Ich bin ein Mörder
unbedingt bei dir zu Hause sein?«
Sie sog heftig die Luft ein. Der ging aber ran heute!
»Ja. Was auch immer du vorhast, muss so lange warten, denn ich trage noch mehr bei mir, was ich nicht im Privaten mitführen darf.«
Er zog ein gespielt beeindrucktes Gesicht.
»Mitführen, oh, oh! Beamtendeutsch. Du bist bewaffnet?«
»So ist es. Zum Dank dafür, dass ich mit Uniform in die U-Bahn steige, darf ich kostenlos fahren. Aber zur Uniform gehört nun mal auch die Waffe. Erhöht angeblich die Sicherheit im öffentlichen Nahverkehr, spart Fahrtkosten und mir die Umzieherei im Revier. Aber der Preis ist der direkte Weg nach Hause am Dienstende. Keine Ausnahmen, keine Kompromisse.«
»Du darfst also nicht mal mehr Brötchen einkaufen gehen?«
»Das schon. Aber mit mir Brötchen zu kaufen, ist sicher nicht das, was du als Überraschung geplant hast. Und alle anderen privaten Aktivitäten dauern sicherlich länger und sind somit nicht drin.«
Schmollend streckte er die Hand nach ihr aus.
»Also gut. Du hast gewonnen. Zur Resignation gehört Charakter, wusste bereits Goethe. Ich fahre dich heim und warte, bis du umgezogen bist. Kriege ich wenigstens einen Begrüßungskuss?«
»Knutschen in Dienstkleidung? Bin nicht sicher. Lese ich lieber erst noch mal nach.«
Sie blieb weiter auf Armeslänge vor ihm stehen.
»Liegt es nur an deinem Job, dass du mich so abblitzen lässt, oder an der idyllischen Umgebung, die jede Romantik tötet? Polizeirevier im Schmuddelambiente, eingeklemmt zwischen China-Imbiss und Ramschläden.«
Erstaunt glitt ihr Blick über die vertraute Straßenfront.
»Wir sind im Herzen der Stadt, am Puls der Zeit, am Ort des Geschehens. Hier ist das pralle Leben und da gehören wir hin! Außerdem hast du das ehrwürdige Gebäude gegenüber außer Acht gelassen. Oberlandesgericht, Staatsanwaltschaft, Ministerium der Justiz. Und das sind nicht die Einzigen, die hier ihren Sitz haben. Soll ich weitermachen? Schmuddelig ist es höchstens auf der Rückseite des Reviers. Das hat so ein bisschen was von Hinterhof oder Großmarkthalle, Mülltonnencharme.«
»Dazu fällt mir ein: Wo hast du deinen Türsteher gelassen? Den habe ich heute gar nicht gesehen.«
Verständnislos schaute Alexandra ihn an.
»Na den Superbullen, der nie von deiner Seite weicht. Kein Hals, kein Hirn, Türstehertyp eben.«
»Stopp! Kein Wort mehr über meinen Partner, ist das klar? Er hat sehr wohl einen Hals und …«
Tobias lachte laut. »Einen Hals – aber das mit dem Hirn darf ich so lassen?«
Sie biss sich auf die Lippen. Blöd, wieso hatte sie es so angefangen?
»Nein, darfst du nicht. Was hast du gegen ihn?«
»Nichts. Er ist mir nur eine Nummer zu klein für dich.«
»Ein Meter siebzig ist nicht klein.«
»Ich meinte nicht die Körpergröße. Zumindest nicht nur. Aber lassen wir das, der Kerl ist zu langweilig, um sich seinetwegen mit dir zu streiten.«
»Er ist auch nicht langweilig.« Endlich kam sie den entscheidenden Schritt näher, boxte trotzig gegen seine Brust.
»Ich steh auf dein aufbrausendes Temperament. Verzeihst du mir?«
»Zum letzten Mal. Aber mach das nie wieder!«
Er legte zwei Finger aufs Herz. »Ich schwöre!«
Dann öffnete er den Wagenschlag und verneigte sich leicht.
»Es ist mir eine Ehre, Frau Kriminalkommissarin.«
»Polizeioberkommissarin«, verbesserte sie automatisch und stieg ein.
Während Tobias schwungvoll aufs Gaspedal trat, betrachtete Alexandra ihn aus den Augenwinkeln. War er das nun – ihr lang ersehnter jugendlicher Held? Ein Draufgänger war er auf alle Fälle, der die Grünphasen der Ampeln bis zum letzten Augenblick ausreizte.
»Kirschgrün!«, versicherte er mit Unschuldsmiene und schlängelte sich zielsicher durch den Verkehr.
Das Auto roch neu, nach echtem Leder. Es passte ebenso gut zu ihm wie die ausgeblichenen Jeans.
»Darf ich deine Waffe mal sehen?«, fragte er beiläufig. »Nur so aus reiner Neugier.«
Tobias befeuchtete sich die Lippen, spielte mit der Zungenspitze zwischen den Zähnen. Eine Angewohnheit, die Alexandra ausgesprochen sexy fand.
»Kennst du dich mit Waffen aus?«
»Ein wenig. In Amerika habe ich schießen gelernt.«
»Womit hast du geschossen? Und vor allem: worauf?«
»Nicht auf lebende Ziele, ich schwöre schon wieder. Dort kriegst du alles – von der abgesägten Schrotflinte über historische Karabiner bis zur Glock 17.«
»Und du hast alles ausprobiert?«
»Yes, Ma’am! Hat Spaß gemacht. Besonders die kleineren Waffen,
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