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Ich bin ein Fundbüro - mein Alltag mit Kindern

Ich bin ein Fundbüro - mein Alltag mit Kindern

Titel: Ich bin ein Fundbüro - mein Alltag mit Kindern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Willers
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alle Tricks befolgt, die Wohnzeitschriften für kleine Räume parat haben: helle Farben, unsichtbaren Stauraum, multifunktionale Möbel. Und berücksichtigt man, dass Jette bloß einen Meter sechszehn groß ist, sind diese sieben Quadratmeter, proportional gesehen, natürlich mindestens so wie gefühlte elf Quadratmeter. Kurz: Bisher hatte ich nie wirklich Sorge, dass mein Kind leiden könnte.
    Bis ich in einer Talkshow Verona Pooth sah. Die erzählte von ihrer Helfershow. Und wie sie mit ihren Aktionen als »Engel im Einsatz« Menschen glücklich gemacht habe. Sie sagte, es gäbe doch tatsächlich in diesem Land Kinder, die hätten Kinderzimmer von sechs Quadratmetern. Dabei guckte sie sehr betroffen. Ich guckte auch sehr betroffen. Und lebe seither in der Angst, ein Privatsender könnte demnächst vor meiner Tür stehen, mit Kamerateam und Beleuchter und dem Ansinnen, sich Jettes Kinderzimmer vorzuknöpfen. Und mich zu Tränen der Rührung zu veranlassen, wenn hinterher alles viel, viel schöner ist.

Die Kunst, kein Flusspferd im Flur zu haben
    Da wir gerade bei den Kinderzimmern sind: Kinderzimmer haben die merkwürdige Angewohnheit, zu wuchern. Große Kinderzimmer wie das von Clara wuchern dabei
genauso wie kleine Kinderzimmer, in denen Jette mit ihren vier Bremer Stadtmusikanten wohnt. Kinderzimmerwuchern ist eine schleichende Angelegenheit: Zuerst hängt draußen an der Zimmertür nur ein hübsches Foto von der Bewohnerin. Dann kommt ein schlichter Zettel dazu, auf den jemand »Hier woone ich, nicht schtörn« gekritzelt hat. Dann kommt das erste Pferdeposter. Und dann kommt die Entdeckung, dass die Apotheke drüben jeden Monat eine kostenlose Kinderzeitschrift im Ständer hat, inklusive Poster. Ginge es nach meinen Kindern, wäre unser Flur bevölkert von knuffigen Hamstern, Flusspferdbabys und eisbärigen Nachfahren von Knut. Dazu die Salzteigschilder aus dem Kindergarten. Und das selbst gebastelte Mobile aus Pfeifenputzern.
    Hätte ich jetzt ein Häuschen im Grünen, würde ich wohl die schönsten Kunstwerke rahmen und ins Treppenhaus hängen. Da mir diese Möglichkeit verwehrt bleibt (siehe oben), muss ich vor allem eins sein: nämlich wachsam. Ich muss das Wuchern im Frühstadium erkennen. Und ganz laut »Nein« schreien. Dann trollen sich die Flusspferde und Eisbären-Kinder zurück in die Kinderzimmer. Und gehen dort die Wände hoch. Einige wenige schaffen es auch bis zur Kühlschranktür. Bei uns ist der aktuelle Wochengewinner ein wilder Kerl. Den hat Jette mit Wachsmalstiften gemalt. Und er hat einen sehr großen Mund. »Damit isst er Wiener Würstchen«, sagt Jette. Und es stimmt: Von den sechs Wienern, die ich heute Morgen fürs Abendessen gekauft habe, sind bloß noch drei da.

Die Kunst, wohnsinnig zu werden.Und nicht wahnsinnig
    Wenn ich ehrlich bin, dann muss ich gestehen: Das Wohnen mit Kindern ist eine besondere Herausforderung. Manchmal sehne ich mich nach Sofas, bei deren Kauf ich nicht als Erstes frage: Ist der Bezug waschbar? Sondern: Gefällt es mir? Ich sehne mich nach dekorativen Bodenvasen aus bruchsicherem Glas, die mit dem Fußboden verschraubt sind. Und: Ich sehne mich nach Spielzeugkisten, die sich automatisch sortieren. Allerdings führt das Sehnen meistens zu nichts. Denn immer wenn ich es mir auf meinem waschbaren Sofa gemütlich machen will, um mich ordentlich zu sehnen, kommt etwas dazwischen. Zum Beispiel diese Frage: Werden Meerschweinchen depressiv, wenn ihr Stall (aus Platzgründen) unter dem Kinderhochbett stehen muss? Nein – behaupten meine Kinder. Ja – behaupte ich. Und Jochen? Hält ohnehin einen Goldfisch für die beste Lösung. Ist das jetzt Wahnsinn? Oder Wohnsinn?

Gehst du – oder muss ich?
    Mit dieser Frage müssen sich alle Menschen rumschlagen, die ihren Familienalltag auf neumodische Art organisieren – wie Jochen und ich. Hier ein paar strategische Tipps.

    Vor einiger Zeit beim Frühstück – ein herrlicher Sommersonntagvormittag. Ich sitze mit Jochen in Ruhe am Tisch, im Hintergrund der Soul von Adele, vor mir ein Brötchen mit selbst gemachter Erdbeermarmelade, die meine fränkische Schwiegermutter per Carepaket geschickt hat. Alles ist wunderbar, doch dann, exakt in dem Moment, da ich schon den Mund aufmache, die Erdbeeren rieche und mich freue, dass ich gleich den Sommer schmecken werde, genau in diesem Moment ertönt ein Schlachtruf, der mich erbleichen lässt: »Ich bin fäärtich!«
    Eigentlich drei harmlose Wörter – kämen sie nicht aus

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