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Ich bin die, die niemand sieht

Ich bin die, die niemand sieht

Titel: Ich bin die, die niemand sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Berry
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lässt sich an beinahe jede Situation anpassen. Schweigen und Regungslosigkeit. Ich warte und blicke zu Boden.
    Nach ein paar Minuten geht er ins Dorf zurück. Um mich macht er einen großen Bogen.
    Auf dem Heimweg zeige ich äußerlich keine Regung, aber in meinem Inneren hallen seine Worte wider.
    Ehebruch? Strafe?
    Was hat er vor?
    XXXV
    Ich versuche, es meiner Mutter begreiflich zu machen. Hochzeitsglocken, der Schmied kommt morgen. Sie bombardiert mich mit Fragen, ich nicke oder schüttele den Kopf. In den letzten zwei Jahren haben wir unsere ganz eigene Methode entwickelt, uns zu unterhalten.
    Mutter nutzt ihre Frustration, um ein Dutzend Äpfel zu schälen – sie will Darrel einen Apfelkuchen backen. Wir machen hier unsere eigene Hochzeitsfeier. Oder eine Abschiedsfeier für Darrels Fuß. Mutter ist in Gedanken weit weg und merkt nicht, dass ich mich davonschleiche.
    Fee freut sich über mich und über die Apfelschalen. Ich lasse sie auf die Weide, sehe ihr beim Galoppieren zu und esse einen Apfel. Ganz schwach schmecke ich den Kuchen. Als sei der Geschmack noch da und zugleich eine weit entfernte Erinnerung. Doch der Apfel wird in meinem Magen zu einem harten Klumpen, wenn ich darüber nachdenke, wie das Dorf dich behandelt und was Abijah Pratt mir möglicherweise antun will.
    Seit ich Fee regelmäßig striegele, ist ihr Fell viel weicher. Ihre Mähne glänzt. Irgendwie muss ich das Geld aufbringen, um sie bei Horace Bron beschlagen zu lassen.
    Die Hochzeitsglocken läuten wieder. Die Zeremonie ist vorbei. Vor Gott und den Menschen sind Maria und Leon jetzt eins. Ich gebe Fee das Kerngehäuse meines Apfels und mache mich auf den Weg zu dir.
    Du bist nicht zu Hause. Den ganzen Tag nicht. Irgendwann beginne ich, mir Sorgen zu machen.
    XXXVI
    In der Dämmerung durchkämme ich den Wald nach dir. Noch bevor ich dich entdecke, höre ich das Geräusch deiner Axt. Du schlägst Holz für deinen Anbau.
    Zu dieser Stunde scheinen all die Geschichten vom Magischen und Bösen, das im Wald lauert, mehr als bloße Märchen zu sein. Schatten greifen mit gespenstischen Fingern nach dir. Zu dieser Stunde sollte ein Trauernder nicht allein im Wald sein.
    Zu zweit und mit einer Säge kämst du schneller voran. Du hackst das Holz wie im Wahn. Dein Hemd ist dunkel vom Schweiß. Zwei Bäume hast du schon gefällt. Die blassen Stümpfe ragen aus dem Laubteppich wie ausgefallene Zähne. Neben einem von ihnen liegen der schlafende Jip und eine leere Flasche.
    Die Axt kracht ins Holz, Splitter fliegen umher. Es sind schon Männer an derartiger Anstrengung gestorben. Ich wünschte, du würdest aufhören. Wessen Gesicht siehst du in dem zerhackten Holz?
    Krachend fällt der Baum. Wo er landet, steigt eine Wolke orangefarbener Blätter auf, die der kalte Wind dir entgegen bläst.
    Du ringst nach Luft, wischst dir die Stirn mit dem Hemdsärmel ab und presst dein Gesicht gegen einen Baum.
    XXXVII
    Du gehst in die Hocke. Ich erkenne in dir den Jungen aus Kindertagen. Jip rollt sich neben dir zusammen.
    Du bist tropfnass. Der Wind ist kalt.
    Du legst dich in eine Kuhle. Immer noch umklammerst du die Axt.
    Du schließt die Augen. Ich beobachte dich weiter. Ich mache mir Sorgen – so etwas sieht dir gar nicht ähnlich. Ich weiß, dass du von Jung und Alt verspottet, von Hochzeitsglocken und Erinnerungen heimgesucht wirst. Aber das hier und die Flasche, das bist nicht du.
    Irgendwann schläfst du ein.
    Du bist krank und erschöpft und würdest es nicht einmal merken, wenn ein Baum neben dir umfiele. Aber hier draußen könntest du dir den Tod holen.
    Soll ich dich wecken und uns beide dadurch in eine unangenehme Lage bringen?
    Nein. Ich habe eine bessere Idee. Morgen früh wirst du dich wundern, aber dieser Gedanke gefällt mir.
    Ich laufe zu deinem Haus, hole die Bettdecke und kehre zu dir zurück. Sanft decke ich dich zu und stecke die Decke unter deinem Körper fest. Du bewegst dich im Schlaf, murmelst etwas, wachst aber nicht auf. Langsam löse ich die Axt aus deinem Griff und lege sie hinter dich.
    Der Wind bläst beißend. Du bist nassgeschwitzt.
    Ein schrecklicher, wunderschöner Gedanke macht mich mit einem Mal atemlos. Kann ich etwas so Sündhaftes wagen? Was könnte geschehen?
    Die Sonne ist inzwischen untergegangen. Schatten umgeben uns. Ich nehme meine Haube ab und löse meine Zöpfe. Der Wind streicht über meine Haut, spielt mit meinen Haaren und dringt durch mein Kleid. Er kühlt mein brennendes Inneres.
    Ich krieche unter die

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