Ich bin die Nacht
bestanden, dass sie eine Waffe besaß, und unter den gegebenen Umständen hatte Maggie sich entschieden, sie immer in Reichweite zu haben.
In diesem Moment hörte sie wieder den dumpfen Laut. Und diesmal war deutlich zu vernehmen, dass er nicht von unten aus der Bäckerei kam. Wer oder was immer das Geräusch verursacht hatte – es war keine überreizte Fantasie.
Als Maggie an Ackerman dachte, lief es ihr kalt den Rücken hinunter. Allein hatte sie keine Chance gegen ihn. Sie kannte die Horrorgeschichten über diesen Irren. Es hieß, er schlachte seine Opfer regelrecht ab. Er sei ein Gespenst, hieß es, und könne nicht getötet werden. Andere behaupteten, er habe einen Pakt mit dem Teufel geschlossen. Natürlich war das völliger Unsinn, aber bisher hatte es niemand geschafft, diesen Verrückten zu stoppen, also musste an den Gerüchten über seine übermenschlichen Fähigkeiten irgendetwas dran sein.
Maggie dachte an Alexei, der unten im Haus arbeitete. Gemeinsam hatten sie eine größere Chance. Sie musste zu ihm, bis Andrew Garrison und Marcus eintrafen. Die beiden konnten nicht mehr allzu weit sein.
Ein Auge auf das Schlafzimmer gerichtet, eilte sie durch Küche und Wohnzimmer, jeder Nerv angespannt. Sie sah keine Bewegung, konnte aber deutlich spüren, dass jemand im Apartment war.
Sie schlich zur Wohnungstür, wobei sie sich bemühte, kein Geräusch zu machen, doch in ihren Ohren war jeder ihrer Schritte laut wie ein Donnerschlag. Mit zitternden Händen öffnete sie die Tür und spähte in den Flur. Niemand zu sehen. Sie blickte zurück zum Schlafzimmer. Keine Bewegung, kein huschender Schatten. Vorsichtig trat sie in den Flur und schloss hinter sich die Tür. Vielleicht bildete sie sich alles nur ein.
Im Hausflur herrschten Zwielicht und bedrückende Stille. In ihrer überreizten Fantasie stellte Maggie sich vor, jeden Moment könne ein grinsender Irrer aus einer dunklen Ecke hervorschnellen und sich auf sie stürzen, das Tranchiermesser in der erhobenen Hand. Maggie versuchte, solche irrationalen Vorstellungen zu ignorieren. Nicht der Flur hatte sich verändert – es war ihre Angst, die ihn anders aussehen ließ. Vor ihr lag der gleiche, schummrig beleuchtete Korridor, den sie jeden Tag durchquerte.
Als sie sich der Treppe näherte, hielt sie sich dicht an der Wand, die Pistole in beiden Händen. Alle paar Sekunden blickte sie über die Schulter auf den Flur hinter sich, damit ihr niemand überraschend in den Rücken fiel. Langsam stieg sie die Treppe hinunter ins Erdgeschoss.
Die Tür vor ihr führte ins Freie, die Tür rechts in die Bäckerei. Maggie blickte die Treppe hinauf. Kein Verfolger in Sicht.
Sie öffnete die Tür zur Bäckerei.
Die Lampen im Essbereich waren aus, wie immer zu dieser Nachtzeit, doch aus der Backstube strahlte helles Licht. Vermutlich war Alexei dort bei der Arbeit. Das Licht erfüllte Maggie mit so viel Wärme wie die Sonne an einem Sommertag. Sie atmete auf. Sobald sie nicht mehr allein war, würde sie sich sehr viel besser fühlen.
Dennoch hielt Maggie die Waffe schussbereit und blieb wachsam, als sie den dunklen Essbereich durchquerte und zum anderen Ende des Raumes gelangte.
Als sie in die Backstube trat und sich umblickte, war keine Spur von Alexei zu sehen. Anscheinend hatte er Süßgebäck im Ofen. Eine dicke Mehlschicht bedeckte den Tisch.
Wo steckt Alexei?
Maggie bemerkte irgendetwas Ungewöhnliches und trat näher. Als sie sah, was es war, setzte ihr Herz einen Schlag aus.
Über den mehlbestäubten Tisch waren Blutstropfen verspritzt.
Das Blut eines Menschen?
Alexeis Blut?
Die Pistole vor sich gestreckt, umging Maggie den Tisch. Ihr Finger ruhte auf dem Abzug. Als sie sich langsam voranbewegte, bemerkte sie ein rotes Rinnsal, das hinter dem Nachbartisch hervorsickerte.
Langsam bewegte sie sich in diese Richtung.
Und schrie gellend auf.
Hinter dem Tisch entdeckte sie den grausam zugerichteten Alexei. Tiefe Schnittwunden entstellten seine Leiche. Knochen und Organe waren freigelegt, der Unterleib aufgeschlitzt.
Maggie schoss der Mageninhalt in den Hals, und sie erbrach sich. Vom Schock war sie wie gelähmt.
Erst die Stimme in ihrem Rücken riss sie aus ihrer Starre.
»Bewundern Sie meine Arbeit?«
Maggie fuhr herum und richtete die Pistole auf den Mann hinter ihr. Er stand auf der anderen Seite des mehlbedeckten Tisches.
»Keine Bewegung!«, rief sie.
Sie fragte sich, wie der Mann ihr so nahe hatte kommen können, ohne dass sie ihn bemerkt
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