Ich bin ein Mörder
Zack und das Bier gut gekühlt. Jörg trank zügig. Sein Fassungsvermögen war enorm und er war keiner, der aus Vernunftgründen aufhörte.
»Du bist witzig. Die kriegen wir nie im Leben, oder?«
Mischa stocherte in seinen Nudeln herum.
»Nein. Nicht ohne einen guten Grund und zwingende Beweise, schon gar nicht aus dem Ausland.«
Der Rauch vieler Jahre hing in den Polstern und Gardinen, die einen abgestandenen, muffigen Geruch verströmten. Nikotinbefreites Atmen mit leichtem Beigeschmack.
»Aber die Beweise stehen doch vermutlich genau in den Unterlagen drin!«
»Ironie, was? Wir kriegen die Beweise nur, wenn wir Beweise haben.« Mischa kippte einen Schuss Tabasco auf die Spaghetti, in der Hoffnung, die zusätzliche Schärfe könnte die fehlende Wärme ausgleichen. Funktionierte aber nicht. Die ständige Rennerei der verschmähten Zigarettenjunkies nahm dem Abend die Gemütlichkeit. Dauernd stand die Tür offen. Kalte Zugluft, kalte Füße, kaltes Essen. Er warf die Serviette in den Teller und gab auf.
»Aber die Presseberichte, von denen du gesprochen hast, die kannst du beschaffen? Wenn wir die genauen Daten haben, können wir zumindest versuchen, rauszufinden, ob er zur passenden Zeit am passenden Ort war.«
Jörg orderte per Handzeichen zwei weitere Biere. »Das wird aber nicht leicht.«
Mischa streckte die Arme, dass die Gelenke krachten. Die merkwürdige Geschichte vor dem Präsidium mit Sebastian beschäftigte ihn immer noch und jetzt musste er Jörg überreden, mit den wenig Erfolg versprechenden Nachforschungen weiterzumachen. Das war genau das, was er sich unter einem perfekten Tag vorstellte. Das frisch gezapfte Bier, das der schnauzbärtige Italiener mit fröhlichem »Salute!« vor ihm auf den Tisch donnerte, war absolut keine Lösung, um den Frust zu bekämpfen. Aber es nicht zu trinken, half genauso wenig. Er prostete Jörg zu, trank, wischte sich den Schaum von den Lippen und nahm das Gespräch wieder auf.
»Nein, wird nicht leicht. Offiziell werden die Informationen, die wir brauchen, nirgendwo längere Zeit gespeichert. Datenschutz. Ist ja auch richtig so. Wobei das alles aufgeweicht wird durch die ganze Terrorpanik seit dem 11. September. Also schätze ich, dass der eine oder andere doch über Daten verfügt. Für uns heißt das: elende, langwierige Kleinarbeit. Arschkriecherei und Betteln bei Behörden, Fluggesellschaften und jedem entfernten Bekannten, der weiterhelfen kann, inklusive. Garantiert. Klingt verlockend, was?«
»Ungeheuer.« Jörg verzog das Gesicht.
»Etwas mehr Begeisterung. Ist das nicht sowieso dein Job?« Mischa kämpfte um Humor.
»Klar, nur bezahlt mich hierfür keiner.«
»Aber der Preis ist höher.«
»Der Preis? Was ist denn der Preis? Glaubst du wirklich, dass Alexandra in Gefahr ist?«
»Du nicht?«
»Nein, nicht mehr. Das ist eine echt ausgekochte Braut. Die weiß, was sie tut. Aber Stockmann ist ein Arschkeks.« Jörg grinste. »Der blufft nur und macht sich wichtig. Auf seine Drohgebärden gebe ich einen Dreck! Wenn wir dem eine reinwürgen können, ist das besser als jede Bezahlung. Das nehme ich für mich als Anreiz. Ist mir ehrlich gesagt schnuppe, ob der ein Mörder ist, den wir überführen können, oder ob wir ihm nur sein blödes Spiel vermiesen.«
»Nimm das nicht zu leicht.«
»Ach was.« Jörg fegte Mischas Bedenken beiseite. »Wir haben nichts zu verlieren, nur zu gewinnen. Es ist keine offizielle Recherche, von der irgendwer was mitkriegt. Wenn nichts dahintersteckt, haben wir nur Zeit investiert und uns nicht öffentlich zum Affen gemacht. Wir müssen nur aufpassen, dass uns unsere liebe Alex nicht dazwischenfunkt. Wenn aber doch was dran ist, gibt’s am Ende Ruhm und Ehre satt!«
»Und für dich die Exklusivstory.«
»Jawohl. Pulitzer-Preis, mindestens!«
Mischa betrachtete ihn nachdenklich.
»Was ist? Glaubst du, ich hab das nicht drauf?«
»Klar, hast du.«
»Also, was ist dann?«
Verunsichert fuhren Mischas Hände durch die Haare und verschränkten sich dann in seinem Genick.
»Nichts weiter. Nur wenn es um meinen Partner geht, hört für mich der Spaß auf.«
»Partnerin, wenn schon. Falls du es noch nicht bemerkt hast, sie ist eine Frau. Und was für eine!«
Jörg rollte die Augen und bemerkte zu spät, dass er das besser nicht gesagt hätte. »Ich meine, also … hey!«
Mischa hob abwehrend die Hand. »Halt die Klappe. Okay? Davon will ich nichts wissen. Aber ich habe noch eine Idee.«
»Dann raus damit.«
»Einer
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