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Ich bin der Herr deiner Angst

Ich bin der Herr deiner Angst

Titel: Ich bin der Herr deiner Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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schön?
    Sokrates, dachte er. Denk an Sokrates! Wenn du nichts weißt …
    Standing on a beach with a gun in my hand
    Staring at the sea, staring at the sand
    Ein blechernes Rumpeln und Scheppern. Friedrichs’ Handy. Ihr Klingelton: Gruftgesänge einer der Düsterkapellen aus ihrer Jungmädchenzeit.
    Sie machte eine entschuldigende Handbewegung, griff in ihre Jacke. «Ja? Habt ihr was?» Sie lauschte. Albrecht glaubte zu erkennen, wie ihre Augen sich weiteten. «Wo?»
    Ihre Hand zitterte, als sie das Telefon sinken ließ.
    «Ein Aufnahmewagen von Kanal Neun ist gerade auf das Friedhofsgelände eingebogen. Außerhalb des Bereichs, für den wir Platzverweise ausgesprochen haben.» Sie holte Luft. «Der Beamte vor Ort ist sich nicht ganz sicher, doch er glaubt, auf dem Beifahrersitz saß Margit Stahmke.»
    ***
    «Wo fahren wir hin?» Unser Herr und Meister klammerte sich an den Haltegriff, als hinge sein Leben davon ab. Er hasste es, wenn ich am Steuer saß, doch in diesem Moment war ich nicht fähig, die Situation zu genießen.
    Mit einer hektischen Bewegung hatte ich das Blaulicht auf das Wagendach gesetzt, das Martinshorn machte uns den Weg frei.
    Oliver Ebert saß schweigend auf der Rückbank. Lehmann, Faber und Euler folgten im Fahrzeug hinter uns, im Schlepptau zwei Einsatzwagen mit Uniformierten.
    «Cordesallee», murmelte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen. «Hauptzufahrt.»
    «Was zur Hölle will sie da? Das ist fast das entgegengesetzte Ende des Friedhofs!» Albrechts Worte kamen nur aus weiter Ferne bei mir an. Reflexionen des Verkehrs auf dem nassen Asphalt. Die Schattenseite des Daseins als Großstadtbulle: Die Autofahrer sind eilige Einsätze gewohnt und weichen selbst bei Blaulicht und Martinshorn erst im letzten Moment aus.
    Mit überhöhter Geschwindigkeit raste ich über eine rote Ampel, scherte auf die Fuhlsbüttler ein, die Kolonne folgte. Bremsen quietschten. Keine Zeit für den Rückspiegel.
    Über uns die Eisenbahnbrücke, dann links der Klotz des neuen Krematoriums, jetzt die Friedhofsverwaltung. Albrecht fluchte, als ich mit sechzig Sachen die Abzweigung nahm und die Hinterräder der Zivilstreife wegrutschten. Um Haaresbreite verfehlte ich die schmiedeeisernen Torpfosten und fuhr auf das Gelände des Friedhofs.
    «Sie könnten höchstens auf die Mittelallee biegen», überlegte der Chef. «Dann kommen sie wieder näher ans Wohngebiet.»
    Ich hämmerte auf den Fernlichthebel. Die Hauptachse des Ohlsdorfer Friedhofs war wie eine schnurgerade Schneise durch einen dichten Wald. Ein, zwei Fahrzeuge kamen uns entgegen, fuhren eilig rechts ran. Ein Stück vor uns …
    «Der Aufnahmewagen!» Ich ging in die Bremsen.
    Das Fahrzeug sah verlassen aus, parkte an einer Art Spukschloss, das urplötzlich zwischen den hohen Bäumen aufragte.
    «Der alte Wasserturm an der Cordesallee», hörte ich Albrecht murmeln. Irgendwie klang er überrascht, dann fiel mir ein, dass es von hier aus nicht weit zu der Wohnung sein konnte, in der er mit seiner Ex gewohnt hatte, bevor sie den Kasten in Ohlstedt gekauft hatte.
    Ich wendete in einem halsbrecherischen Manöver, setzte den Wagen direkt an die hintere Stoßstange des Kanal-Neun-Busses. Wenn Lehmann an der Vorderseite dasselbe machte, würden Stahmke und ihr Team heute Abend nirgendwo mehr hinfahren – jedenfalls nicht, bevor sie uns nicht haarklein erzählt hatten, was sie hier im Dunkeln zu suchen hatten.
    Unser Jüngster war auf Draht. Ich glaubte sogar ein metallisches Schaben zu hören, als er die vordere Stoßstange touchierte.
    «Wo sind sie?» Max Faber kam um den Wagen herum, die anderen Männer waren wie Schatten in seinem Rücken.
    Es war nicht völlig dunkel. Matte Laternen säumten die Straße, und unmittelbar am Wasserturm gab es eine Bushaltestelle, an der allerdings kein Mensch zu sehen war. Der Friedhof hatte zwar bis neun Uhr abends geöffnet, doch bei diesem Wetter war anscheinend niemandem nach einem Abendspaziergang zumute – die Presseleute ausgenommen.
    Der Regen hatte jetzt aufgehört. Im Westen – der Richtung, aus der wir gekommen waren – stand ein blutiges Abendrot. Der Himmel sah aus wie ausgeweidet.
    Blut.
Wo kam die Gänsehaut auf meinen Armen her?
    «Da drüben!» Lehmann wies in Richtung Turm, nein, weiter links. Nach einem Moment sah ich es auch. Lichter zwischen den Bäumen. Lichter, die sich bewegten.
    «Das sind sie!» Albrecht stürmte los, doch er kam nur ein paar Schritte weit. Ein Dickicht wie im tiefsten

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