Ich bin die Nacht
hatte. Damals hatte Ackerman sich geweigert, abzudrücken, doch sein Vater hatte ihm mit dem Messer immer wieder Wunden zugefügt, bis er schließlich nachgegeben hatte.
Doch als er abdrückte, starb das blonde Mädchen nicht. Die Waffe war nicht geladen gewesen.
Sein Vater hatte das Spiel daraufhin für beendet erklärt und war mit dem Mädchen verschwunden. Später hatte er behauptet, er habe die Kleine irgendwo am Stadtrand laufen lassen.
Ackerman erinnerte sich, dass er geglaubt hatte, bei dem dunkelhaarigen Mädchen mit dem weißen Verband würde es genauso ablaufen. Deshalb hatte sein Vater ihn nicht wieder zwingen müssen, seinem Willen zu gehorchen. Diesmal hatte Ackerman nicht gezögert, sondern die Waffe auf den Kopf des Mädchens gerichtet und abgedrückt.
Der Schuss hatte sich in dem kleinen Raum wie eine Explosion angehört. Es klingelte in seinen Ohren. Das Mädchen wurde zu Boden geschleudert. Überall war Blut. Ackerman konnte noch heute den Aufschrei seines Vaters hören, und er erinnerte sich noch immer an das Gefühl, etwas Schreckliches getan zu haben. Dabei hatte er doch nur seinem Vater gehorcht. Aber was er auch tat, sein Vater schien nie mit ihm zufrieden zu sein.
Francis senior hatte das tote Mädchen umarmt und geschluchzt: »Ich musste es wissen! Ich musste es wissen!« Dann hatte er sich seinem Sohn zugewandt, hatte ihn mit einem Blick voller Abscheu bedacht und hervorgestoßen: »Du bist ein Monster.«
Ackerman erinnerte sich, wie ihm die Tränen gekommen waren, während sein Vater aus dem Zimmer stürmte und ihn mit dem toten Mädchen zurückließ. Die Erinnerung war unglaublich real. Er konnte noch immer die heißen Tränen spüren, die ihm die Wangen hinunterliefen …
Zurück in der Wirklichkeit, hob Ackerman die Hand zum Gesicht und erkannte, dass die Tränen gar keine Erinnerung waren. Er weinte. Er schob die Brille in die Stirn hoch und wischte sich die Tränen ab.
In diesem Moment sah er aus dem Augenwinkel das Licht einer Taschenlampe und einen Trooper, der sich durch den Flur auf ihn zu bewegte. Hastig schob er die Brille herunter und warf einen Blick auf Emily Morgan, die noch immer in dem leeren Werkzeugschrank kauerte. Die Türen standen offen. Neben dem Rollschrank lag ein Stapel ausziehbarer Regalbretter, die noch nicht eingebaut waren. Eine weiße Stelle ließ erkennen, wo vor Kurzem ein Preisetikett abgezogen worden war.
Ackerman schlug die Schranktüren vor der zitternden Emily zu. Dann drückte er die Schulter dagegen, schob den Rollschrank auf den Flur und dem näher kommenden Licht entgegen, wobei er immer schneller lief, sodass der Schrank Geschwindigkeit gewann. Schließlich versetzte Ackerman ihm einen letzten kräftigen Stoß. Er rollte weiter, vom eigenen Schwung getrieben, und prallte gegen den ahnungslosen Trooper.
Sekunden später war Ackerman herangekommen und warf sich auf den benommenen Gegner. Er riss dem Trooper die Pistole weg und schlug sie ihm ins Gesicht. Der Mann stürzte nach hinten und verlor die Taschenlampe. Während er davonkroch, hob Ackerman die Lampe auf.
Der Trooper erreichte eine Tür, zog sich am Rahmen hoch und taumelte ins Zimmer dahinter.
Ackerman fragte sich, welchen Schutz der Mann dort zu finden hoffte. Er folgte dem fahlgrünen Bild des Troopers in das Zimmer hinein, zog die Brille hoch, knipste die Taschenlampe ein und legte sie auf den Fußboden. Ein trüber Schimmer erfüllte den leeren Raum.
Der Trooper zog sich in eine Zimmerecke zurück wie ein verletztes Tier, das sich verkriecht, um zu sterben. Als er in der Ecke war, drehte er sich zu seinem Verfolger um, wimmerte leise und atmete in kurzen, abgehackten Stößen.
Ackerman legte die Schrotflinte und die Pistole des Mannes auf den Fußboden und zog ein Messer aus einer Scheide an seinem Gürtel. Er drehte die Klinge hin und her, doch das Licht war zu schwach, um den Stahl funkeln zu lassen.
Er ging auf den Trooper zu. Der Mann schüttelte sich, als hätte er einen Anfall. Ackerman bemerkte die Lache, die sich unter dem Mann ausbreitete. Der Trooper hatte sich eingenässt. Er bebte vor Angst.
Erregung überkam Ackerman. So musste ein Adler sich fühlen, der hoch in den Lüften schwebte. Nur dass er, Ackerman, auf den Winden der Angst segelte.
»Wie heißen Sie?«, fragte er.
»Tra … Travis«, stotterte der Mann.
»Dann gratuliere ich. Heute ist Ihr Glückstag, Travis. Sie werden den heutigen Tag überleben. Ich brauche Sie, denn Sie müssen zu Ihren
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