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Ich bin der Herr deiner Angst

Ich bin der Herr deiner Angst

Titel: Ich bin der Herr deiner Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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Ausschnitte der roh behauenen Wände des Tunnels, der unregelmäßigen Decke oder des Bodens ein, wo sich hier und da Dinge türmten, über deren Herkunft ich nicht so genau nachdenken wollte.
    Doch sobald ich den Lichtkegel bewegte, sah ich das Huschen am Boden, schattenhaft.
    Ratten.
    Nein, Ratten waren nicht meine persönliche größte Angst. Aber in Sachen Ekelfaktor waren sie verdammt weit oben.
    Die Wände waren mit einer glibberigen Feuchtigkeit bedeckt. Ich gab mir alle Mühe, sie nicht zu berühren, während ich mich Schritt für Schritt vortastete, alle paar Meter stehen blieb und lauschte.
    Ich hörte Wasser rauschen, aber es war unmöglich zu sagen, aus welcher Richtung.
    Vor mir, irgendwo vor mir.
    Die Notausgänge hätten dringend mal wieder überprüft werden müssen, hatte Seidel gemurmelt – oder eher gebrüllt, über das Chaos in der Abteilung hinweg –, als er mir den Einstieg gezeigt hatte.
    Falls es irgendwelche Verzweigungen gab, sollte ich mich abwärts halten; dann müsste ich unterhalb der künstlichen Wasserfälle im Dompark wieder herauskommen.
    Ja, das sei der Weg, den Freiligrath genommen haben müsste, über die Zisternenkammer. Ja, das sei der einzige Weg nach draußen.
    Glaubte er sich zu erinnern.
    «Verdammt!», flüsterte ich.
    Das dumpfe Echo ließ mir die Haare zu Berge stehen.
    Ich war bereits an einem halben Dutzend Verzweigungen vorbeigekommen.
    Cornelius. Ich hätte mich irgendwie zu Cornelius und seinem Kommando durchkämpfen müssen, selbst wenn das wertvolle Minuten gekostet hätte. Wir hätten uns hier unten verteilen können, und außerdem …
    Außerdem waren die Männer und Frauen des Einsatztrupps bewaffnet.
    Im Gegensatz zu mir.
    Selbst wenn ich durch pures Glück über den Traumfänger und die anderen stolperte …
    Seine Gefangenen. Seine und Majas Gefangenen.
    Wenn sie noch am Leben waren.
    Schließlich hatte unsere Täterin ihre Opfer nicht mit ihrem bösen Blick getötet.
    Diesem bösen Blick, der selbst dem kleinen Raoul aufgefallen war.
    Wie hatten wir so blind, so unglaublich blind sein können!
    Wobei mir klar war, dass die Vorwürfe, die ich mir machte, ein Nichts waren gegen die mentale Selbstgeißelung, der sich unser Herr und Meister mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in diesen Minuten unterzog.
    Vorausgesetzt, er war noch …
    Ein Geräusch!
    Ich erstarrte augenblicklich, die Diode auf den Boden vor mir gerichtet.
    Dreck. Feuchter, klammer, stinkender Schlamm. Zentimeterdick. Hier war in den letzten Monaten, wenn nicht Jahren, kein Mensch langgekommen.
    Und doch hörte ich Stimmen.
    Ich holte Luft und ließ das winzige Licht verlöschen.
    Dunkelheit.
    Ich spürte die Enge des Tunnels. Meine Blindheit ließ ihn enger werden, als er ohnehin schon war. Erstickend, ohne Luft, von allen Seiten.
    Wie ein Sarg. Wie Professor Möllhaus in seinem Sarg.
    Reiß dich zusammen, Friedrichs!
    Licht. Ein entfernter Schimmer von Licht, unendlich weit weg, so undeutlich, dass ich mir nicht sicher war, ob ich ihn mir nicht nur einbildete. Es dauerte Sekunden, bis ich daran glauben konnte.
    Das Licht war wirklich, und die Stimmen …
    Nun, da mich nichts mehr ablenkte, schienen sie deutlicher zu werden.
    Mit äußerstem Widerwillen tastete ich nach der schmierigen Wand und schob mich vorwärts, zentimeterweise.
    Die Stimmen …
    «Halten Sie den Mund!»
    Das war Albrecht!
    Die Antwort konnte ich nicht verstehen, doch die Stimme, selbst wenn sie kaum mehr Ähnlichkeit hatte mit der Stimme, an die ich mich erinnerte.
    Maja Werden.
    Ich wagte nicht zu atmen. Der Lichtschimmer, jetzt direkt vor mir, aber verschwommen, wie durch einen Duschvorhang, nein, durch das Rauschen der Dusche selbst.
    Ein Schritt …
    Mein Fuß! Der Boden war glitschig, spiegelglatt wie die Wände. Auf einmal hatte ich keinen Halt mehr und keuchte, als ich hart auf den Boden schlug und noch ein Stück nach vorn rutschte wie auf einer abschüssigen Rampe.
    Ich krallte mich fest, in den Wänden, irgendwo.
    Wasser! Rauschendes, stürzendes Wasser, direkt vor mir –
unter
mir.
    Ein Vorhang aus stiebender Gischt, dahinter undeutlich eine Kammer im Gestein, notdürftig erhellt.
    Eine Hölle brodelnden Wassers unter mir, Gestalten.
    ***
    Was ist das?
Wahrheit
?
    Die Pistole in der Hand der Psychologin zitterte, richtete sich mal auf Albrecht und mal auf den Mann, den bisher nur Maximilian Freiligrath ausdrücklich als ihren
Vater
bezeichnet hatte.
    Sie schien tatsächlich auf eine

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