wartet vergeblich auf mich, da ich alter Skeptiker nicht im Traum daran denke, den Absender »so bald wie möglich für die sofortige Freilassung der 20 CAPTCHA ist ein, Akronym für .Completely Automated Public Turing test to tell Computers and Humans Apart-, also ein autbmatischer Test, um Computer von Menschen zu unterscheiden. Meist muss der menschliche Nutzer eine grafisch verfremdete Zeichenkette abtippen oder eine als Grafik dargestellte Rechenaufgabe lösen. Ihre Gewinne Preis mit dem Details unten« zu kontaktieren. Vielleicht könnte ich schon längst reich sein? Vielleicht drücke ich aber trotzdem lieber weiterhin jedes Mal auf »löschen« ... Tag 25 Wir müssen leider draußen bleiben
    In der Schweiz hat eine Kommunikationsagentur eine Studie durchgeführt, die meinem Experiment nicht ganz unähnlich ist: 50 Freiwillige verzichteten einen Monat lang auf Facebook -eine Plattform, die sie ansonsten regelmäßig (nämlich mindestens zwei Mal täglich) nutzten. Ich ärgere mich ein wenig, da die Probanten -vom Lehrer bis zur Krankenschwester bunt gemischt -jeweils 300 Franken für die Teilnahme bekommen haben. Die hätte ich mir also ohne großen Aufwand auch dazuverdienen können. Aber vermutlich hätte man eh Schweizer sein müssen, um an der Studie teilzunehmen. Trotzdem, 300 Franken für etwas, was ich sowieso vorhatte? Das Angebot erscheint mir auf alle Fälle besser als die meistenSpam-Mails. Vom Abenteuer zum Ämtli
    Abgesehen von unserer unterschiedlichen Entlohnung sind sich die Teilnehmer der Studie und ich jedoch scheinbar ähnlich. Jedenfalls überraschen mich viele der Ergebnisse, die das Schweizer Magazin »Weltwoche« in einem längeren Artikel zusammenfasst, nicht sonderlich: Das Gefühl, »den Wohnungsschlüssel abgegeben« oder »eine Beziehung beendet zu haben«, hatte ich am Anfang meines Selbstversuchs auch. Das »Gefühl der Abgeschottetheit« und der sozialen Ausgrenzung, von dem Studienteilnehmer anschließend berichteten, ist mir aus meiner »Entzugsphase« ebenfalls bekannt. Und nicht zuletzt konnte auch ich den schrittweisen Wandel vom spannenden Abenteuer der OnlineKommunikation zu einer oft lästigen Pflicht gut nachvollziehen. Oder wie es die Schweizer in ihrer unvergleichlichen Sprache ausdrücken: »Das anfängliche Kommunikationserlebnis hatte sich in ein Ämtli verwandelt, das mindestens einmal am Tag erledigt werden musste«.
    Die Probanten schienen ansonsten eine ähnliche Entwicklung durchgemacht zu haben wie ich: Nach dem ersten Entzugsschock kamen sie nach und nach besser ohne Facebook klar und vermissten es immer weniger. Der Verzicht wirkte sich positiv auf ihr Leben aus, und sie entdeckten alte Beschäftigungen wieder oder ganz neue. Nun gut, so weit wie manche Teilnehmer, die gleich ihren Keller aufräumten, ist es bei mir trotz aller digitalen Entsagungen noch nicht gekommen. Aber der Satz eines Studenten: »Dem Dozenten zuzuhören, ohne parallel noch auf Facebook zu sein, ist schon massiv was anderes«, finde ich so lustig, dass ich ihn am liebsten gleich twittern würde. Wenn ich nur dürfte. Womit ich weniger gerechnet hätte, sind die negativen Reaktionen, die den Abstinenzlern von ihren Freunden entgegenschlugen: Wer nichts mehr mitbekommt, braucht sich nicht zu beklagen, schien der Tenor zu lauten: »Selber schuld, wenn du die Party verpasst, weil du nicht mehr auf Facebook bist«, hieß es zum Beispiel. Gegenüber der Härte, die eingefleischte Online-Fans gegenüber Ausstei-gern an den Tag legen, sind die Amish, die ihren Jüngsten die Freiheit des »Rumspringa« gewähren, ja ein höchst liberaler Haufen. Zum Glück kann ich zumindest diese Erfahrung der Schweizer nicht teilen. Mir wird fast immer mit Verständnis, wenn nicht sogar mit ein wenig Neid begegnet. Und statt Häme bekomme ich manchmal sogar echte Unterstützung in meinem Versuch, auch ohne Internet und Handy ein angenehmes und aufregendes Leben zu führen: »Joachim macht nächste Woche eine Einweihungsparty in seiner neuen Wohnung«, lässt mich mein Freund David per Telefon wissen. »Er hat aber nur per Mail eingeladen, deshalb hast du es wohl gar nicht mitbekommen.« Ich bin tatsächlich gerührt, dass David so für mich mitdenkt -und komme aus dem Gerührtsein gar nicht mehr heraus, als einen Tag später Joachim selbst anruft, um mir am Telefon von seiner Party zu erzählen. Es ist ein gutes Gefühl, Freunde zu

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