Ich bin dein, du bist mein
auf.
Jan machte ein Gesicht, als verstünde er. »War vielleicht doch keine gute Idee, das mit der Aussprache.« Er packte seinen immer noch nassen Rucksack und stand auf.
»Red keinen Unsinn.«
»Meinst du, wir könnten noch mal von vorne anfangen?«
Judith holte tief Luft. »Sieh erst mal zu, dass du deine Probleme auf die Reihe kriegst, okay?«
Ein Lächeln huschte über Jans Gesicht. »Also darf ich dich anrufen?«
»Natürlich, du Blödmann«, sagte Judith fast schon liebevoll.
Jan wurde ein bisschen rot.
Sie gingen so dicht an ihm vorüber, dass sie ihn fast streiften. Ein Hauch von Judiths Parfüm wehte zu ihm herüber und machte ihn ganz benommen. Er blickte den beiden hinter seiner Zeitschrift hervor heimlich nach.
Erst als sie draußen waren, überließ er sich seiner Wut. Das war nicht geplant! Ganz und gar nicht! Die beiden durften nicht wieder zueinanderkommen! Unter keinen Umständen!
Judith gehörte ihm! Sie war für ihn bestimmt – und nicht für diesen lächerlichen Schwächling, der vor ihr herumkroch.
Er musste nachdenken. Ein Gegenmittel finden. Sofort.
Die Bedienung trat an seinen Tisch und fragte ihn, ob er noch etwas trinken wolle. Ungeduldig bestellte er einen grünen Tee, seinen zweiten. Er musste sich beruhigen. Und diesen Jan aus dem Verkehr ziehen. Aber wie?
Mittlerweile zitterten seine Hände nicht mehr so stark. Nur sein Herz schlug immer noch schnell.
Er musste seine Pläne ändern.
Er musste nach Hause.
Den Rest des Tees ließ er stehen und zahlte. Er gab nicht zu viel und nicht zu wenig Trinkgeld, gerade so, dass man sich nicht mehr an ihn erinnern würde. Gut, dass das Lokal heute so voll war. Es gab viele einzelne Gäste an kleinen Tischen, die meisten hatten ihr Notebook aufgeklappt. Bestimmt hatte sich kaum einer von ihnen die Mühe gemacht, die Sicherheitseinstellungen anzupassen. Leichte Beute. Aber nicht seine.
Er verließ das Café und ging zu seinem Auto, das er nicht in einer überwachten Tiefgarage abgestellt hatte, sondern in der Parkzone am Straßenrand.
Er stieg ein, drehte den Zündschlüssel um und fuhr los. Sein Auto war ein knapp zehn Jahre alter Mercedes Kombi, silbern lackiert, mit einem Nummernschild, dass man sich nur merken konnte, wenn man Zeit hatte, zweimal hinzuschauen.
Die Fahrt aus der Stadt hinaus dauerte etwas länger als der Herweg. Der nachmittägliche Berufsverkehr verdichtete sich langsam, doch als er die Autobahn in Richtung Norden verlassen hatte und in die Wetterau fuhr, gab es keine Staugefahr mehr.
Eine halbe Stunde später erreichte er den Hof und parkte den Wagen in der Scheune. Es hatte wieder angefangen zu regnen, sodass er im Zickzack um die tiefen Pfützen herumlaufen musste, die sich auf dem alten, schmutzigen Kopfsteinpflaster gebildet hatten.
Gabriel schloss die klemmende Haustür auf, zog seine schmutzigen Schuhe im dunklen Flur aus und ging in die Küche, um ein Glas Wasser zu trinken. Nachdem er es zur Hälfte geleert hatte, schmetterte er es wütend gegen denalten Gasherd. Die Trümmer zerschellten in tausend Scherben auf dem gefliesten Boden. Dann atmete er tief durch und versuchte sich zu konzentrieren.
Noch war nicht alles verloren. Noch konnte er die Dinge beeinflussen. Aber er musste schnell handeln. Und ohne jeden Skrupel. Er holte Handfeger und Kehrblech aus der Besenkammer, um die Glasscherben einzusammeln.
Natürlich könnte ich diesen Jan einfach töten, dachte Gabriel, als er die letzten Splitter auffegte. Nichts leichter als das. Und es würde ganz wie ein Unfall aussehen. Doch was würde mir das nützen? Judith würde Jan für den Rest ihrer Tage hinterhertrauern.
Nein, er musste nicht Jan zerstören, sondern seinen Ruf. Jan musste in Judiths Augen zu einem Monster werden.
Natürlich wusste Gabriel, wo Jan wohnte.
Er kannte ja seine Gewohnheiten.
Und er kannte jedes seiner kleinen Geheimnisse. Doch keines davon konnte für Gabriel zur Waffe werden. Also würde er – wie immer – dem Leben etwas nachhelfen müssen. Nur leider begann ihm die Zeit davonzulaufen: Ein zweites Treffen zwischen Jan und Judith konnte er auf keinen Fall riskieren. Schon jetzt waren sich die beiden wieder viel zu nahegekommen.
Ganz ruhig.
Ziel anpeilen.
Konzentrieren.
Zerstören.
Sein Rechner war noch an. Er vergewisserte sich, dass seine IP -Adresse verschleiert war – eine Prozedur, die ihm in den letzten Monaten in Fleisch und Blut übergegangen war. Er startete Skype und setzte seine Markierung auf
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