Ich bin dein Mörder: Thriller (Sam Burke und Klara Swell) (German Edition)
dieser Tätertypus nicht aufhören würde zu morden. Möglicherweise unterbrach er seine Serie während der Zeit, in der er die Briefe verfasste, sofern sie ihm als Ventil dienten. Aber spätestens wenn er Sam seinen letzten Mord geschildert hatte, würde er weitermachen. Sadistische Soziopathen hörten niemals auf. Sie mordeten, bis sie erwischt wurden. Oft jahrelang. Deshalb war man bei dem legendären Zodiac-Killer davon ausgegangen, dass er gestorben sein musste, als die Morde aufhörten. Sei es durch einen Unfall oder eine Krankheit, jede andere Möglichkeit hatten die Ermittler in Kalifornien ausgeschlossen. Alles war wahrscheinlicher, als dass diese Serie unterbrochen wurde. Unterbrochen wurde in diesem Moment allerdings Sam, und zwar vom Schlüsselklimpern an der Wohnungstür. Klara. Hastig schloss er das Programm und klappte den Laptop zu. Er drehte die Lampe über seinem Schreibtisch aus und beeilte sich, in die Küche zu kommen, wo er schon zwei Gläser für den Weißwein vorbereitet hatte. Als er hörte, wie Klara im Flur ihre Boots auszog, nur um sie wie immer achtlos dort liegen zu lassen, wo sie auf den Boden gefallen waren, zog er den Korken aus der Flasche. Klara begrüßte ihn mit einer Umarmung, einem schnellen Kuss und einem noch schnelleren Griff nach dem Weinglas.
»Wir müssen etwas besprechen, Sam«, sagte sie mit einem dieser Blicke und lief ins Wohnzimmer.
»Aha«, sagte Sam und füllte Eiswürfel in einen Sektkühler. Er stopfte die Flasche dazwischen, nahm sein Glas und stellte sich in den Türrahmen. Klara lehnte an seinem Schreibtisch. Als sie die Schreibtischlampe einschalten wollte, hielt sie kurz inne. »Woran hast du gearbeitet?«, fragte sie. Hatte die Frage neutral geklungen?, fragte sich Sam. Sie kann nichts ahnen. Vermutlich hatte sie nur die Restwärme der Glühbirne gespürt und einen Schuss ins Blaue abgegeben.
»An nichts Bestimmtem«, antwortete Sam und wusste, dass es dünn klang. Aber ihm fiel einfach nichts Passenderes ein, seine Gedanken waren immer noch bei Toms Profil.
»Sam, was verheimlichst du mir? Wo warst du vorletzte Woche?«
»Wie meinst du das?«, fragte Sam. »Wo soll ich gewesen sein?« Sam hatte angenommen, dass sie ihm etwas erzählen wollte. Dass sie deshalb nach Boston gekommen war und ihn seit ihrer Ankunft mit diesem Über-den-Glasrand-Blick belauerte. Wie war er in die Defensive geraten?
»Na ja«, sagte sie. »Vermutlich geht es mich nichts an, aber der Kilometerstand vom Boss …«
»Ich hab mich einfach verfahren, Klara. Und außerdem war ich noch mal bei Snow. Mir ging da einfach etwas nicht aus dem Kopf, was er mir gesagt hat, als ich mit meinen Studenten da war.«
Klara sagte eine Weile nichts, und Sam witterte seine Chance, dass er mit dieser Ausrede durchkam. Er würde es zumindest versuchen: »Worüber wolltest du eigentlich mit mir reden? Einen deiner Fälle?«
»Nicht ganz, Sam«, murmelte Klara. »Eigentlich müssen wir über Adrians Stiftung reden. Aber ich kriege es trotzdem noch nicht ganz aus dem Kopf, dass der Kilometerstand vom Boss zwar auch mit einem Abstecher zum Knast und zur Mall ungefähr hinkommen würde, aber dass es eben auch die Strecke nach Quantico sein könnte.«
In diesem Moment wusste Sam, dass sie ihm kein Wort glaubte. Und dass sie auch nicht glaubte, dass er wegen etwas »nicht Bestimmtem« vom Schreibtisch aufgesprungen war, als sie gekommen war. Ihm wurde in diesem Moment wieder einmal bewusst, was es hieß, mit Klara Swell zusammen zu sein. Er nippte an seinem Weißwein.
»Was gibt es denn Neues von seiner Stiftung?«, fragte Sam. »Hat er sie jetzt endlich gegründet?«
»Oh ja, Sam«, sagte Klara. »Und rate mal, wer die neue Geschäftsführerin ist.«
»Pia natürlich«, antwortete Sam wie aus der Pistole geschossen. »Wer denn sonst?«
Klara zog eine Augenbraue nach oben und starrte in ihr Glas. Die Erkenntnis traf Sam wie ein Schlag. Für einen Moment hatte er sogar die Briefe vergessen.
Kapitel 12
Manhattan, New York
Dienstag, 10. Juli
Adrian drückte zum dritten Mal auf die Klingel der Kanzlei. Das altehrwürdige Steinhaus an der noblen Upper East Side wirkte wie eine kleine Trutzburg, obwohl es nicht einmal besonders groß war. Nur gedrungen, gequetscht zwischen zwei andere, größere Stadtvillen. Man konnte Stein nicht nachsagen, dass er zum Protzen neigte. Die Kanzlei war in der Beletage, in den beiden Stockwerken darüber wohnte Stein selbst. Wobei das Gesamtensemble in dieser Lage
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