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Ich bin dein, du bist mein

Ich bin dein, du bist mein

Titel: Ich bin dein, du bist mein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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er Judiths Unruhe spürte.
    »Nein, Dicker, das hat wirklich nichts mit dir zu tun«, sagte sie leise, ohne den Blick vom Monitor zu wenden. Sie seufzte und aktualisierte noch einmal den Nachrichteneingang.
    Kim meckerte und forderte Judith dazu auf, sich endlich bei ihr zu melden. Sie mache sich Sorgen und wolle wissen, wie es Judith gehe. Ob sie sich tatsächlich mit Jan getroffen habe. Und wenn ja, wie das Treffen denn ausgegangen sei.
    Judith bestätigte Kims Vermutungen, gab aber deutlich zu verstehen, dass sie im Moment nicht darüber reden wolle. Danach öffnete sie das Skype-Fenster. Keine Spur von Gabriel.
    Da kam noch eine Mail von Kim – mit dem Vorschlag, am Abend ins Kino zu gehen. Judith war hin und her gerissen. Einerseits hatte sie Lust auf ein wenig Abwechslung. Andererseits hatte sie keine Lust, das fünfte Rad am Wagen zu spielen. Also sagte sie ab mit der Begründung, sie müsse für die Schule lernen. Warum meldete sich Gabriel bloß nicht?
    Nervös trommelte sie mit den Fingern auf der Tischplatte und stand dann auf. Ihr Magen knurrte. Sie ging hinunter in die Küche, machte sich ein Käsebrot, schnitt sich einen Apfel klein und klemmte sich einen Karton Mangosaft unter den Arm. Schon auf der Türschwelle zu ihrem Zimmer sah sie die grüne Anwesenheitsanzeige. Gabriel war online.
    Judith steckte sich ein Stück Apfel in den Mund und öffnete das Chat-Fenster.
    Gabriel: Tut mir leid, wenn es etwas länger gedauert hat. Von Richthofen hatte einen Rückfall in Sachen Blasenschwäche. Und da ich heute Abend noch einen Kunden erwarte, wollte ich erst einmal gründlich sauber machen.
    Judith: Kein Problem. Ich war auch beschäftigt.
    Wie leicht ihr das Lügen fiel.
    Gabriel: Wie kommst du mit dem Lernen voran?
    Wahnsinn. Konnte der Typ etwa Gedanken gelesen?
    Judith: Ganz schön vertrackt. Biologie. Zitronensäurezyklus. Ich hab nicht den blassesten Schimmer.
    Gabriel: Ah, die Umwandlung von ADP in ATP und wieder zurück. Kenne ich. Habe ich auch gehasst.
    Sie zögerte einen Moment.
    Judith: Erzähl mir mehr von dir.
    Gabriel: Was willst du wissen?
    Judith: Wo bist du geboren? Wo lebst du?
    Gabriel: Ich komme aus Frankfurt und da wohne ich immer noch.
    Er lebte in derselben Stadt!
    Judith: Ich auch. In Preungesheim.
    Gabriel: Du bist sehr freizügig mit deinen Informationen.
    Judith: So freizügig auch wieder nicht. Du kennst meinen Nachnamen nicht, auch nicht meine Adresse. Und ich glaube, in Preungesheim wohnen noch ein paar Leute mehr.
    Gabriel: Stimmt. Ich lebe in Sachsenhausen. In der Nähe der Schweizer Straße.
    Judith: Wow! Teures Pflaster.
    Gabriel: Ja, und eine nicht gerade hundefreundliche Gegend. Das hab ich schon zu spüren bekommen. Aber ich wohne allein und brauche nicht viel Platz. Deshalb ist mein Apartment einigermaßen bezahlbar.
    Judith biss von ihrem Brot ab. Eigentlich hatte sie keine Lust, sich mit Gabriel über die Frankfurter Lebenshaltungskosten zu unterhalten. Sie trank einen Schluck Saft und überlegte kurz.
    Judith: Wie sieht denn dein Tag so aus?
    Gabriel: Wie gesagt, der hat sich in der letzten Zeit geändert. Früher habe ich ausschlafen können, aber spätestens morgens um acht fordert von Richthofen seinRecht ein. Dann muss ich mit ihm raus. Auf dem Rückweg hole ich dann Brötchen und frühstücke erst mal. Nicht viel. Es gibt Butter und Marmelade, dazu einen Kaffee. Anschließend kümmere ich mich um meine E-Mails, telefoniere ein wenig und arbeite. Mittags lasse ich mir meist etwas kommen. Ich kann nicht kochen, habe aber auch ehrlich gesagt keine Lust, mich an den Herd zu stellen. Dann mache ich ein Mittagsschläfchen – neidisch geworden? – und arbeite weiter, bis sich von Richthofen ein zweites Mal meldet. Dann machen wir einen ausgedehnten Spaziergang, unten am Main entlang. Abendessen, arbeiten und dann ins Bett. Das ist es.
    Judith: Klingt nicht gerade abwechslungsreich.
    Gabriel: Nein, ist es auch nicht.
    Judith: Keine Freunde?
    Gabriel: Nein, nicht sehr viele. Ehrlich gesagt bin ich auch kein Herdentier. Auf Partys hab ich immer schon nach zehn Minuten einen Fluchtreflex. Ab und zu verabrede ich mich mit ein paar Freunden. Bin so ganz zufrieden. Ich bin mein eigener Herr und kann tun und lassen, was ich will.
    Judiths Finger schwebten einen Moment über der Tastatur.
    Judith: Wollen wir uns mal treffen?
    Nach ein paar Sekunden kam die Antwort.
    Gabriel: Vielleicht. Mal sehen.
    Judith spürte, wie dieser kleine Rausch, der sie erfasst hatte,

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