Ich bin ein Mörder
Pistolen, bei denen es auf einen scharfen Blick und eine ruhige Hand ankommt. Präzision, das ist mein Ding.« Er schnalzte mit der Zunge. Es machte Alexandra nervös, wie er vom Schießen schwärmte.
»Anlegen, zielen und dann das ganze Magazin auf einmal rausjagen. Bam, bam, bam! Wenn du die ganze Scheibe wegpustest und genau ins Schwarze triffst, ist das ein irres Gefühl. Nicht wahr?«
Sie kaute auf dem Daumennagel. »Scharfschütze«, stieß sie dann hervor, »das wollte ich immer gerne werden. Wobei ich die großen Kaliber bevorzuge.«
Unruhig krallte sie die Finger der linken um die der rechten Hand. Aber es war nicht mehr aufzuhalten. Das Feuer flackerte auf.
»Ich bin gut. Richtig gut! Jedes Mal wenn ich auf den Schießstand gehe, ist das wie ein Rausch, ich vergesse alles um mich herum. Volle Konzentration. Ich verschmelze mit meiner Sig Sauer, sehe die Kugel vorher schon fliegen und verfehle mein Ziel nie. Auch auf große Distanz.«
Ihre Leidenschaft schien ihn zu amüsieren.
»Ist die Sig gut?«
»Absolut. Allein, wie sie in der Hand liegt.«
In Gedanken versunken hob sie beide Hände, streckte die Arme in Richtung Windschutzscheibe, schloss ein Auge, als ob sie ein Ziel anvisierte.
»Schwer und sicher. Zuverlässig. Mein Baby, meine Lebensversicherung, meine Dienstwaffe. Sig Sauer P6, mit 9mm Teilmantelgeschoss; die Plastikhülle fliegt weg, das Geschoss bleibt stecken, weil es seine ganze Energie direkt nach dem Eintritt abgibt. So kannst du sicher sein, dass du mit einem Schuss auch nur einen triffst. Bei der Glock ist das anders, die durchschlägt einen Körper wie Pudding und erledigt unter Umständen noch einen zweiten Menschen gleich mit. Kommt natürlich auch auf die Munition an, wie groß die Schäden sind, die man anrichtet. Die so genannten Dum-Dum-Geschosse waren ebenfalls Parabellum-Patronen, aber im Gegensatz zu den heutigen …«
»Si vis pacem, para bellum.«
»Was?«
»Daher kommt der Name. Lateinisches Sprichwort: Wenn du im Frieden leben willst, bereite dich auf den Krieg vor.«
»Ach so. Ich schätze, ich sollte den Vortrag besser beenden.«
»Nein, erzähle ruhig weiter, das gefällt mir!«
Kritisch beäugte sie ihn von der Seite. Dann fuhr sie fort.
»Im Wagen haben wir immer auch eine Heckler & Koch Maschinenpistole. Habe ich im Dienst aber noch nie gebraucht. Nicht mal angefasst, genau wie die Pistole. Im Gegensatz zu den amerikanischen Kollegen gehen die meisten von uns in den Ruhestand, ohne jemals einen Schuss abgegeben zu haben. Mir hat mal einer im Vertrauen gesagt, er würde lieber mit dem Ding werfen oder zuschlagen als damit zu schießen, wenn er die Wahl hätte. Ich sehe das ein bisschen anders, vielleicht weil ich mir meiner Fähigkeiten im Umgang mit der Pistole sicher bin. Aber viele hassen das Schießen wie die Pest.«
»Meine süße Alexandra, ein schießwütiger Waffenfreak, wer hätte das gedacht!«
»Schießwütig bin ich nicht!«
»Aber ein Waffenfreak?«
»Wenn du es unbedingt so nennen willst.«
Mit quietschenden Reifen driftete er um die Kurve und brachte den Wagen im Haltverbot vor der Feuerwehrzufahrt zum Stehen.
»Warum hat es mit der Scharfschützenausbildung nicht geklappt?«
Sie verzog bedauernd das Gesicht. »Fitnesstraining rund um die Uhr. Sport, bis der Arzt kommt. Ich bin doch nicht irre! Außerdem sind mir Menschen lebendig am liebsten. Als Scharfschütze darfst du aber keine Sekunde zögern, zu töten.«
»Darfst du im Dienst auch nicht, wenn es drauf ankommt.«
»Stimmt. Trotzdem ist das anders. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr viel geringer. Meist genügt ein Warnschuss in die Luft oder einer, der den Täter nur aufhält. Ein Scharfschütze macht üblicherweise keine Gefangenen.«
»Ein Scharfschütze mit Skrupeln …«
»Ist eine Gefahr für jede Mission.«
»Zum Thema Mission fällt mir gerade wieder etwas ganz anderes ein. Glaubst du, dass es tatsächlich Missionare waren, die diese Stellung …«
»Tobias!«
»Was denn? Ich dachte nur, wir könnten vielleicht ausprobieren, ob da ein göttlicher Funke überspringt. Es muss schließlich einen Sinn haben, dass man es genau so tun soll und nicht anders.«
»Du bist ein Meister darin, das Thema zu wechseln.«
»Selbstverständlich. Ich bin ein Meister in so manchem. Darf ich deine Waffe nun sehen, bevor ich meine Meisterschaft auf anderem Gebiet unter Beweis stelle?«
Nicht einwickeln lassen!
»Nur ganz kurz? Einmal in die Hand nehmen.«
»Das ist
Weitere Kostenlose Bücher