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Ich Bin Gott

Titel: Ich Bin Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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verschwanden wieder. Autos, Menschen, Häuser.
    Leben.
    Jeremy erreichte mit zielstrebigen Schritten das Deli. Von den Schaufenstern ließ er sich nicht aufhalten, ein bisschen, weil ihn die Auslagen nicht interessierten, vor allem aber, weil er sein Spiegelbild nicht sehen wollte. Er hatte Angst, feststellen zu müssen, dass auch er im Nichts verschwunden war.
    Als er die Tür zum Lokal aufdrückte, schlug ihm ein säuerlicher Essensgeruch entgegen. Der Raum war brechend voll. Das asiatische Mädchen hinter der Kasse fand trotzdem Zeit, ihn anzulächeln, bevor sie sich wieder den Kunden zuwandte, die Schlange standen, um ihr Mittagessen abzuwiegen und zu bezahlen.
    Jeremy schlenderte die lange Glasvitrine entlang, in der die Speisen gewärmt wurden, und suchte etwas, das ihn ansprach. Die Schüsseln wurden von ebenfalls asiatisch aussehenden Bedienungen immer wieder aufgefüllt. Jeremy holte sich eine Plastikschale, nahm sich ein wenig von dem leidlich akzeptabel aussehenden Hühnerfleisch und ließ sich einen gemischten Salat zubereiten.
    Die Schlange an der Kasse war nun kürzer, und so stand er bald darauf vor dem Mädchen, das ihn bei seinem Eintreten angelächelt hatte. Auf den ersten Blick hatte er sie für sehr viel jünger gehalten. Von nahem war klar, dass sie nicht seine Tochter sein könnte. Sie lächelte, als wäre sie bereit, bedeutend mehr für ihn zu tun, als nur abzukassieren. Jeremy dachte, dass sie das wahrscheinlich mit allen so machte. Er stellte sein Essen auf die Waage, bezahlte die verlangte Summe und überließ die Frau sich selbst, damit sie dem nächsten Kunden dasselbe Lächeln schenken konnte.
    Im hinteren Teil des Lokals setzte er sich alleine an einen Zweiertisch. Das Hühnerfleisch hielt, was es versprach, nämlich wenig, und er schob es ziemlich rasch beiseite. Dann widmete er sich dem Salat und dachte daran, wie sehr Jenny, als sie noch zusammen gewesen waren, darauf bestanden hatte, dass er mehr Gemüse essen möge.
    Alles geschieht immer zu spät. Immer zu spät …
    Er pulte sich mit der Zunge Salatfetzen aus den Zahnzwischenräumen und spülte sie mit ein paar Schlucken Bier, das er sich aus dem Getränkekühlschrank geholt hatte, hinunter.
    Die Besprechung vom Vormittag ging ihm nicht aus dem Kopf. Zu Val Courier, einem Architekten mit unbestrittenem Ruhm und strittiger sexueller Orientierung, und Fred Wyring, einem Ingenieur mit eindeutig zweifelhaftem Rechentalent, hatte sich die Frau des Firmeninhabers gesellt. Mrs. Elisabeth Brokens, die einer wandelnden Botoxwerbung glich, war es offenbar leid, von einem Analytiker zum nächsten zu rennen, und hatte beschlossen, ihre Neurosen lieber mit Arbeit zu kurieren. Und da sie weder eine Ausbildung, noch Talent, noch Fantasie besaß, konnte sie sich einzig an ihren Mann halten.
    Falls sie ihre Neurosen wirklich losgeworden war, dann nur, weil sie sie mit vollen Händen an all jene verteilte, mit denen sie in Kontakt kam.
    Jeremy Cortese hatte kein Studium absolviert. Er hatte sich sein Diplom bei der täglichen Arbeit verdient, indem er geschuftet und von denjenigen gelernt hatte, die mehr wussten als er. Diskussionen mit inkompetenten Menschen hielt er für Zeitverschwendung, über die er früher oder später Rechenschaft würde ablegen müssen, im vorliegenden Fall Mr. Brokens gegenüber, der zwar sein Metier verstand, aber offenbar seine Frau nicht gut kannte, wenn er sie überall ihre Nase reinstecken ließ.
    Wenn Jeremy sie kommen sah, war er jedes Mal versucht, die Stoppuhr einzuschalten, um seinem Chef zu beweisen, wie viel Zeit ihn ein Besuch seiner Frau auf der Baustelle kostete. Vielleicht würde er doch besser damit fahren, wenn er das Honorar der Analytiker bezahlte und vielleicht auch noch das eines jungen Tennis- oder Golflehrers, der bereit wäre, hin und wieder ein paar Überstunden zu machen.
    Jeremy war so mit seinen Gedanken beschäftigt, dass er Ronald Freeman nicht hereinkommen sah. Erst als der direkt vor ihm stand, bemerkte er ihn und blickte von seinem Salat auf.
    » Wir haben ein Problem.«
    Ron machte eine Pause, legte die Hände auf den Tisch und schaute ihn an. So hatte Jeremy ihn noch nie gesehen. Wenn es möglich wäre, hätte er behauptet, Ron sei bleich.
    » Ein großes Problem.«
    Dieser Nachdruck ließ in Jeremys Kopf die Alarmglocken schrillen.
    » Was ist los?«
    Ron deutete mit dem Kopf zur Tür.
    » Vielleicht ist es besser, wenn du es dir selbst ansiehst.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte

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