Ich bin dein Mörder: Thriller (Sam Burke und Klara Swell) (German Edition)
ihm diese Tatsache bewusst gewesen sein, als er sich entschlossen hatte, die Informationen über seine Studien bereitwillig zu teilen. Sam hatte das bereits vermutet, sich aber an den Strohhalm geklammert, dass Shirin irgendwo in dem Datenstrom, der sich von der Sammelwut der Behörden nährte, etwas zu finden.
»Wenn ich an die Kreditkartendaten herankäme, könnte ich vielleicht etwas ausrichten«, sagte Shirin. »Aber ohne eine konkrete Verdächtigenliste dürfte das kaum durchführbar sein.« Sie hatte natürlich recht.
»Was ist mit seinem Namen? Wir wissen, dass er sich Tom nennt und dass er sich in dem Krankenhaus als ein Timothy ausgegeben hat.«
»Du meinst, dass er den absichtlich ausgesucht hat, weil die Vornamen ähnlich sind?«
»Zumindest wissen wir, dass Täter, die Pseudonyme verwenden, dabei häufig die Anfangsbuchstaben ihrer Namen behalten. Ich vermute, das dürfte auch auf Tom zutreffen.«
»Was die Suche natürlich enorm einschränkt«, wendete Shirin sarkastisch ein.
»Ich weiß, dass das nicht reicht«, sagte Sam und starrte wieder auf den Kaninchenkopf. »Was ist mit den Exhumierungen?«
Bennett lachte lauthals: »Glaubst du ernsthaft, dass ich damit bei Marin war? Das kann nicht dein Ernst sein.«
»Ich weiß, ich weiß«, seufzte Sam. »Es ist nur so ein Gefühl, aber ich glaube, dass wir nicht mehr viel Zeit haben.«
»Sie glauben, dass er, noch während er Ihnen schreibt, sein nächstes Opfer sucht?«
»Da bin ich mir sogar sicher. Wenn wir die beiden Studienjahre abziehen und annehmen, dass zwischen dem ersten und zweiten Mord etwa zweieinhalb bis drei Jahre lagen, dann dürfte er – eine übliche Progression eingerechnet – mittlerweile zweimal im Jahr einen Kick brauchen.«
»Progression?«, fragte Shirin.
»War es ein Fehler, dass sie die Agententrainingszeiten für IT-Spezialisten verkürzt haben?«, fragte Bennett.
»Nein«, sagte Shirin und versuchte, mit dem Strohhalm einen Eiswürfel aus ihrem leeren Drink zu fischen. »Ein Wort als Frage, ein Satz als Antwort, und wir können weitermachen.«
Sam grinste: »Normalerweise stumpfen Wiederholungstäter im Laufe ihrer Serie ab. Sie brauchen schneller neue Opfer, oder sie steigern die Brutalität ihrer Akte immer weiter. Da es sich bei Tom nicht um einen reinen Sadisten handelt, der immer mehr Lust an immer größeren Qualen seiner Opfer gewinnen kann, tippe ich auf eine Frequenzsteigerung. Ergo Progression.«
»Sehen Sie?«, fragte Shirin an Bennett gerichtet. »Ein Satz.«
»Genau genommen dreieinhalb«, präzisiere Bennett.
»Der erste Brief kam vor fünf Wochen«, fuhr Sam unbeirrt fort. »Wenn er seine Methode beibehalten hat, und dafür spricht alles an seinem Profil, dann hat er eine lange Vorlaufzeit für seine Taten. Er sucht seine Opfer sorgfältig aus, er hat nicht nur einen speziellen Typ im Sinn, sondern er braucht gewisse Krankheitsbilder, die nicht gerade häufig vorkommen. Und …«
»Du hast noch eine Theorie, Sam. Das sehe ich dir an. Immer wenn du so auf eine Flasche Bier starrst, ohne zu trinken, hast du eine Theorie.«
Bennett kannte ihn besser als sonst irgendjemand. Außer Klara natürlich, und zwischen den beiden wäre ein Fotofinish erforderlich.
»Ich bin mir noch nicht sicher …«
»Sam«, tadelte Bennett. »Wenn wir dir nicht glauben würden, wären wir nicht hier. Du kannst das nicht vor uns verheimlichen.«
Beide starrten ihn an.
»Ich fand auffällig, dass die gestorbenen Frauen auf Shirins Liste teilweise deutlich älter waren, als es Betty damals war. Normalerweise ändern sie ihren Typus nicht mehr, wenn sie sich einmal festgelegt haben …«
»Und das heißt?«, fragte Shirin.
»Seine Opfer werden älter. Wie Tom auch …«
»Lass dir nicht alles aus der Nase ziehen, Sam.«
»Ich glaube, dass er sich in sie verlieben muss, bevor er sie umbringt.«
»Nicht ich bin verrückt, Sie sind verrückt«, sagte Shirin.
Sam lächelte nicht. Mit einem Seitenblick zu Bennett vergewisserte er sich, dass sein Expartner auch nicht mehr lächelte.
»Und wenn ich mich mit seinem Profil nicht täusche«, setzte Sam hinzu, »dann kennt das Opfer, das an der Reihe ist, wenn die Briefe die Gegenwart erreichen, seinen Mörder schon.«
Kapitel 21
Chapel Hill, North Carolina
Dienstag, 7. August
An einer Tankstelle suchte Klara Swell in ihrem Smartphone nach einem Sportgeschäft und programmierte das Navigationssystem. Als sie sich wieder in den Verkehr auf der 501 einreihte, dachte
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