Ich bin die Nacht
tja, wer weiß. Wirklich, ich wünschte, Sie hätten die armen Leute nicht mit hineingezogen. Aber was geschehen ist, ist geschehen, und meine Aufgabe ist zu wichtig, als dass ich sie gefährden könnte.« Er stockte. Seine Stimme schwankte, als er hinzufügte: »Tut mir leid, aber ich habe meine Befehle.« Voller Widerwillen schüttelte er den Kopf, holte tief Luft und stieß sie langsam wieder aus.
Dann hob er die Waffe und erschoss die Brubakers.
Nacheinander fielen Loren, Amy und Charlie zu Boden.
Marcus hatte das Gemetzel noch gar nicht richtig begriffen, als er schon brüllend auf den Sheriff losstürmte. Er schaffte drei Schritte, dann ließ ihn ein harter Treffer mit einem Schlagstock gegen den Wadenbeinnerv in die Knie gehen. Weitere Schläge hagelten auf ihn nieder. Als Marcus den Blick hob, schaute er in das grinsende Gesicht von Chief Deputy Lewis Foster, der seinen Job sichtlich genoss.
»Das reicht«, hörte Marcus den Sheriff sagen. Seine Stimme schien aus großer Entfernung zu kommen. Er blickte auf die Leichen der drei Brubakers.
»Bei Gott, ich wünschte, ihr Tod wäre nicht notwendig gewesen, Marcus. Aber wir führen hier einen Krieg, und in jedem Krieg gibt es Opfer. In jedem Krieg kommen Unbeteiligte zu Schaden, und diese Familie ist … nun ja, Kollateralschaden, könnte man sagen. Das Böse steht jeden Tag auf der Schwelle, und wenn gute Männer wie ich sich ihm nicht entgegenstellen, sterben zahllose weitere Unschuldige völlig sinnlos. Es ist ein stiller Krieg, den wir führen, aber der vielleicht wichtigste Kampf, den jemals ein Mensch geführt hat. Es ist kein Krieg gegen eine fremde Macht außerhalb unserer Grenzen. Nein, wir kämpfen gegen das Dunkel in uns selbst. Wir kämpfen gegen Ungerechtigkeit und Korruption. Wir stehen für die Grundlagen, auf denen unser Land fußt, die wir aber vergessen, sobald es uns nützlich ist.«
Während der Sheriff sprach, bewegte er sich langsam im Kreis um Marcus herum. »Die Sache ist allerdings die, dass wir auf verlorenem Posten kämpfen«, fuhr er fort. »Verruchtheit und Ungerechtigkeit siegen, weil wir uns weigern, sie mit ihren eigenen Mitteln zu bekämpfen. Verrückte wie Ackerman sind nur die Spitze des Eisbergs. Andere sind viel unauffälliger, aber hundert Mal gefährlicher.«
Der Sheriff bückte sich, zog Marcus auf die Knie und beugte sich näher zu ihm heran. »Bereits jetzt sind Dinge in Gang gesetzt worden, die die Bürger unseres Landes vor einer Bedrohung schützen sollen, die weit größer ist als jeder Serienkiller. Ich erwarte nicht, dass Sie das verstehen, aber ich kann nicht zulassen, dass irgendetwas unseren Plan in Gefahr bringt. Die Sache ist tausend Mal größer und bedeutender als jedes Menschenleben.« Der Sheriff wies auf die Leichen. »Sie ist größer als diese Leute da. Größer als Sie. Größer als ich. Größer als jeder Mensch. Manchmal müssen Männer wie ich die schweren Entscheidungen auf sich nehmen und wenige zum Wohl vieler opfern. Ich weiß, es ist dadurch nicht leichter zu akzeptieren, aber es ist eine unbestreitbare Tatsache des Lebens. Jemand muss es tun.«
Marcus blickte zum Sheriff hoch, rollte den Kopf auf den Schultern und ließ den Nacken knacken. »Halten Sie das Maul und tun Sie, was Sie tun wollen. Sie sind um keinen Deut besser als Ackerman. Vielleicht sind Sie noch schlimmer. Dieser Irre bildet sich wenigstens nicht ein, er wäre ein Held, weil er unschuldige Menschen ermordet.«
»Reden Sie, was Sie wollen«, erwiderte der Sheriff. »Wie ich schon sagte – ich erwarte nicht, dass Sie es verstehen.« Er wandte sich Foster zu. »Unser Gast sieht müde aus, Lewis. Legst du ihn bitte für mich schlafen?«
Foster grinste zu Marcus hinunter. »Ist mir ein Vergnügen, Chef.«
Marcus sah, wie Foster mit dem Schlagstock ausholte. Der Hieb traf ihn an der Schläfe, und wieder versank er in undurchdringlicher Schwärze.
34.
Der staubige grüne Camino schoss über den dunklen Highway. Hinter dem Lenkrad saß sein neuer Besitzer. Der Wahnsinn loderte in seinen grauen Augen wie ein unheiliges Feuer und ließ ihn eine Umgebung sehen, die niemand sonst erblickt hätte. Er war von neuer Zielstrebigkeit erfüllt und strahlte beängstigende Entschlossenheit aus.
Ackerman hatte immer den Eindruck gehabt, eine merkwürdige, beiläufige und fragmentarische Beziehung verbinde alles miteinander, doch er war stets sicher gewesen, dass die Ereignisse keinem Plan folgten und keinem Zweck dienten. Sie waren
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