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Ich bin ein Mörder

Ich bin ein Mörder

Titel: Ich bin ein Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Pons
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mal nach. Ich führe deine Hand.«
    »Und du meinst, ich halte einfach still, wenn du abdrückst?«
    »Vielleicht hätte ich dazu sagen sollen, dass ich dir den Arm brechen werde? Jetzt. Entschuldige die Unhöflichkeit, aber deinen Mund muss ich vorher zukleben. Das verstehst du sicher.« Aus seiner Jackentasche holte er Schere und Klebeband und rollte einen breiten Streifen ab. »Schade, dass unsere Unterhaltung jetzt endet. Nein. Genau genommen langweilst du mich inzwischen. Es wird sehr viel erfreulicher sein zu reden, wenn du nicht mehr antwortest.«
    Ein zweiter Streifen des silbrig glänzenden Kunststoffbandes sicherte den ersten. Er kicherte. »Auch wenn du nicht Neumaier bist, ein klein wenig erinnert es mich an die Szene aus meinem Buch. Dich auch? Ich habe sie für ihn geschrieben. Jede Sekunde, in der ich schrieb, dachte ich an ihn. Schlimme Sache, was mit seinem Sohn passiert ist. Der arme Junge. Jetzt wiegt Neumaier sich in Sicherheit. Glaubt, es kann ihn nichts mehr erschüttern. Doch es wird ihn treffen, was heute geschieht. Er wird nicht sterben, aber es bricht ihm das Herz und er wird sich schuldig fühlen. Aber ich bin ein gütiger Mensch. Seine Gnadenfrist läuft bereits. Und er wird Buße tun dürfen.«
    Draußen vom Balkon holte er drei Regalbretter. Die Pflanzen, die darauf den Sommer über gestanden hatten, waren bereits in ihr Winterquartier im Wohnzimmer umgezogen. Alexandra beobachtete jede seiner Bewegungen. Angst blockierte ihr Denkvermögen. Durch die unterdrückten Tränen waren die Schleimhäute ihrer Nase angeschwollen. Es fiel ihr schwer zu atmen.
    »Natürlich glaubst du, es sei ein Fehler, den Arm zu brechen. Aber niemand wird es bemerken. Denn du begehst nach den tödlichen Schüssen Selbstmord. Das ist nur logisch. Du weißt, wie das Urteil lauten würde. Um dem zu entgehen, entziehst du dich dem Zugriff der Rechtsprechung. Darf ich, liebe Alexandra, für dich zitieren? Der § 211 Absatz 2 des Strafgesetzbuches besagt: ›Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.‹ Was trifft hier zu? Komm schon, gib dir ein bisschen Mühe! So dumm bist du nicht. Dein Motiv ist Rachsucht, einzustufen als niedriger Beweggrund. Den einen Mann bestrafst du für seine Presseberichte und weil er zu seiner Frau zurückgekehrt ist, den anderen, weil auch er die Affäre mit dir nicht weiterführen wollte.«
    Er stand auf, sammelte die Wattepolster ein und verschwand im Badezimmer. Sie hörte, wie er die Toilettenspülung betätigte.
    »Diese dummen kleinen Wattebüschel – weg sind sie. Kein Selbstmörder lackiert sich noch mal die Nägel, wenn er sich erschießen will. Und niemand geht bei diesem Wetter barfuss auf den Balkon.«
    Neben dem Sofa lagen ihre Socken, die er ihr jetzt überzog.
    »Du siehst, ich denke an alles. Wo war ich stehen geblieben mit meinen Erläuterungen? Ach ja, dein Motiv. Blödsinn, denkst du wahrscheinlich. Mag sein. Aber es wird keiner mehr am Leben sein, der das bezeugen könnte. Der Inhalt deiner E-Mails belegt es. Und auch Webers Frau habe ich über seine neueste Bettgespielin in Kenntnis gesetzt. Zur Rache kommt noch Heimtücke, weil du ihr Vertrauen, ihre Arglosigkeit dir gegenüber ausnutzt. Sie sehen deinen Angriff nicht kommen, sind dir wehrlos ausgeliefert. Du siehst, der Tatbestand einer Tötung mit Mordmerkmalen ist eindeutig erfüllt. Lebenslange Haft. Auf mildernde Umstände musst du nicht hoffen. Du bist Polizistin, wiegt deine Tat dadurch nicht doppelt schwer? Ich dagegen werde niemals zur Rechenschaft gezogen. Du weißt, dass sie mich nicht erwischen. Aber selbst wenn. Nehmen wir für eine Sekunde mal an, der Fall träte ein. Mordlust. Oh ja, selbstverständlich dieses Merkmal trifft meine Motivation genau! Grausamkeit. Noch ein Treffer. Rache. Auch die. Wobei sie die wahre Rache nicht mal als solche erkennen würden. Aber meine liebe, süße, dem Tod geweihte Alexandra, sag mir, wer würde mir nicht eine krankhafte psychische Störung attestieren? Mein ausgeprägtes Ego ist unbestritten und mein schauspielerisches Talent kann auch den letzten Zweifler überzeugen. Schuldunfähig. Mein Urteil. Stell dir vor, eine nette behagliche Irrenanstalt. Da gibt es durchaus attraktive Einrichtungen. Vergiss nicht, ich habe eine Menge Geld,

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