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Ich bin die, die niemand sieht

Ich bin die, die niemand sieht

Titel: Ich bin die, die niemand sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Berry
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Priester Frye, der von der Erlösung jener spricht, die in Christus sterben.
    XXIV
    »Es war ein Schock, als Maria ihre Verlobung aufgelöst hat«, vertraut Marias Vater dem Müller William Salt auf der Kirchenveranda an. »Aber nach allem was geschehen ist, halte ich es für das Beste.« Er streicht sich über den Bart. »Lucas wirkte vielversprechend. Er hat die Fähigkeiten seines Vaters geerbt. Aber er hat auch das Geheimnis seines Vaters gehütet. Wer weiß, was er noch alles von Ezra geerbt hat. Und jetzt hat Gottes Urteil Ezra getroffen, weil er unsere Waffen gestohlen hat. Wer weiß, was er uns noch genommen hat?«
    William Salt murmelt zustimmend, aber er sieht angestrengt aus. Er trauert noch um seinen Sohn und hat keine Lust, Mr Johnson zuzuhören.
    »Alles in allem«, fährt Marias Vater fort, »hat die Verliebtheit meiner Tochter uns von einer falschen Entscheidung abgehalten. Das zuzugeben bin ich nicht zu stolz.«
    XXV
    Ich liege im Bett und höre Darrel stöhnen. Sie glauben, du hast mit deinem Vater gemeinsame Sache gemacht, um die Schlacht zu gewinnen. Sie glauben, du hättest die ganze Zeit gewusst, wo er war. Abijah Pratt ist jetzt sicher, den Mörder seiner Tochter zu kennen. Und er hat dafür gesorgt, dass auch die anderen es wissen.
    Die Schuldgefühle erdrücken mich. Ich höre die Schreie der brennenden Homelander, sehe den Colonel in die Schlucht springen. Ich hätte nicht an den Geheimnissen der Vergangenheit rühren dürfen. Damit habe ich dir nur Leid heraufgeschworen.
    Aber wie hätte ich ahnen können, was geschehen würde? Und was hätte ich anders machen können? Ich musste dich und den Rest des Dorfs retten, oder etwa nicht? Das war doch Grund genug, zu ihm zu gehen! War es falsch von mir, die Toten zu wecken?
    Der Priester nannte keine Namen, aber er lobte die Helden, die den Angreifern die Stirn boten wie einst die Israeliten – je ein Mann gegen fünfzig Heiden.
    XXVI
    Was wird geschehen? Was wird nun aus dir, auf dessen Schultern die Schuld des Vaters lastet? Nicht einmal ein Kriegsheld bleibt vor den kritischen Blicken der Bewohner von Roswell Station verschont. Werden sie dich vor den Ältestenrat zerren, wie sie es einst mit mir taten?
    XXVII
    Dieses Jahr müssen wir die Ernte ohne Darrels Hilfe einbringen, das Heu für den Winter ohne ihn schneiden. Ich schufte auf den Feldern. Mutter hilft, wann immer sie kann. Die Arbeit macht mir nichts aus, die sengende Sonne dagegen schon. Murmeltiere und Wachteln leisten mir Gesellschaft. Die Arbeit vertreibt dunkle Gedanken. Die Aufgabe, die ich zu bewältigen habe, ist enorm. Ich muss viel schneller arbeiten, als meine Kräfte erlauben.
    Dieses eine Mal brennt Darrel darauf, seinen Pflichten nachzukommen.
    Dieses eine Mal beneidet er mich.
    XXVIII
    Ich lasse Fee auf die Weide. Wieder springt sie leichtfüßig über den Zaun. Diesmal galoppiert sie weiter bis zum Fluss. Ich laufe ihr hinterher, dann besinne ich mich eines besseren und fülle zuerst die Taschen meiner Schürze mit Äpfeln.
    Als ich das Ufer erreiche, hat Fee den Fluss längst überquert. Vorsichtig balanciere ich über die Felsen. Als der Fluss bereits ein gutes Stück hinter mir liegt, rufe ich nach ihr: »Uuh-uuh.« Sie bleibt ab und zu stehen und trottet weiter, wenn sie mich sieht.
    Ihre Verfolgung wird anstrengend.
    Sie läuft direkt zum Tal des Colonels.
    Ich finde sie am Eingang der Klamm. Sie will alle Welt wissen lassen, dass sie den Weg kennt!
    Ich strecke ihr einen Apfel hin. Sie nimmt ihn mit den Lippen auf.
    Ich schlinge ihre Mähne um meine Hand und sie lässt sich widerstandslos nach Hause führen.
    XXIX
    Heute kommt viel Besuch. Erst sieht Priester Frye nach Darrel und rät ihm, an die Heilung zu glauben. Er unterhält sich leise mit Mutter, die ihm regungslos zuhört. Ihr Mund bleibt so gerade wie die tiefen Falten auf ihrer Stirn. Sein Charme, den alle Frauen so schätzen, perlt wirkungslos an ihr ab. Er bemüht sich umso mehr, gibt aber schließlich auf.
    »Ich habe Sie in letzter Zeit sonntags nicht gesehen«, sagt er und greift nach Hut und Mantel.
    Mutter begegnet dem Vorwurf mit einer Handbewegung in Darrels Richtung. »Ich muss mich um meinen kranken Sohn kümmern.« Erst nach einer Weile lässt Priester Frye sich zu einem gütigen Nicken herab.
    Mit einer Hand schon am Türknauf hält er inne: »Jesus hat gesagt: ›Und wenn dich dein Fuß ärgert, so schneide ihn ab. Es ist dir besser, dass du lahm in das Leben eingehst, als dass du zwei

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