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Ich bin ein Mörder

Ich bin ein Mörder

Titel: Ich bin ein Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Pons
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der Innenausstattung leicht gemacht zu haben. Ich habe einfach meine Münchner Wohnung kopiert. Sie gleichen sich aufs Haar.«
    Schwarzer Granitboden, weiße Teppiche, dazu schwarze Schwingsessel, eine weiße Ledercouch, glänzende Lackflächen an den übrigen Möbeln. Weiße Wände. Puristisches Design.
    Auf dem Tisch eine aufgebaute Schachpartie.
    »Mit welcher Farbe spielst du?« Alexandra hob vorsichtig eine der zerbrechlichen Glasfiguren an.
    »Schwarz.« Tobias nahm den Läufer aus ihrer Hand und stellte ihn zurück an seinen Platz.
    »Dein Springer bedroht die Dame?«
    »Richtig. Sie sollte schleunigst in Sicherheit gebracht werden.«
    »Vielleicht will sie das gar nicht«, hauchte sie mit anzüglichem Unterton. Aber er überhörte ihre Anspielung.
    »Es ist nicht ihre Entscheidung. Mein Gegner macht den nächsten Zug. Ich bin gespannt, wie lange er braucht, um die Bedrohung zu sehen.«
    Offensichtlich nahm er das Spiel ernst.
    »Du hast also nicht vor, die Dame sofort zu schlagen?«
    Ihre eigenen Kenntnisse des Spiels beschränkten sich auf die Grundzüge.
    »Es hängt alles von ihm ab. Wir werden sehen.«
    Mit dem Zeigefinger zog sie eine Wellenlinie über seine Brust, um seine Aufmerksamkeit zurückzuerlangen.
    »Mit wem spielst du?«
    Unverwandt traf sie sein Blick. »Mit«, plötzlich legte er den Kopf in den Nacken und schloss die Augen, »mit jedem, der mir begegnet! Das weißt du doch.«
    Er schlang die Arme um sie, drehte sich mit ihr im Kreis und brachte sie vor dem riesigen Panoramafenster zum Stehen, das einen atemberaubender Ausblick über den Hafen und die Dächer der Mainmetropole eröffnete.
    »Sag mir, dass es sich dafür gelohnt hat, die vielen Termine in den letzten Tagen einzuhalten, statt meine Zeit mit dir zu verbringen.« Sie fühlte seinen Atem flüsternd an ihrem Ohr. Berauschend. Verwirrend. Hastig löste sie sich von ihm, trat einen Schritt zurück.
    Ihre Unsicherheit amüsierte ihn offenbar und er gewährte ihr generös einen kleinen Aufschub.
    »Es gibt noch einiges zu tun, wie du siehst. Die Bilder stehen schon an der Wand und warten darauf, aufgehängt zu werden. Eine schöne Allegorie – wenn man die Motive bedenkt.« Mit feierlicher Geste drehte er einen der Rahmen um. »Erst an die Wand gestellt, dann gehenkt. Fiese Wortspielerei. Gefällt mir.«
    Alexandra verzog das Gesicht. »Das sieht aus wie ein überfahrener Vogel. Blut und Knochen.«
    »Das ist zeitgenössische Kunst, mein Engel. Leider kein Original. Meine neueste Errungenschaft. Habe ich vor wenigen Monaten bei einer Ausstellung in Kassel erworben. Tanz mit dem Totentanz. Eine wunderbar makabere Veranstaltung. Es heißt: Gebärender Tod. Der Knochenmann bringt bluttriefend ein Kind zur Welt. Gemalt hat es Peter Gilles und zwar mit Acrylfarbe und tatsächlich auch mit Blut!«
    Alexandra schüttelte sich.
    »Manche Dinge an dir sind mir ein Rätsel. Dein Kunstgeschmack zum Beispiel.«
    »Da bin ich aber froh! Stell dir vor, wir hätten schon alle Rätsel gelöst, das wäre unendlich langweilig. Und Langeweile ist das letzte, was ich brauchen kann. Eine Beziehung, die langweilt, ist es nicht wert, Beziehung genannt zu werden.«
    Sie betrachtete aufmerksam sein Gesicht. Nein, langweilig war er sicher nicht. Ein wenig beunruhigt gestand sie sich ein, dass sie es mit seiner Rätselhaftigkeit auf Dauer nicht aufnehmen konnte. Ihr blieb nur eine begrenzte Zeit. Die schmerzhafte Erkenntnis traf sie plötzlich und unerwartet. Wie lange wohl? Er näherte sich in gebückter Haltung, drehte eine Schulter nach unten, den Kopf nach oben und spähte in ihre Augen.
    »Hallo? Alles in Ordnung?«
    Sie fegte alle Bedenken beiseite und nickte. Tobias zog sie weiter, ließ sie einen Blick in alle Räume werfen und führte sie zum Schluss ins Schlafzimmer. Auch hier dominierte die Farbe weiß. Alexandra erschauerte.
    »Schon wieder gruselige Bilder. Wie kannst du hier schlafen?«
    »Wonnig wie ein satter Säugling. Das ist großartige Kunst. Hieronymus Bosch: Tryptichon; der Garten der Lüste. Der perfekte Dreiklang des menschlichen Daseins: das Paradies, die irdischen Verfehlungen und als krönendes Finale die Hölle. Ergänzt wird das Ganze an der anderen Wand durch einen mittelalterlichen Totentanz. Du musst genau hinsehen. Achte auf die Details, wie perfekt sie ausgearbeitet sind.«
    »Glaube ich dir alles. Aber diese Motive im Schlafzimmer?«
    »Wieso nicht? Der Tod gehört untrennbar zum Leben. Er ist uns sicher, sobald wir auf

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