Ich bin die Nacht
brächte mich meinem Ziel kein bisschen näher. Es ist mir egal, ob Sie mir das glauben oder nicht. Für Sie allerdings wäre es besser, wenn Sie mir glauben, was ich sage: Sie werden sehr, sehr langsam sterben, sollten Sie es mir nicht verraten.«
Steinhoffs Blick wurde hart. »Also gut. Sie ist unter Bewachung im Krankenhaus von Penrose.«
Ackerman lächelte, doch der Ausdruck erreichte nicht seine Augen. »Sehen Sie? So schwer war es doch gar nicht. Welches Zimmer?«
»Vierzehn-null-acht.«
»Wunderbar. Fahren wir.«
»Ich fahre nirgendwohin.«
»Das brauchen Sie auch nicht. Ich fahre, und Sie fahren mit. Im Kofferraum. Wenn Sie die Wahrheit gesagt haben, habe ich Wichtigeres zu tun, als mir über Sie beide Gedanken zu machen. Aber wenn Sie mich belogen haben, amputiere ich Ihrer Frau ein Stück vom Körper, und dann fangen wir wieder von vorn an.« Er ließ seine Worte einen Augenblick wirken. Dann fragte er: »Sind Sie bereit zum Aufbruch?«
Steinhoff zögerte und schaute seine Frau an. »Sie ist im neuen Flügel des Memorial Hospital am Nordrand der Stadt. Er ist zwar noch im Bau, aber wir haben die Krankenhausleitung überredet, ein Zimmer für sie auf einer teilweise fertiggestellten Etage freizumachen. Sie ist im fünften, im obersten Stock. Ich weiß nicht, in welchem Zimmer. Ein paar von meinen besten Leuten bewachen sie. Da haben Sie keine Chance, Ackerman. Sie kommen nicht mal in ihre Nähe.«
»Ich weiß Ihre Aufrichtigkeit und Ihre Besorgnis zu schätzen, aber das Risiko gehe ich ein. Also dann. Machen wir unsere kleine Spritztour.«
57.
Marcus holte die letzten Geschwindigkeitsreserven aus dem Wagen heraus: Die Eile trieb ihn an. Bisher war er noch keinem Streifenwagen begegnet, und er betete, dass sein Glück anhielt. Bis Colorado Springs war es jetzt nicht mehr weit. Marcus hoffte, dass er gegenüber Ackerman aufgeholt hatte, denn der Killer hatte keinen Grund, aufs Tempo zu drücken.
Mittlerweile war die Sonne hinter dem Horizont verschwunden. Marcus fragte sich, ob damit auch sein letzter Tag auf Erden zu Ende gegangen war.
Vor allem fragte er sich, ob er Maggie jemals wiedersah. Wahrscheinlich nicht. Wenn das hier vorüber war, musste er fliehen. Schließlich hatte er vorhin erst einen Polizeibeamten erschossen. Außerdem wusste er zu viel. Und die mächtigen Männer, die an diesem Spiel beteiligt waren, würden dafür sorgen wollen, dass sein gefährliches Wissen mit ihm starb.
Auf die meisten Menschen hätte diese Einsicht eine lähmende Wirkung gehabt, doch Marcus war es ziemlich egal. Er ließ niemanden zurück. Maggie war seine letzte Hoffnung auf ein normales Leben gewesen. Sein Traum von einer Zukunft war zerronnen und dorthin versickert, wo alle Träume geboren wurden, wo immer das sein mochte. Er hoffte, dass Maggie ihr Glück finden würde, aber er wusste auch, dass er selbst es ihr niemals bieten könnte. Was er getan hatte, konnte er nicht ungeschehen machen. Er konnte sich selbst nicht verzeihen, und auch Maggie würde niemals vergessen, dass er damals in New York zum Mörder geworden war, auch wenn sie das Gegenteil behauptete.
Auf der langen Fahrt hatte Marcus sich auch mit Gedanken über das Schicksal beschäftigt. Vermutlich hatte Ackerman recht. Sie befanden sich auf einem Kollisionskurs, und früher oder später liefen die Schienen zusammen, auf denen sie fuhren. Den nächsten Tag würde er kaum erleben, aber er war fest entschlossen, zuvor noch Ackerman zu stoppen.
Ihm ging es nicht um Rache. Inzwischen begriff er, dass ihn auch nicht der Wunsch nach Gerechtigkeit antrieb. Er wollte lediglich dafür sorgen, dass nie wieder ein Unschuldiger von dieser Bestie gefoltert und getötet wurde. Und solange Ackerman lebte, so lange würden Menschen unter ihm leiden. Diese Tatsache konnte er nicht bestreiten.
Zum ersten Mal im Leben würde Marcus das Monster willkommen heißen, das in seinem Innern schlummerte.
Blieb nur die Frage, wie alles endete. Würde er der Held sein, wie Ackerman behauptete, oder das Opfer?
58.
Travis Depaolos Kopf sank zur Seite, und die Augen fielen ihm zu. Das Taschenbuch, in dem der State Trooper gelesen hatte, rutschte ihm aus der Hand und fiel klatschend auf den Fußboden.
In diesem Moment spürte er einen leichten Schlag gegen sein Bein und schreckte hoch. Seine Hand zuckte instinktiv zu seiner 9-mm-Pistole.
»Immer schön wachsam bleiben, Goldjunge«, sagte Nelson Girard, sein Vorgesetzter.
»Tut mir leid, Chef«, entschuldigte sich
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