Ich bin dein Mörder: Thriller (Sam Burke und Klara Swell) (German Edition)
sie darüber nach, was ihr Pia nach der letzten Stiftungssitzung erzählt hatte. Secret Service. Das bedeutete Regierung. Höchste Kreise der Regierung. Klara konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie ein toter Chauffeur, der für eine Firma aus Washington in New York gefahren war, mit der Regierung zusammenhing. Das NYPD ging davon aus, dass es sich bei dem Tod des Mexikaners um einen Racheakt der Drogenkartelle gehandelt hatte. Und bisher hatte sie keinen Grund gehabt, daran zu zweifeln. Natürlich beunruhigte es Adrian und Pia, dass ihr Geldgeber in Drogengeschäfte verwickelt sein könnte, das war nur verständlich. Aber Bundesagenten? Das gab der Geschichte eine ganz andere Bedeutung. Es konnte gut oder schlecht sein, wer vermochte das zum jetzigen Zeitpunkt schon zu sagen? Einerseits könnte es sein, dass Enrigo Hernandez ein verdeckter Ermittler gewesen war. Dann wäre der Limousinenservice möglicherweise eine Tarnfirma, und es wäre durchaus logisch, dass ein Bundesrichter sich dafür interessierte. Dann wäre das kein schlechtes Zeichen. Andererseits wäre es auch möglich, dass es eine Verschwörung gab, die zum Ziel hatte, die Stiftung zu unterwandern oder zu zerstören. Der Secret Service beschützt Personen nur auf direkten Befehl des Präsidenten. Wenn gerade Wahlen anstanden, auch die Kandidaten. Eine Liste mit beschützten Personen gab es jedenfalls nicht – zumindest nicht offiziell. Pia hatte recht. Sie mussten herausfinden, was es mit dem Geldgeber auf sich hatte. Erst recht seit dem Zusammenstoß mit dem Secret Service. Alleine schon, um die Stiftung vor Schaden zu bewahren. Und weil ein möglicherweise unschuldiger Mann aus Mexiko sein Leben verloren hatte. Denn wenn es sich um eine Verschwörung handelte, mit welchem Ziel auch immer, dann würde es bedeuten, dass er zum Schutz der Hintermänner sein Leben verloren hatte. Sie mussten diejenigen identifizieren, die das Bindeglied zwischen dem Limousinenservice und der Stiftung bildeten. Den Mann auf dem Beifahrersitz oder, falls nötig, seinen Chef. Aber sie konnte den Fall nicht weiterhin Pia und Adrian allein überlassen. Wenn Sam seinen Tritt in den Hintern bekommen hatte, damit er sich endlich ins Zeug legte, dann würde sie sich selbst darum kümmern müssen. Mit dieser Erkenntnis gab Klara Gas.
Zwanzig Minuten später erreichte sie das Sportgeschäft auf der Franklin Street. Kaum hatte sie die Tür des Bosses geöffnet, schlug ihr die geballte Luftfeuchtigkeit der Südstaaten mitten ins Gesicht. Auch in New York war es unerträglich heiß, aber wenigstens wehte ab und zu eine Brise vom Meer über den Hudson in die Stadt. Klara kaufte ein hellblaues Poloshirt mit dem Logo der hiesigen Universität, das sie in der Umkleide gegen ihr Tanktop tauschte, was zugegebenermaßen eine sehr unkreative Variante einer Tarnung darstellte, aber sie wusste, dass es funktionieren würde. Außerdem kaufte sie in einem Buchladen vier dicke Blöcke und Kugelschreiber. Zurück im Wagen, steckte sie ihre Locken zu einer jugendlicheren Frisur hoch, mit der sie – bei einigem Wohlwollen und oberflächlicher Betrachtung – für Ende zwanzig durchgehen mochte.
Sie parkte den Boss einige Straßen vom Krankenhaus entfernt und amüsierte sich auf dem Weg zum Haupteingang darüber, dass sie im Begriff war, etwas ganz Ähnliches zu versuchen wie der Täter vor über zehn Jahren. Nur dass sie vorhatte, eine etwas weniger dezente Methode zu benutzen. Beim Pförtner erkundigte sie sich nach dem Pathologischen Institut. Klara entschied sich statt des schnellsten Weges um das Gebäude herum für eine Route, die sie durch drei unterschiedliche Stationen führen würde. Unterwegs stieß sie mit einer Ärztin zusammen, die später feststellen würde, dass ihr Ausweis nicht mehr am Clip an ihrer Hose hing. Als sie an einem Stationszimmer vorbeilief, in dem eine Schwester über einem Dienstplan brütete, betrat sie zwei Türen weiter eines der Patientenzimmer. »Miss Potter?«, fragte sie.
»Ich heiße nicht Potter, Süße«, sagte eine alte Frauenstimme. Sie musste über achtzig sein und blickte ihr überaus fröhlich aus ihren großen Kissen entgegen. Drei Sträuße mit frischen Blumen standen auf der Fensterbank.
»Sind Sie sich sicher?«, fragte Klara und trat zu ihr ans Bett. »Mir hat man gesagt, dass hier Miss Potter liegen würde.«
»Sehe ich aus wie eine Miss Potter, Schätzchen?«
Klara betrachtete sie eingehend und zwinkerte ihr zu. Währenddessen
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