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Ich bin eine Nomadin

Ich bin eine Nomadin

Titel: Ich bin eine Nomadin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayaan Hirsi Ali
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Arbeit bestand folglich nach meiner Auffassung darin, aufmerksam aktuelle Ereignisse wie im Namen des Islam verübte Anschläge zu verfolgen. Der politische Teil meiner Stelle führte mich als Rednerin durch ganz Amerika. Das hieß, dass ich einen großen Teil meiner Zeit mit Reisen zu Vorträgen an Universitäten und auf Konferenzen verbrachte.
    Die Globalisierung und die Terrorgefahr kann man am besten auf Flughäfen nachvollziehen. Die meisten US-Flughäfen, die ich genutzt habe, sind besser als Flughäfen in Afrika und viel schlechter als die in Europa, mit Ausnahme von Heathrow in London. Die Flughäfen von Dallas, Denver und Los Angeles sind ausgezeichnet, O'Hare von Chicago hingegen ist ebenso verwirrend wie Charles de Gaulle in Paris, aber noch längst kein solcher Albtraum wie Dulles und JFK. Je weiter man ins Binnenland vordringt, an Orte wie Aspen, Beaver Creek und Sun Valley, desto kleiner und effizienter werden die Flughäfen. Es ist fast schon eine Erholung, Passagier auf diesen kleinen Flughäfen zu sein.
    Meinen ersten Eindruck von einem amerikanischen Flughafen bekam ich im Jahr 2002. Auf dem Weg nach Los Angeles landete ich auf dem New Yorker Flughafen John F. Kennedy. Eine Minute lang glaubte ich, etwas sei schiefgegangen, ich hätte einen falschen Flug genommen und sei nun in einer Stadt in Afrika. Unzählige große Gruppen drängten sich in dem Gebäude; manche warteten auf ihren Flug, andere waren soeben angekommen. Vor den Einreiseschaltern waren mit Bändern markierte Linien, die sich über Hunderte von Metern schlängelten, damit alles seine Ordnung hatte – jeder kam dran, immer schön der Reihe nach. Der Beamte, der meinen Pass ansah, hatte eine undeutliche Aussprache und war offenbar schlecht gelaunt, vermutlich weil er in einer so winzigen Kabine sitzen musste. Die Schlangen schienen endlos, das Gepäckband quoll über von Taschen und Koffern, und Männer warfen die Taschen wieder zurück, wo sie noch eine Lücke fanden. Menschen in Uniform schrieen die Passagiere an, und eine Kakophonie von Geräuschen dröhnte aus den Lautsprechern, die uns, genau wie die Bildschirme an jedem Tor, ermahnten: »Lassen Sie Ihr Gepäck nicht unbeaufsichtigt«, »Der Terroralarm ist auf Stufe Orange«.
    Ich gewöhnte mich schon bald an derartige Szenen auf den großen Luftdrehkreuzen. Die Abflugbereiche waren eher noch schlimmer: endlose Menschenschlangen, die sich wegen der neuen Sicherheitsvorschriften in Geduld üben mussten, aus den Taschen hervorgekramte Laptops, Schuhe, Gürtel und sogar Jacken, die in einer langwierigen Prozedur in graue Plastikkörbe gelegt wurden. Hinzu kamen Flüge von fast bankrotten Fluglinien, die so gut wie immer mit Verspätung starteten. Und das launische Wetter in Amerika brachte mit Gewittern, Hurrikans, Windböen und Schneestürmen immer wieder den ganzen Flugplan durcheinander.
    Ich war auf der Suche nach einem neuen Zuhause nach Amerika gekommen, stellte aber schon bald fest, dass ich im Grunde aus einem Koffer lebte und unablässig von Hotel zu Hotel zog. Ich fand die Hindernisse heutiger Reisen allmählich durchaus vergleichbar mit den Schwierigkeiten der Karawanen, von denen meine Großmutter so oft erzählt hatte. Zu ihrer Zeit drohte Gefahr von marodierenden Kriegsherren und ihren Meuten, von schweren Dürren oder Überflutungen, von erschöpften und unterernährten Lasttieren. Im modernen Amerika übernehmen dies Terroralarme und Schneestürme.

    Nach einem monatelangen Nomadenleben hatten meine amerikanischen Freunde Mitleid mit mir. Es sei an der Zeit, sagten sie mir, zu entdecken, dass das Leben in den Vereinigten Staaten nicht nur aus Arbeit bestehe.
    Eine Freundin fragte mich, ob ich jemals in Las Vegas gewesen sei. Ich dachte sofort an Spielhöllen. Das war die einzige, ausdrücklich vom Koran verbotene Sünde, die ich noch nicht begangen hatte.
    »Nicht Las Vegas«, stammelte ich. »Das ist ein Ort des Verbrechens, der Spielcasinos und grellen Neonlichter. Ich glaube nicht, dass ich dorthin will.«
    »Ach, komm schon«, erwiderte meine Freundin Sharon. »Du weißt gar nicht, was du verpasst. Das gehört so zu Amerika, das musst du sehen.«
    Also fuhr sie mich an einem Wochenende von Los Angeles nach Las Vegas. Die Randbezirke von L.A. können einem schier endlos erscheinen, aber während wir über den Highway rasten, wurden die Häuser immer spärlicher. Das Grün nahm stetig ab, bis rings um uns nur noch Wüste war: ödes gebirgiges Land, harter Fels,

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