Ich bin die Nacht
das Handtuch legte, sie straff einwickelte und dann zerdrückte, sodass er ein Handtuch voller Glasscherben hatte.
Er wandte sich wieder Maureen zu. »Doch bevor wir beginnen, legen wir ein paar Spielregeln fest. Erstens müssen Sie im Haus bleiben.« Ackerman ging zur Hintertür und verstreute ein paar Scherben vor dem Ausgang. Als er damit fertig war, durchquerte er den Flur zur Vordertür.
Kaum hatte der Wahnsinnige sie allein gelassen, als Maureen ihre ganze Entschlossenheit mobilisierte und das Messer packte, das ihre Hand an den Tisch nagelte. Sie hebelte es langsam vor und zurück, doch jede Bewegung verursachte ihr grauenhafte Schmerzen und drängte sie an den Rand der Bewusstlosigkeit.
Sie hörte, wie der Killer wiederkam. Seine Schritte wurden lauter.
Ihr Herz pochte heftig, und sie verstärkte ihre Anstrengungen.
Wenn ich das Messer herausbekomme, kann ich diesen Irren niederstechen, ehe er merkt, dass ich mich befreit habe …
Verzweifelt versuchte sie die Klinge aus der dicken Tischplatte zu ziehen, doch sie war keine besonders kräftige Frau. Ihre Wunden, sowohl körperlicher als auch seelischer Natur, hatten sie aller Kraft beraubt.
Jede Bewegung der Klinge verletzte die Hand mehr und zerschnitt weitere Nervenenden. Sengender Schmerz schoss ihr den Arm hinauf ins Rückgrat.
Der Verrückte war jetzt wieder an der Küchentür.
Maureen stählte sich für einen letzten Versuch. Mit aller Kraft, die ihr geblieben war, zerrte sie am Messer. Sie spürte, wie ihr von der Anstrengung der Schweiß die Stirn hinunterlief und sich mit den Tränen zu einem Rinnsal vermischte, das auf der Haut brannte.
Das Messer kam ein winziges Stück aus dem Holz.
Maureen setzte ihre Anstrengungen fort, aber es ließ sich keinen Millimeter weiter bewegen, sondern steckte fest. Mit ihren vom Schock geschwächten Muskeln konnte Maureen es nicht herausziehen.
Ackerman kam durch die Küchentür und musterte sie wie ein Vater, der sein Kind mit einer Hand in der Keksdose ertappt. Dann kam er zum Tisch und stellte sich neben sie. »Wissen Sie, meine Liebe, in gewisser Weise ist ein Messer wie ein Heftpflaster. Man muss nur beherzt genug ziehen.«
Er packte den Messergriff und riss die Klinge in einer fließenden Bewegung aus dem Tisch und aus Maureens Hand.
Die alte Frau verlor beinahe das Bewusstsein. Kalte Tentakel aus Schmerz zuckten ihren Arm hoch. Ihr wurde schwarz vor Augen. Sie spürte die drohende Bewusstlosigkeit und kämpfte dagegen an. Ihr schauderte bei dem Gedanken, was der Psychopath mit ihr anstellen könnte, wenn sie ohnmächtig war.
Nicht daran denken, gar nicht daran denken.
»Okay, zurück zu den Regeln«, fuhr Ackerman fort. »Wie schon gesagt, dürfen Sie das Haus nicht verlassen. Deshalb habe ich die Glasscherben vor den Ausgängen verteilt. Zweite Regel: Sie rufen keine Hilfe herbei. Ich werde die Telefonleitungen nicht durchschneiden, aber ich glaube, uns beiden ist klar, dass niemand rechtzeitig eintreffen wird, um etwas ausrichten zu können. Ihre einzige Chance zu überleben besteht darin, dass ich Sie innerhalb der vereinbarten Zeit nicht finde. Wenn Sie gegen die Regeln verstoßen, verschaffen Sie mir nur zusätzliche Zeit, Sie aufzustöbern. Also gut, nachdem wir uns auf die Grundregeln verständigt haben, wollen wir beginnen.«
Ackerman setzte sich, stellte die Küchenuhr auf sechs Minuten ein und setzte sie wieder auf der Mahagoniplatte des Tisches ab. Maureen schaute ihn benommen an. Sie begriff kaum, wie ihr geschah.
Ackerman zog die Brauen hoch. »Sie sollten jetzt anfangen«, sagte er. »Die Uhr tickt.«
***
Maureen sprang auf und floh aus der Küche. Im Flur stolperte sie über ein Tischchen und stürzte zu Boden. Sie rappelte sich auf, kam wieder zu Atem und zwang sich zur Ruhe. Ich muss klar denken können, wenn ich hier lebend rauskommen will. Sie riss ein Tuch vom Tischchen und umwickelte damit ihre blutende Hand. Als die Wunde versorgt war, überlegte sie fieberhaft, wo sie sich verbergen konnte.
Während sie von Zimmer zu Zimmer eilte, erschienen ihr die Räume ihres eigenen Hauses so dunkel und fremd wie die Oberfläche eines fernen Planeten. Wo kann ich mich verstecken? Wo kann der Irre mich nicht finden? Sie zermarterte sich das Hirn, aber ihr wollte nichts einfallen. Und dabei tickte die Uhr, genau wie der Verrückte gesagt hatte.
Plötzlich kam ihr eine Idee für das ideale Versteck – eine Stelle, wo sie nicht zu sehen wäre und wo der Killer sie niemals entdecken
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