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Ich bin die Nacht

Ich bin die Nacht

Titel: Ich bin die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ethan Coss
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ich ihm in die Augen schaute, bekam ich Todesangst. Es war, als blickte ich in die Zukunft und sähe meinen eigenen Tod. Seine Augen erinnerten mich an die meines Vaters. Ich habe Angst, Father. Ich glaube, wenn ich meinen Weg weitergehe, wird er mich töten. Das ist seine Bestimmung. Aber das Seltsamste daran ist, dass ich zum ersten Mal im Leben nicht sterben will . Und da habe ich angefangen, mir Fragen zu stellen.«
    »Was für Fragen, Francis?«, erkundigte sich Father Joseph.
    »Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Ich weiß nur, dass die Stimme meines Vaters in meinem Kopf in letzter Zeit leiser geworden ist. Das Verlangen zu töten ist zwar noch immer stark, aber zum ersten Mal frage ich mich, ob ich es vielleicht überwinden kann …«
    »Der erste Schritt zur Erlösung besteht darin, das Bedürfnis nach ihr zu erkennen. Der zweite, um Erlösung zu bitten. Du brauchst Hilfe, Francis.«
    »Ich weiß.« Ackerman blickte zur Interstate hinüber. »Ich habe auch darüber nachgedacht, dass ich zu einer noch größeren Legende werden könnte, indem ich das Steuer herumreiße. Ich glaube, Sie könnten recht haben. Ich überlege, mich zu stellen, aber dann müssten Sie dabei …«
    »Das gibt’s doch gar nicht!«
    Ackerman runzelte die Stirn und drehte sich wieder zu dem Trucker herum. »Was hast du für ein Problem, Mann?«
    Der Trucker schüttelte den Kopf. »Das ist verrückt. Total irre. Da quatscht der Typ die ganze Zeit in einen Hörer, und das Scheißding funktioniert gar nicht. Wenn hier einer ein Problem hat, dann bist du das, Schwachkopf.«
    Ackermans Hand bewegte sich zu seiner Waffe. »Wovon redest du?«, fragte er lauernd. Wenn der Idiot noch ein falsches Wort sagt, ist er tot.
    Der Trucker griff an ihm vorbei und packte etwas an der Seite des Apparats. »Davon.« Der Mann wedelte mit einem Bündel Kabelenden vor Ackermans Nase. »Ich rede davon, dass ich hier rumstehe und Däumchen drehe und darauf warte, an ’nem Apparat telefonieren zu können, der gar nicht angeschlossen ist. Du sprichst mit dir selber, du Schwachkopf. Danke, dass du meine Zeit verschwendet hast.« Der Trucker schüttelte den Kopf und stapfte davon.
    Ackerman war sprachlos. Er nahm das Bündel Kabelenden und sah es sich genauer an. Dann tastete er die Rückseite des Münztelefons ab. Er suchte nach weiteren Kabeln, doch er fand nichts.
    Aber es musste eine Erklärung geben.
    Er besah sich das Münztelefon im Detail und entdeckte oben auf dem Gehäuse einen kleinen Zettel an einem Stück Klebeband. Der Wind hatte den Zettel hochgeklappt. Mit einem Finger drehte Ackerman ihn um. Auf dem Zettel stand: Außer Betrieb.
    Was war hier los?
    Er nahm den herunterbaumelnden Hörer und hielt ihn sich ans Ohr. »Hallo«, sagte er leise.
    »Ich bin noch dran, Francis«, antwortete die Stimme.
    Ackerman ließ den Hörer fallen, als hätte er sich die Finger verbrannt, und taumelte von dem Apparat weg. Er stolperte über den Randstein und wäre beinahe auf die Fahrbahn gestürzt. Dabei starrte er auf den Hörer, als könnte der ihn angreifen. Er wich weitere zwei, drei Schritte zurück und geriet dem Trucker in den Weg, der gerade von der Raststätte losfuhr. Die Hupe des Lastwagens dröhnte. Ackerman wich erschrocken zur Seite und stürzte. Während der Trucker fluchend und schimpfend weiterfuhr, kroch Ackerman auf allen vieren zum Randstein, setzte sich auf und presste die Hände gegen die Schläfen.
    Das kann nicht sein, schoss es ihm durch den Kopf. Das ist unmöglich. Father Joseph ist kein Phantom. Ich muss mit ihm gesprochen haben.
    Der Priester war sein einziger Freund, seit er ein Junge war. Der einzige Freund, den er je gehabt hatte.
    Das alles war sicher nur ein Irrtum. Er hatte es sich nur eingebildet.
    Langsam näherte er sich wieder dem Münztelefon, ergriff den Hörer und hielt ihn sich ans Ohr. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, als er fragte: »Sind Sie noch dran, Father Joseph?«
    Nach ein paar Augenblicken antwortete eine Stimme, die Ackerman das Blut in den Adern gefrieren ließ.
    Es war nicht die Stimme von Father Joseph. Es war die Stimme seines Vaters, und die Worte waren vor langer Zeit gesprochen worden.
    »Es wird Zeit für ein Spiel, Francis. Tu, was ich sage, und die Schmerzen hören auf.«
    Ackerman schaute zur Straße vor der Raststätte. Die Scheinwerfer eines Wagens beleuchteten das Straßenschild: Asherton 13 Meilen.
    »Ja, Vater«, sagte er. »Spielen wir.«

33.
    Die Hände über dem Kopf, verließ Marcus das

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