Ich bin dein Mörder: Thriller (Sam Burke und Klara Swell) (German Edition)
Beamten, dass ich leider mit einem besonders guten Schlaf gesegnet sei, aber dass ich gerne die Augen offen halten würde. Es sollte sich herausstellen, dass Vandalismus in einem bürgerlichen, nicht einmal besonders gut situierten Viertel deutlich mehr Engagement bei der Polizei weckte als der Tod einer sechsundzwanzigjährigen Prostituierten vom Straßenstrich.
Das nächste Mal erzähle ich dir davon, wie ich herausfand, was ich wirklich will. Interessierst du dich für die Geschichte, Sam? Ich hoffe doch. Und ich hoffe, dass du mittlerweile mit meinem Profil angefangen hast. Das hast du doch sicher, Sam, oder nicht?
Tom
—
Tom fühlte sich seltsam erleichtert nach diesem Brief. Charlene war die, die sein Gewissen am meisten belastete. Dieser Mord hatte sich im Nachhinein als die unsinnigste seiner Taten herausgestellt, denn er war der einzig sinnlose geblieben. Und doch war es möglicherweise der wichtigste von allen, denn er hatte ihm gezeigt, was das Tier nicht wollte. Er hatte ab diesem Tag keinen Sinn mehr darin gesehen, jungen Frauen ihre Zukunft zu nehmen, die ihm nichts bedeuteten. Der Preis war zu hoch.
Er kostete von den Trauben auf seinem Wohnzimmertisch und starrte eine Weile auf die sich kräuselnden Wellen des Ozeans. An jenem Tag hatte er noch nichts von diesen Konsequenzen geahnt, aber sie würden weitreichend sein und sein weiteres Leben bestimmen. Es war eine Ironie des Schicksals, aber vermutlich hatte Charlene mit ihrem Tod an jenem Tag viele Leben gerettet.
Die Trauben schmeckten süß und saftig, und der Ozean war ein guter Zuhörer. Tom nahm den Brief vom Tisch und machte sich auf den Weg. Er konnte die Briefe gemäß seinem Plan nur in New York aufgeben. Was zusätzlichen Aufwand bedeutete, aber unausweichlich war. Denn auch darin hatte er Sam Burke nicht belogen. Er wollte tatsächlich nicht gefasst werden. Zumindest noch nicht. Nach dieser letzten Saison würde er in ein anderes Land ziehen. Aber diese eine Chance, auch das entsprach seinen ehrlichen Absichten, würde er seinen Jägern geben. Und er hoffte, dass Sam Burke sie ergriff. Um seinetwillen.
Kapitel 15
Acela Express Boston – Washington
Donnerstag, 12. Juli
Sam Burke starrte aus dem Fenster des Acela Express auf die Bucht von Mystic. Er betrachtete die kleinen Segelboote, die, an Holzstegen vertäut, im schummrigen Morgenlicht eines neuen Tages schaukelten. Sam kannte den kleinen ehemaligen Fischerort, in dem sich traditionell viele Kapitäne niedergelassen hatten, recht gut. Ein ehrlicher Ort, in dem in früheren Jahrhunderten aus einem Maurer mit hinreichend Mut zu einem Neuanfang ein reicher Mann hatte werden können. Es war eines jener Ostküstenstädtchen, in denen sich das Böse auf Sturmfluten beschränkte, denen sich die Gemeinschaft der Menschen vereint entgegenstellte. Eine starke Gemeinschaft. Und doch brauchte es nur einen wie seinen Briefschreiber, ein einzelnes Individuum, das das Böse in sich trug, um die heile Welt zu zerbrechen. Sam fragte sich, wohin Toms Reise führen würde, zu der er ungefragt eingeladen worden war. Wo würde er sich niederlassen nach seiner ersten Erfahrung mit dem Tod? Spätestens seit dem Mord an der Prostituierten, den er sogar noch zu vermeiden versucht hatte, indem er sich nicht mit seinen Kommilitoninnen einließ, war klar, dass er von seinen Zwängen geleitet wurde. Und Sam war sich sicher, dass Tom nicht mehr in der Stadt wohnte, in der er zu der Zeit studiert hatte, allzu freimütig hatte er diesbezügliche Hinweise preisgegeben. War ihm möglicherweise eine junge Frau aus Mystic, Connecticut, zum Opfer gefallen? Aus dem Ort, durch den er gerade fuhr? Welche Qualen hatte sie erleiden müssen? Es hatte etwas mit einem winzigen Moment zu tun, mit der Schwelle zwischen dem Leben und dem Tod, zwischen dem Diesseits und dem Jenseits. Für Tom hatte sich der Moment des Verlusts mit einem sexuellen Höhepunkt unheilvoll verschmolzen. Es ging ihm dabei vermutlich nicht nur um die Asphyxie, die Atemnot, die sowohl er als auch sie verspürt hatten. Tom hatte recht, er war mit seinem Asphyxiefetisch nicht alleine. Sie konnte die Lust steigern und galt als eine der ältesten sexuellen Praktiken der Welt. Es war eine gefährliche Waffe der Lust, besonders wenn Drogen im Spiel waren. Asphyxie war eine häufige Todesursache, allerdings für einen Arzt auch nicht gerade schwer zu erkennen. Die Pressmale am Hals, die typischen roten Flecken in den Augen. Den Erstickungstod zu
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