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Ich bin die Nacht

Ich bin die Nacht

Titel: Ich bin die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ethan Coss
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dreißig. Schicken Sie sofort Verstärkung.«
    Plötzlich war Bewegung in der Dunkelheit. Dann war ein Aufprall zu vernehmen, gefolgt vom Geräusch rollender Räder.
    Travis’ Finger zitterte am Abzug, als die Rolltrage sich aus der Dunkelheit schälte und über den Flur auf sie zu schlitterte. Langsam zog sie nach rechts und kam schließlich klirrend und rasselnd an der Wand zum Stehen, auf halbem Weg zwischen den Cops und der Finsternis.
    Ein großes Laken, das auf allen Seiten fast bis zum Boden reichte, bedeckte die Transportliege. Bis auf eine rote Blume an der höchsten Stelle wirkte das Tuch gespenstisch weiß. Der Schleier verbarg etwas, das wie ein menschlicher Körper aussah.
    Girard blickte Travis an. »Warten Sie hier, und sichern Sie uns.«
    Travis nickte zur Antwort.
    Girard und Dobbs rückten zur Transportliege vor, indem sie sich abwechselnd in die Zimmertüren duckten und sich gegenseitig sicherten. Die Türen zu beiden Seiten des Flures waren geschlossen, aber die Türrahmen boten ausreichend Deckung. Binnen weniger Sekunden erreichten die beiden Männer die Trage. Girard leuchtete mit der Taschenlampe zum Ende des Flurs, aber dort war nichts zu sehen.
    Travis hielt die Waffe auf das Ende des Korridors gerichtet, beobachtete aber seine Kollegen. Girard streckte die Hand aus und zog das Laken gerade so weit zurück, dass er das Gesicht der Person erkennen konnte, die regungslos darunter lag.
    Von seiner Position aus konnte Travis nichts erkennen. Er sah nur, wie Dobbs die Schrotflinte von der Trage weg zum Ende des Flurs schwenkte, während Girard etwas Unverständliches vor sich hin murmelte.
    Travis hielt es nicht mehr aus. »Was ist los?«, rief er.
    Girard schüttelte den Kopf und blickte Travis an. Mit einer Stimme, die kaum mehr als ein Flüstern war, sagte er: »Es ist der Doc. Er ist tot.«
    In diesem Moment krachte der Schuss aus einer Schrotflinte durch den Korridor. Girard wurde voll getroffen. Sein Blut spritzte durch die Luft. Die Ladung schleuderte ihn gegen die Wand, an der sein zerschundener Körper langsam zu Boden rutschte.
    Dobbs schwenkte die Schrotflinte panisch hin und her, mit wilden, ruckartigen Bewegungen, während er sich hastig durch den Korridor zurückzog.
    Travis suchte fieberhaft nach der Quelle des Schusses, konnte den Angreifer aber nirgends entdecken. Furcht erfasste ihn. Dann sah er, wie das Laken beiseiterutschte. Voller Entsetzen beobachtete Travis, wie ein Mann mit einer abgesägten Schrotflinte zum Vorschein kam, der sich auf der Ablage unter der Liege versteckt hatte. Der Mann feuerte auf Dobbs, dessen Beine in einem roten Nebel zerplatzten.
    Travis gab mehrere wilde Schüsse in Richtung des Angreifers ab, aber der suchte blitzschnell Deckung in einer Türöffnung.
    Brüllend vor Schmerzen, kroch Dobbs in Deckung und feuerte mit der Schrotflinte blindlings in eine Wand nahe der Position des Schützen.
    Zwei weitere Schrotschüsse dröhnten durch den Flur. Dobbs’ Schreie rissen ab, als er voll getroffen wurde, und ein Satz Baustellenlampen zerbarst in einem grellen Funkenregen.
    Dunkelheit verschluckte die beiden Leichen.
    Eine schattenhafte Gestalt huschte durch die Schwärze. Travis feuerte, traf aber nicht. Wieder wurden mehrere Baustellenlampen getroffen und erloschen. Die Finsternis kroch näher.
    Travis zitterte am ganzen Körper. Ihm war kalt, und die Welt erschien ihm fremd, beinahe surreal. Alles in ihm schrie nach Flucht, und schließlich gab er dem Verlangen nach. Er brach durch eine Tür unweit des Empfangspults und gelangte in einen anderen Gang. Dieser Korridor war nicht erleuchtet, aber das war ihm egal. Sein einziger Gedanke galt dem Entkommen.
    Nach ein paar Schritten stolperte er im Dunkeln und wäre beinahe gestürzt. Erst jetzt erinnerte er sich an seine Taschenlampe. Er verfluchte seine Dummheit und riss sie vom Gürtel.
    Der Lampenstrahl tanzte vor ihm auf und ab, als er durch den Gang sprintete. Endlich erreichte er einen kleinen Warteraum. Er huschte durch die Tür und fuhr in die Richtung herum, aus der er gekommen war.
    Im Lampenstrahl war nichts und niemand zu sehen.
    Travis war schwindlig, und er rang keuchend nach Atem. Ein Teil seines Mageninhalts stieg ihm in die Speiseröhre. Er biss sich auf die Unterlippe.
    Er war hier, um Emily Morgan zu schützen.
    Und soeben hatte er sie schutzlos zurückgelassen.

59.
    Emily Morgan schaute von der Tür zu ihrem Krankenzimmer aus auf den Flur. Sie hatte friedlich geschlafen, als Schreie

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