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Ich Bin Gott

Titel: Ich Bin Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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wenigen Schritte tat, die sie von einer sorgenvollen Frau wieder in eine Polizistin zurückverwandeln würden.
    Sie beugte sich vor, holte die Pistole aus dem Handschuhfach und steckte sie in die Jackentasche. Dann zog sie ihr Handy heraus und gönnte sich noch einen Augenblick, bevor sie es anschalten und damit endgültig auf die Erde zurückkehren würde.
    Im Seitenspiegel sah sie zwei Polizisten des Reviers durch die Glastür kommen, die Treppe hinunterlaufen und ins Auto springen. Dann fuhren sie mit eingeschaltetem Blinklicht und Sirene ab. Ein Anruf, einer der vielen, die jeden Tag hereinkamen: ein Notfall, eine Notlage, ein Verbrechen. Männer, Frauen, Kinder, die sich jeden Tag in dieser Stadt bewegten, umgeben von Gefahren, die sie weder vorhersehen, noch bekämpfen konnten.
    Dafür waren sie da.
    Courtesy
    Professionalism
    Respect
    Höflichkeit, Professionalität, Respekt stand auf den Türen der Polizeiwagen. Leider reichte das nicht immer aus, um all diese Leute vor der Brutalität und dem Wahnsinn anderer Menschen zu schützen. Manchmal musste ein Polizist, um dagegen anzukämpfen, einen Teil dieses Wahnsinns von sich Besitz ergreifen lassen. Mit der schwierigen Aufgabe, sich dessen bewusst zu sein und ihn zu kontrollieren. Das war der Unterschied zwischen ihnen und den Menschen, deren Gewalt sie oft genug mit Gewalt begegnen mussten. Aus diesem Grund trug Vivien die Haare kurz, lächelte selten und hatte eine Polizeimarke in der Tasche und eine Pistole am Gürtel.
    Unvermittelt kam ihr eine alte indianische Geschichte in den Sinn, die sie früher einmal Sundance erzählt hatte. Sie handelte von einem Cherokee, der mit seinem Enkel in den Sonnenuntergang schaut.
    » Großvater, warum kämpfen Menschen gegeneinander?«
    Der Alte sah in die untergehende Sonne, sah, wie der Tag seinen Kampf gegen die Nacht verlor, und sprach mit ruhiger Stimme.
    » Jeder Mensch muss früher oder später kämpfen. Auf jeden Menschen wartet ein Kampf, der verloren oder gewonnen werden will. Denn der schlimmste Kampf ist der zwischen zwei Wölfen.«
    » Was für Wölfe, Großvater?«
    » Jene, die der Mensch in sich trägt.«
    Das Kind begriff nicht. Es wartete darauf, dass der Großvater das Schweigen brechen würde, in das er sich hüllte, vielleicht um die Neugierde des Kindes zu wecken. Dann sprach der Alte, der die Weisheit der Zeit in sich trug, mit seiner ruhigen Stimme weiter.
    » In jedem von uns wohnen zwei Wölfe. Einer ist böse und lebt von Hass, Eifersucht, Neid, Groll, falschem Stolz, Lüge und Egoismus.«
    Der Alte machte wieder eine Pause, dieses Mal, um dem Kind die Gelegenheit zu geben, das Gesagte zu verstehen.
    » Und der andere?«
    » Der andere ist der gute Wolf. Er lebt von Frieden, Liebe, Hoffnung, Großzügigkeit, Mitgefühl, Bescheidenheit und Glauben.«
    Das Kind dachte eine Weile über die Worte des Großvaters nach, dann ließ es seiner Neugierde und seinen Gedanken freien Lauf.
    » Und welcher Wolf gewinnt?«
    Der alte Cherokee drehte sich um und blickte das Kind mit seinen klaren Augen an.
    » Der, den du am besten fütterst.«
    Vivien öffnete die Autotür und stieg aus. Nun schaltete sie auch ihr Handy ein, das sofort klingelte, nachdem es ein Netz gefunden hatte.
    Vivien hielt es ans Ohr und antwortete, als säße sie am Schreibtisch.
    » Detective Light.«
    » Ich bin’s, Bellew. Wo bist du?«
    » Unten. Ich wollte gerade hineingehen.«
    » Gut, ich komme. Wir treffen uns in der Halle.«
    Vivien stieg die Stufen hinauf und trat durch die Glastür ins Gebäude. Dies war ein Ort des Kommens und Gehens. Alle Facetten der traurigen und vergänglichen Menschlichkeit kamen hier durch. Menschen, die vom Leben zerbrochen worden waren, Menschen, die Leben zerbrachen. Jeder von ihnen hatte etwas hinterlassen, es lag in der Luft und rief Bilder wach. Auf der linken Seite nahm ein Tresen die gesamte Wand ein. Die Polizisten dahinter standen auf Podesten, sodass jeder, der mit ihnen sprechen wollte, zu ihnen aufsehen musste. Die Kacheln an der Wand mussten früher einmal weiß gewesen sein, wobei sich das » früher « im Dunkel der Zeit verlor wie das » Es war einmal « im Märchen. Einige der Kacheln waren gesprungen, die Fugen bildeten ein graues Spinnennetz, und das Weiß war von einer matten Patina bedeckt, wie sie nur schlecht verbrachte Zeit hervorrief.
    Ein Schwarzer, dem man die Hände mit Handschellen auf den Rücken gebunden hatte, wurde von einem uniformierten Beamten festgehalten. Der

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