Ich bin dein Mörder: Thriller (Sam Burke und Klara Swell) (German Edition)
Eis. Und Marin wird niemals genehmigen, eine Exhumierung gegen den Willen der Angehörigen zu beantragen.«
»Sie wollen, dass wir mit denen reden? Eine gute Idee«, sagte Stein.
»Das perfekte erste Projekt für unsere Stiftung, Klara. Gute Arbeit!«, fügte Adrian hinzu.
Klara rutschte unruhig auf dem Besucherstuhl vor ihrem Schreibtisch herum. Sie wusste nicht, wie sie es ihnen beibringen sollte.
»Genau genommen ist das nicht das, was ich vorschlagen wollte.«
»Nein?«, fragte Adrian erstaunt. »Was denn dann?«
»Sam hat bereits mit den Angehörigen Kontakt aufgenommen und alles probiert, sie zu überzeugen.«
In dem kleinen Büro wurde es still. Schließlich fasste sich Thibault ein Herz: »Und was genau ist Ihr Vorschlag, Miss Swell?« Er benutzte ein scharfes ›s‹, es klang wie ein Tadel für das, was sie im Begriff war auszusprechen.
»Nun ja«, begann Klara. »Bei einer der Kandidatinnen weicht die Prognose über ihre Lebenserwartung am meisten vom tatsächlichen Todeszeitpunkt ab, und …«
Drei Augenpaare starrten sie ungläubig an.
»… sie hat keine Angehörigen mehr. Ihre Eltern starben vor vier Jahren bei einem Fährunglück vor Malta.«
»Sie … wollen vorschlagen, … dass wir …«, stotterte Stein, was Klara bei ihm noch niemals erlebt hatte. Sie nickte. »Sam und das FBI brauchen einen ordentlichen Tritt in den Hintern. Ich weiß, dass Sam den Fall auf Sparflamme fährt, weil er sich an unsere Absprache gebunden fühlt. Aber wenn er es nicht selbst in die Hand nimmt …«
»Er war und ist der Beste«, stellte Stein fest.
»Ja«, bekräftigte Klara. »Niemand kommt dem Täter so nahe wie Sam. Und außerdem ist er es, der die Briefe bekommt. Es ist sein Fall. Er weiß das. Und es macht ihm Angst.«
»Er will dich nicht verlieren, Klara«, sagte Pia.
»Ich weiß. Aber er braucht einen Tritt in den Allerwertesten. Diese Verstorbene ist unsere einzige Chance. Und: Es ist nicht gesagt, dass sie eines der Opfer ist. Sie könnte natürlich auch einfach eines natürlichen Todes gestorben sein. Wünschen Sie uns Glück, Thibault.« Der Anwalt bekreuzigte sich und murmelte: »Ave Maria, steh uns bei.«
Kapitel 20
Boston, Massachusetts
Mittwoch, 18. Juli
Sam Burke saß an der Bar seiner neuen Stammkneipe keine fünf Gehminuten von seiner Wohnung im Bostoner Südosten und starrte auf einen ausgestopften Kaninchenkopf mit aufgestecktem Gamsgeweih, beides offensichtlich nicht echt. Vor ihm stand eine frisch geöffnete Flasche Peroni, ein italienisches Bier, eiskalt auf dem Tresen, der wie ein Parkettboden aus kleinen Stäbchen zusammengeleimt war. In seinen Gedanken hingen an den Enden des Gamsgeweihs kleine bunte Zettel mit Teilen seines Täterprofils. Die Schallplatten, die überall die Wände schmückten, wenn nicht ein schlecht gemalter Akt in die Quere kam, wurden zu den Opfern. Er versuchte wieder und wieder, sie in einen logischen Zusammenhang zu Toms Charakter zu setzen. Und er versuchte, sich Tom geografisch zu nähern. Die Geografie seiner Taten war einer der wichtigsten Bestandteile eines Profils. Neben dem Wie und Warum traf ein Täter bei jedem Mord auch eine Entscheidung über das Wo. Jeder Tatort erzählte den Ermittlern normalerweise seine Geschichte. Ein Spiegel konnte zerbrochen worden sein, ein Hinweis auf mangelndes Selbstwertgefühl oder Reue. Ein Spiegel konnte so gedreht worden sein, dass der Täter sich während der Tat selbst beobachten konnte. Ein Hinweis auf eine narzisstische Persönlichkeit oder auf ein Rachemotiv. Wenig Hinweise waren eindeutig, aber normalerweise ergab sich aus der Gesamtheit aller Einzelheiten ein klares Bild. Nur dass sie in Toms Fall keine Tatorte hatten, die sie untersuchen konnten. Deshalb blieben ihnen nur die Opfer – und eben die Geografie. Den wirklichen Durchbruch hatte ihnen Shirin geliefert: eine Liste unnatürlich gehäufter Todesfälle todkranker, aber junger Frauen. Alle an der Ostküste. Tom war nach seinen Studien umgezogen. Was zu seinem Profil als Planer passen würde. An einer Universität eingeschrieben zu sein hieß automatisch, Spuren zu hinterlassen. Shirin arbeitete bereits daran, die Server der Unis an der gesamten Westküste anzuzapfen. Du bist umgezogen, Tom. Aber wohin? Laura Tennenboom, 26, starb am 14. Oktober 1995 in ihrer Zweizimmerwohnung in Greenboro, North Carolina, angeblich an Herzversagen aufgrund einer Vorerkrankung, eines chronisch entzündeten Herzmuskels. Sie wurde von ihrer Schwester
Weitere Kostenlose Bücher