Ich bin dein - Geheime Sehnsucht
Träger weder gewagt noch vulgär. Bodenlang, bauschte es nur leicht um die Beine. Ich war begeistert.
Ich legte so gut wie nie Make-up auf, hatte allerdings Felicia Kelly zur besten Freundin: Wenn ich mit ihr unterwegs war, kam ich an keiner Kosmetikabteilung vorbei und kannte so das kleine Einmaleins des Aufhübschens. Ich steckte mein schulterlanges Haar, so gut es ging, hoch und blickte in den Spiegel. »Gar nicht schlecht, Abby«, sagte ich mir. »Ich denke, du kannst den Auftritt wagen, ohne dich oder Nathaniel zu blamieren.«
Bei einem kurzen Stopp in meinem Schlafzimmer schlüpfte ich in die High Heels und eilte, zugegebenermaßen aufgeregt wie ein Teenager bei der ersten Verabredung, die Treppe zur Eingangshalle hinab.
Fast unten angekommen, hielt ich unwillkürlich inne.
Nathaniel wandte mir den Rücken zu. Er trug einen langen Wollmantel und hatte ein dunkles Tuch um den Hals geschlungen. Sein Haar saß auf dem Kragen auf. Als ich ganz unten war, drehte er sich um.
Ich hatte ihn in Jeans und in einem Anzug gesehen. Aber kein irdischer Anblick glich dem Nathaniels im Smoking.
»Du siehst wunderschön aus«, sagte er.
»Danke, Herr«, bekam ich heraus.
Er hielt mir ausgebreitet einen schwarzen Umgang hin. »Können wir?«
Ich nickte und schwebte wie auf Wolken zu ihm. Ich wusste nicht, wie, aber er hatte es geschafft, dass ich mich schön fühlte.
Er drapierte den Umhang um mich und strich mit den Händen sanft über meine Schultern. Unwillkürlich blitzten in mir Bilder der letzten Nacht auf. Ich erinnerte mich an diese Hände und das, was sie mit mir getan hatten.
Ich konnte es nicht anders sagen: Als wir hinausgingen, war ich nervös. Nervös, dass ich in der Öffentlichkeit mit Nathaniel gesehen würde. Er hatte mir gesagt, dass er nicht auf öffentliche Demütigungen stehe. Ich hoffte, es so deuten zu können, dass er nicht von mir verlangen würde, ihm am Speisetisch einen zu blasen. Und ich war nervös, seiner Familie zu begegnen. Was würde sie von mir halten? Er ging gewöhnlich mit Frauen aus der High Society aus, nicht mit Bibliothekarinnen.
Der Januar in New York ist gewöhnlich kalt, und dieser war einer der kältesten aller Wetteraufzeichnungen. Aber Nathaniel hatte an alles gedacht. Der Wagen erwartete uns mit laufendem Motor und war innen angenehm warm. Ganz Kavalier, öffnete er mir die Beifahrertür und schloss sie hinter mir.
Wir fuhren lange schweigend dahin. Als er schließlich das Radio andrehte, erfüllten die sanften Klänge eines Klavierkonzerts den Innenraum.
»Welche Art von Musik magst du?«, fragte er.
Die Melodie wirkte auf mich beruhigend. »Das Stück gefällt mir.«
Es blieb die einzige Unterhaltung während unserer Fahrt zur Wohltätigkeitsveranstaltung.
Als wir ankamen, kümmerte sich ein Hotelmitarbeiter um den Wagen. Wir schritten durch den Eingang des Gebäudes. Ich wohnte schon so lange in New York, dass ich an Wolkenkratzer und Menschenmengen gewöhnt war. Aber als ich an diesem Abend als Teil der High Society, die ich sonst nur von Weitem beobachtete, die Treppen hinaufschritt, war ich schlicht überwältigt. Zum Glück hatte Nathaniel seine Hand auf mein Kreuz gelegt, was mich seltsam beruhigte.
Mit einem tiefen Atemzug wartete ich, bis er der Garderobiere meinen Umhang und seinen Mantel überreicht hatte.
Nur Minuten nach unserer Ankunft schritt Elaina mit einem hochgewachsenen, gut aussehenden Mann im Schlepp auf uns zu. »Nathaniel! Abby! Da seid ihr ja!«
»Guten Abend, Elaina!«, antwortete Nathaniel mit schräg gelegtem Kopf. »Ich sehe, du hast Abby schon kennengelernt.« Mit einer hochgezogenen Augenbraue wandte er sich mir zu. Ich hatte ihm von Elainas Besuch nichts gesagt, wohl weil ich befürchtete, er könnte unsere Begegnung missbilligen.
»Ach, entspann dich, Nathaniel.« Elaina schlenkerte ihm ihr Handtäschchen gegen die Brust. »Ich habe mit Abby eine Tasse Tee getrunken, als ich heute bei dir vorbeikam – also jawohl, wir kennen uns bereits.« Sie wandte sich mir zu. »Abby, das ist mein Mann Todd. Todd, das ist Abby.«
Wir gaben uns die Hand. Todd wirkte sympathisch und warf, anders als seine Frau es getan hatte, keinen schockierten Blick auf mein Halsband. Ich sah mich um: Waren Jackson und Felicia schon da?
»Nathaniel«, sagte eine Stimme.
Eine Frau mit geradezu königlicher Grazie und Eleganz stand vor uns. Aber sie blickte aus freundlichen Augen und lächelte einladend.
Ich wusste sofort: Das musste Nathaniels Tante
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