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Ich bin die Nacht

Ich bin die Nacht

Titel: Ich bin die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ethan Coss
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Schreibtischen. Schließlich erreichten sie eine geschlossene Tür mit der Aufschrift Konferenzraum .
    Der Sheriff blieb stehen. »Hinter dieser Tür finden Sie ein paar Antworten, aber vor allem neue Fragen. Wenn Sie so weit sind …«
    Marcus drehte den Türknauf und hatte das Gefühl, in einen Kaninchenbau zu stürzen. Er hatte nicht die leiseste Ahnung, was ihn hinter der Tür erwartete.

70.
    Marcus blickte in einen Raum voller Menschen. Einige sprachen miteinander – dennoch machte es den Eindruck, als warteten sie darauf, dass ein weiterer Gast zu ihrer Party erschien.
    Als Marcus eintrat, stellten alle Anwesenden die Gespräche ein und wandten sich ihm zu.
    Das Zimmer drehte sich um ihn, und die Knie wurden ihm weich. Die Welt war ihm schlagartig fremd und unerklärlich geworden. Alles, was er gewusst zu haben glaubte, schien plötzlich unwahr zu sein, und alles, was er als solide und greifbar betrachtet hatte, erwies sich als flüchtige Illusion.
    Marcus musterte die Gesichter der Menschen, die sich im Raum versammelt hatten, und die verschiedensten Emotionen stürmten auf ihn ein. Er war dermaßen verwirrt, dass er nicht wusste, ob er lachen oder weinen sollte.
    Das kann es nicht geben. Das muss wieder irgendein Trick sein. Oder habe ich den Verstand verloren?
    Er erkannte einige Deputys des Sheriffs, aber das war nicht weiter erstaunlich. Überraschend hingegen war, dass er Maggie erblickte – und die gespenstische Gestalt neben ihr. Andrew Garrison zeigte ein breites Grinsen und hielt eine grüne Limonadendose in der Hand.
    Nur, Gespenster tranken kein Mountain Dew und grinsten auch nicht wie Honigkuchenpferde.
    Doch Andrew Garrisons seltsame Wiederauferstehung war nicht die einzige Überraschung. Das Gespenst eines Englischlehrers auf einem der Stühle schockierte Marcus noch viel mehr. Und seine Frau Loren – falls sie überhaupt seine Frau war – saß neben ihm.
    Allen Brubaker hatte in jener Nacht vor seinem Farmhaus offensichtlich doch nicht den Tod gefunden, ebenso wenig seine Frau. Charlie und Amy, die Kinder der beiden, waren nicht zu sehen, doch Marcus ging davon aus, dass auch ihr Tod nur vorgetäuscht gewesen war.
    Nachdem er den ersten Schock überwunden hatte, überwältigten ihn Erleichterung und Freude, die vermeintlichen Mordopfer vor sich zu sehen. Er musste das Verlangen niederkämpfen, sie in die Arme zu schließen. Doch als er an den Schmerz und die Schuldgefühle dachte, die ihn geplagt hatten, weil ihm die Rettung dieser Leute nicht gelungen war, schlug seine Freude in Wut um. In Wirklichkeit hatten sie sich von Anfang an gegen ihn verschworen.
    Die Gespenster von Andrew Garrison und Allen Brubaker traten vor und begrüßten ihn. Marcus fiel auf, dass Maggie sich zurückhielt. Sie wirkte beschämt.
    Das ist ja wohl auch das Mindeste, dachte er.
    Andrew lächelte ihn breit an, als er näher kam. »Hallo, mein Freund. Tut mir leid, dass wir Ihnen das alles vormachen mussten.«
    Allen Brubaker streckte die Hand aus. Mit einem reumütigen Lächeln fragte er: »Sie verübeln es uns doch nicht?«
    Mit leerer Miene blickte Marcus auf die dargebotene Hand Brubakers. »Aber nein«, sagte er. »Wie könnte ich.« Dann streckte er blitzartig die Hand vor, packte Andrew Garrison beim Hemd und rammte ihm die Stirn gegen den Schädel.
    Garrison ging zu Boden.
    Ehe jemand reagieren konnte, fuhr Marcus herum und versetzte dem angeblichen Englischlehrer einen Haken ans Kinn. Brubaker landete neben Garrison.
    Mit versteinerten Mienen saßen die beiden auf dem Fußboden.
    Der Sheriff lachte vergnügt in sich hinein. »So ist es richtig. Alles rauslassen.«
    Marcus fuhr zu ihm herum und rammte ihm die Faust ins Gesicht – ein wuchtiger, gemeiner Schlag. Auch der Sheriff legte sich flach, doch seine Reaktion war erstaunlich: Er saß auf dem Boden und lachte, während er sich die Wange rieb.
    Marcus wandte sich Garrison und Brubaker zu, die noch nicht versucht hatten, wieder auf die Beine zu kommen. »Was stimmt nicht mit Ihnen? Ist das für Sie nur ein Spiel? Sie lassen mich glauben, Sie wären tot, und ich sollte mich dafür verantwortlich fühlen? Halten Sie sich bloß von mir fern!«
    Er nahm den Blick von den Männern am Boden, schaute Maggie an, zeigte mit dem Finger auf sie und stieß hervor: »Du kannst von Glück sagen, dass du eine Frau bist, sonst würdest du jetzt neben ihnen sitzen.«
    Mit langen Schritten ging er an den Männern vorbei und setzte sich am anderen Ende des

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